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Frauenquote 22. April 2015

Ist Sicherheit männlich?

Frauen in leitenden Sicherheitspositionen sind noch nicht sehr verbreitet. PROTECTOR-Redakteurin Annabelle Schott-Lung befragte zur Frauenquote in der Sicherheitsbranche und veränderten Sicherheitsaufgaben Dr. Cosima Eggers, Leiterin der Unternehmenssicherheit der Airbus Operations GmbH, Deutschland.

Die Frauenquote für Spitzenpositionen in der Sicherheitswirtschaft ist noch lange nicht erfüllt.
Die Frauenquote für Spitzenpositionen in der Sicherheitswirtschaft ist noch lange nicht erfüllt.

PROTECTOR: Fühlen Sie sich als Leiterin der Unterneh-menssicherheit als „Exotin“, wenn Sie auf Branchen-Events Kollegen treffen?

Dr. Cosima Eggers: Diese Frage ist interessanter als auf den ersten Blick ersichtlich. Es gibt einige Frauen in der Sicherheitsbranche, doch auf 30 Prozent kommen wir noch lange nicht. Aus diesem Grunde fällt eine Frau auch besonders in solch einem Rahmen auf. Und an diesem Punkt kommt es ganz darauf an, ob man neu in der Branche ist oder man/frau sich bereits etabliert hat.

Je nach Situation kann es also passieren, dass man sich als Exotin fühlt – aber auch dies kann sehr spannend sein!

Begegnen Sie dabei noch dem Vorurteil, dass Frauen für die „Männerdomäne“ Sicherheitsmanagement nicht so geeignet sind?

In Ihrer Frage sind bereits begriffliche Konkretisierungen formuliert, welche eine Ja/Nein-Antwort leicht machen, jedoch das Bild verzerren. So wie die Frage gestellt ist, kann ich problemlos mit „Nein“ antworten. Denn Sicherheitsmanagement gibt es in dieser Begrifflichkeit noch nicht so lange.

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Hierfür finden Sie wenige Vertreter des anderen Geschlechtes, die Absolventinnen eines Sicherheitsmanagementstudiums die Qualifikation für die Position einer Sicherheitsmanagerin absprechen.

Spricht man allerdings von der Sicherheit an sich, so hat man/frau viele unterschiedliche Inhalte der Sicherheitsaufgaben vor Augen. Viele denken sofort an Sondereinheiten, Militär oder Werkschutz; und da scheiden sich die Geister über die Eignung in der jeweiligen Domäne.

Wenn Sie sich inhaltlich austauschen: Bemerken Sie Unterschiede bei der Herangehensweise, wenn Frauen oder Männer dasselbe Sicherheitsproblem zu lösen haben?

Die Frage nach Managementfähigkeiten, Krisenbewältigung oder konsequentem Handeln ist die Frage nach Eigenschaften, die in der Persönlichkeitsstruktur auf Basis von Erziehung und persönlicher Entwicklung verankert sind. Hier gibt es sicherlich Unterschiede, die aber auch in anderen Branchen zu beobachten sind.

Dr. Cosima Eggers ist Senior Manager Head of Country Security bei Airbus. Sie war vorher unter anderem bei Siemens und als Leiterin Strategische Analyse Terrorismusbekämpfung im österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung tätig.

Kommen wir zur Statistik: Gibt es Zahlen dazu, wie viele Frauen im weitgefassten Bereich „Sicherheit“ arbeiten?

Mir sind keine Studien über Frauen in der Sicherheitsbranche bekannt, die mit Statistiken gearbeitet haben. Unternehmensinterne Daten über Beschäftigungszahlen liegen natürlich generell dem einzelnen Unternehmen vor.

Wo sind Frauen überwiegend beschäftigt? Gibt es prozentual mehr in Berufsbildern mit niedrigerer Qualifikation als Spitzenmanagerinnen?

In der Sicherheitsbranche sind wenige Frauen tätig, von diesen sind jedoch die meisten in Managementpositionen.

Wie hat sich denn inhaltlich der Komplex Unternehmenssicherheit in den vergangenen Jahren verändert? Geht es hier noch um das Erstellen von Dienstplänen oder die Organisation des Werkschutzes?

Nun, die Unternehmenssicherheit hat sich noch nie ausschließlich mit Dienstplänen und Werkschutz auseinandergesetzt. Dies sind Arbeiten, welche im Rahmen der Führungstätigkeit gemacht werden.

Die Kernthemen, zum Beispiel Schutz der Geschäftsführung, Spionageabwehr und Geheimschutz, sind gleich geblieben. Das, was sich verändert hat, ist die Einführung einer strukturierteren Vorgangsweise und Methodik. Alleine durch die Einführung der ISO-Normen und der damit verbundenen Voraussetzung analytischer Risikobewertungen haben sich die Anforderungen an den Sicherheitsmanager verändert.

Darüber hinaus hat sich der umfassende Sicherheitsbegriff durchgesetzt. Man beleuchtet vermehrt die Ursachen und Vernetzungen der Sicherheitsthemen.

Welche Qualifikationen verlangt dieses komplexere Sicherheitsverständnis? Gibt es schon die entsprechenden Ausbildungswege?

Die Einführung der Studienlehrgänge Sicherheitsmanagement tragen diesem Sicherheitsverständnis Rechnung und geben Frauen die Chance, den Beruf von Grund auf zu erlernen. Sie schaffen somit den entsprechenden Einstieg in den Beruf auf Managementebene.

Die Lehrgänge selbst sind vielfältig und gut. Schwerpunkte wie zum Beispiel Brandschutz oder Risikomanagement können von den Studierenden selbst gewählt werden. In der Vergangenheit wurden die Sicherheitsposten häufig von Männern besetzt, die aus den behördlichen Bereichen wie zum Beispiel Polizei oder Militär ausgeschieden sind. Sie hatten somit in diesen Berufen bereits eine Karriere hinter sich.

Der Einsatz von Frauen bei Polizei und Militär ist ein eher neues Phänomen. Erst seit wenigen Jahren kommen auch Frauen aus dem behördlichen Bereich in die Wirtschaft.

Was glauben Sie: Müssen wir uns in zehn Jahren immer noch über das Thema Gleichstellung und Frauenquote in der Sicherheitswirtschaft unterhalten?

Das Interesse von Frauen für die Sicherheitsbranche ist meiner Meinung nach in den letzten zehn Jahren enorm gewachsen, die Auswirkungen werden wir sicher in den kommenden Jahren beobachten können.

Die Frauenquote generell ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, welches sich sicher auch in der Sicherheitswirtschaft widerspiegeln wird, solange es ein gesellschaftlich aktuelles Thema bleibt.

Welches ist Ihrer Meinung nach die große Herausforderung für die Sicherheitswirtschaft in den kommenden Jahren?

Die große Herausforderung der Sicherheitswirtschaft in den kommenden Jahren ist die Abstrahierung der Bedrohung und die Digitalisierung der Gefahr.

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