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Interaktives Strommanagement

Ein generelles Anliegen der PoE (Power over Ethernet)-Industrie ist es, die vielen kleinen Netzteile zu reduzieren. Mit dem Ziel, ein intelligentes, interaktives Strommanagement einzuführen, bei dem die Quelle mit der Senke in einem ständigen Austausch steht.

Die PoE++-Dose erlaubt eine 60-Watt-Speisung über CAT5+ bis 230 Meter.
Die PoE++-Dose erlaubt eine 60-Watt-Speisung über CAT5+ bis 230 Meter.

Es wird nur noch soviel Leistung zur Verfügung gestellt, wie effektiv gebraucht wird. Dazu kommt, dass durch das Wegfallen der lokalen Netzteile der Leerlaufverlust vor Ort eliminiert wird, was einer nachhaltigen Energieversorgung entspricht.

PoE ist König: Praktisch alle neuen Kamerasysteme sind mit Power over Ethernet ausgestattet. Verschiedene Kommunikationsanbieter haben die Technologie vorangetrieben. PoE erlaubt es, Kameras direkt über bestehende Koaxial-Kabel oder neue UTP-Kabel mit PoE von bis zu einem Kilometer zu speisen.

Dies bietet einen ganz neuen Ansatz: Kameras können mit über das Datenkabel autark versorgt werden. Wenn in der Zentrale eine USV-Anlage mit montiert wird, können Kameras auch bei Stromausfall im Gebäude weiterlaufen.

Leistungsverbrauch einer Glühbirne

Es gilt hier aber die Gegebenheiten von PoE genau zu studieren. Generell sind Leistungen bis zu 12.95 Watt in den Normen IEEE 802.3af. und IEEE 802.3at definiert. Es gibt aber bereits Kameras, welche bis zu 60 Watt konsumieren.

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Hier gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren, denn die 60-Watt-Technologie ist noch nicht normiert, und der Anwender muss stets vor Augen halten: 60 Watt ist der Leistungsverbrauch einer Glühbirne. Wenn man also 100 Kameras à 60 Watt installiert, erhält man Leistungen von 6.000 Watt. Diese müssen in der Zentrale mit großen Speisungen zu Verfügung gestellt werden.

Mit den Normen IEEE 802.3af und at wurden Sicherheitsstandards einführt. Die Sicherheitsbestimmungen sind dafür gedacht, die beteiligten Geräte – Energieversorger (Power Sourcing Equipment, PSE) und -verbraucher (Powered Devices, PD) – zu schützen, wenn zum Beispiel ein Kurzschluss beim Verbraucher (PD) vorliegt. Dies bedeutet zwingend, dass die PSE und PD miteinander kommunizieren können.

Das normale Protokoll sieht so aus, dass der PSE einen „Detektions-Puls“ aussendet, um zu sehen, ob ein PD online ist. Wenn das PD diese Anfrage bestätigt, wird ein zweiter Puls von der PSE-Seite gesendet um die PoE-Klasse des Verbrauchers abzufragen. Wurde die Klasse bestätigt, schaltet die PoE-Seite die Leitung in der gewünschten Klasse auf. Erhält nun die PD-Seite die Speisung, wird zuerst analysiert, ob die erhaltene Spannung für den Betrieb ausreichend ist.

Unter der Minimalspannung

Im Normalfall ist die PoE-Einspeisspannung 48 Volt DC. Durch die Kabellängen entsteht aber ein gewisser Spannungsabfall, der wiederum dazu führt, dass die Spannung an der Kameraseite tiefer liegt. Normale PoE-Kameras können mit Spannungen von bis zu 37 Volt DC arbeiten. Das erlaubt einen Spannungsabfall von elf Volt DC.

Es gilt hier zu betrachten, dass je höher der Stromverbrauch ist, desto grösser der Spannungsabfall wird. Fällt nun der Wert unter die Minimalspannung der Kamera, schaltet sich die Kamera ab. Dies ist einer der Hauptgründe, warum PoE Absetzungen über größere Distanzen nicht einwandfrei funktionieren.

Ein weiterer Grund dafür, dass PoE nicht funktioniert liegt darin, dass die PD-Klasse von dem PoE-Switch nicht richtig verstanden wurde. Dadurch wird nie Spannung auf den Switch-Ports aufgeschaltet. Viele Anwender behelfen sich damit, dass der Switch auf “Always On“ konfiguriert wird. Bei dieser Methode ist aber Vorsicht geboten, da alle Sicherheits-Limitationen ausgeschaltet werden, und der Switch auf seiner maximalen Klasse PoE ausgibt.

Generell gilt, dass Kabelspannungsabfälle und Leistungsverbrauch nicht konstant sind, sondern je nach Wetter beziehungsweise Temperatur variieren – und dies gerade im Außenbereich, wo Kameras je nach Kälte mehr Leistung für die Heizung brauchen.

Nur wenige Extender-Anbieter beherrschen hier eine Lösung, welche sowohl das PSE/PD-Protokoll, als auch nach den Normen IEEE 802.3 Sicherheitsstandards übertragen.

Herausforderung für den PoE++-Betrieb

Die erste Erkenntnis ist, dass es für PoE++ (die Versorgung mit der doppelten Leistung über vier Adernpaare) keinen Standard gibt. Die größeren Kamerahersteller behandeln die Thematik sehr unterschiedlich und sind somit nicht kompatibel untereinander. Das gestaltet das Entwickeln von Extenderlösungen (Absetzung von PoE via CAT5e) sehr herausfordernd.

Dazu kommen die physikalischen Limitierungen. Eine CAT5e-Ader wurde für einen maximalen Strom von 750 Milliampere konzipiert, im Paar also 1,5 Ampere. Um Leistungen ?30 Watt zu transportieren, werden alle vier Paare des Kabels benötigt. Bei solchen Querschnittströmen scheidet eine Verbindung über Koaxialkabel aus. Es sind somit nur noch CAT5e-Lösungen möglich.

Um nun eine Kamera mit bis zu 60 Watt zu versorgen, werden in der vorgestellten Lösung zwei 30 Watt PSE zusammengeführt. Der Vorteil, der daraus entsteht, ist die Anwendung der nach IEEE 802.3at normengerechten 30-Watt-Lösung. Somit erreicht man mit der PoE++ 60-Watt-Lösung einen Quasistandard.

Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Installation ist, dass die Extender-Hersteller Tests mit den bekannten Kameraherstellern vorweisen sollten. Dazu kommt, dass die Geräte auch bei rauer Umgebung von -40 bis +75 Grad Celsius funktionieren müssen, gerade im Außenbereich.

Die Erfahrung zeigt, dass der Eigenkonsum der Extender möglichst klein gehalten werden muss, damit nicht unnötige Wärmeentwicklung erfolgt, und der allgemeine Verbrauch auf der ganzen Strecke minimiert wird. Damit die Kamera auch 60 Watt vor Ort zu Verfügung hat, muss die Quelle eine höhere Leistung als 74 Watt einspeisen, um die Verluste auf der Strecke zu kompensieren.

Rudolf Rohr, Mitgründer und geschäftsführender Gesellschafter der Barox Kommunikation GmbH

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