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W&S Kolumne 22. März 2007

Konditional

Anstelle von klaren Aussagen setzen wir gerne das Konditional; ein "ich würde" macht den folgenden Satz zu einer Möglichkeit, nicht zu einer Tatsache. Doch sind wir uns dessen auch bewusst?

"Ich würde mal sagen, dass" -- so könnte diese Kolumne anfangen und Sie würden trotzdem weiter lesen. Wieso eigentlich? Wenn ein Satz so begonnen wird, muss man doch davon ausgehen, dass anschließend nichts mehr kommt. Man bekommt ja lediglich die Möglichkeit offeriert, dass anschließend noch etwas kommen könnte. Hier müsste doch die Frage gestellt werden, unter welchen Bedingungen der Sprechende etwas sagen würde, danach fragt aber keiner, das ist halt Umgangssprache.

Nun muss man sich die Frage stellen, wieso der Konditional dermaßen intensiv in unserer Umgangssprache verankert ist. Sind wir ein Volk von "würde und hätte", Zauderern, die ihre persönliche Unsicherheit in einer verbalen, vorauseilenden Offenhaltung aller Möglichkeiten artikuliert? Ich denke nein. Es kann ja auch durchaus clever sein, sich die Zukunftsmöglichkeiten offen zu halten, auch wenn dieses wahrscheinlich unbewusst geschieht. Trotzdem ist die Formulierung "ich würde" eine eher laue Meinungsäußerung. Richtig schlimm sind die Zeitgenossen, die ihre eigene Gegenwartsituation damit belasten, dass sie permanent in die Vergangenheit schauen.

Ach hätt' ich doch..... die andere Partei gewählt, dann hätten wir heute keine Steuererhöhung. Wie schon gesagt, umgangssprachlich ist der Konditional permanent präsent. Schadet insofern eigentlich keinem, man hat sich dran gewöhnt. Man darf nur nicht erschrecken, wenn plötzlich der Konditional mal nicht verwendet wird. Dazu sage ich hier ganz klar: das wäre schön.

Norbert Schaaf

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