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Konzept mit Erdung

Teil 2

Wenn der Blitz einschlägt – was sind die häufigsten Zerstörungen? Was gefährdet auch die Belegschaft am stärksten?

Der Blitz ist nichts anderes als ein elektrischer Strom von gigantischer Stärke. Dazu kommt, dass dieser Strom sozusagen eingeprägt wird. Das bedeutet, die ihn verursachende Energie ist so groß, dass er auf alle Fälle fließt, ganz gleich, welcher Widerstand sich ihm in den Weg stellt. Dadurch entstehen entlang des Blitzstrom-Weges so gewaltige elektrische Spannungen, dass es zu weiteren Überschlägen kommt. Finden solche Überschläge in einem technischen Gerät statt, sind Funktionsstörungen und Zerstörungen die Folge. Und jeder Überschlag kommt als potentielle Brandursache in Frage. Darüber hinaus fließt der Blitzstrom über jeden zufällig vorhandenen Weg. Dies kann auch der Körper eines Menschen oder eines Tieres sein. Dann besteht natürlich Lebensgefahr.

Was können Verantwortliche in der Industrie tun, um solche gravierenden Schäden zu verhindern?

Effektiver Schutz ist nur durch umfassende Blitz- und Überspannungsschutzmaßnahmen möglich. Allerdings kann nicht pauschal festgelegt werden, was dies für den Einzelnen im konkreten Fall bedeutet. Bei einem schlichten Wohngebäude reicht es häufig, wenn durch Fangleitungen auf dem Dach der Blitz gefahrlos aufgefangen und über Ableitungen entlang der Außenwände in die Erdungsanlage des Gebäudes abgeleitet wird. Darüber hinaus kann es unter Umständen ausreichen, wenn ein entsprechender Blitzstromableiter in der Zählerverteilung oder in der Nähe davon installiert wird, um bei einem Blitzeinschlag nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch die technische Inneneinrichtung, wie die Elektroinstallation oder die angeschlossenen Geräte, vor gefährlichen Überschlägen zu schützen.

Bei komplexeren Gebäuden - und wenn empfindliche Einrichtungen, wie informationstechnische Anlagen einschließlich möglicher Gefahrenmeldeanlagen, betrieben werden - reicht dies natürlich nicht aus. In solchen Fällen müssen zum Teil umfangreiche Maßnahmen ergriffen werden, um Überspannungsimpulse, die bei direkten oder nahen Blitzeinschlägen unweigerlich entstehen, abzubauen oder Überschläge in Geräte zu verhindern.

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In diesen Fällen müssen zusätzlich zu den vorgenannten äußeren Maßnahmen, wie Fangleitungen, Ableitungen, Erdungsanlagen und Blitzstromableitern, solche Maßnahmen ergriffen werden, die unter dem Stichwort „Blitzschutz-Potentialausgleich“ zusammengefasst werden können. Aufbauten auf dem Dach, beispielsweise Antennen und Klimageräte, müssen durch Fangstangen vor einem direkten Blitzschlag geschützt werden und bei den Fang- und Ableitungen der Blitzschutzanlage sind entsprechende Sicherheitsabstände zu allen anderen leitfähigen Teilen und technischen Einrichtungen zu beachten. Hier ist es in der Regel wichtig, dass solche Maßnahmen mit viel Sachverstand bereits bei der Projektierung des Gebäudes mit eingeplant werden, um eine nachträgliche und meistens kostspieligere Ertüchtigung zu vermeiden.

Zwischen diesen Extremen gibt es unzählige Variationen, die nur ein hierfür speziell ausgebildeter Fachmann beurteilen und festlegen sollte. Denn aus dem bisher Gesagten dürfte klar geworden sein, dass es beim Thema Blitzschutz um sehr komplexe Vorgänge geht. Und wenn man berücksichtigt, dass es keine für alle möglichen Gebäude pauschal gültige Schutzmaßnahme geben kann, dann wird zusätzlich deutlich, dass ein entsprechendes Schutzkonzept nur mit sehr viel Sachverstand und Erfahrung erstellt werden kann. Andernfalls wird sehr leicht Geld für Maßnahmen ausgegeben, die letztlich keinen wirklichen Schutz bieten, weil sie falsch sind oder nicht ausreichen. Typische Fehler, die immer wieder zu hohen Schäden führen, sind beispielsweise zu geringe Sicherheitsabstände zwischen Leitungen des äußeren Blitzschutzes zu anderen technischen Einrichtungen, wodurch Überschläge trotz teurer Maßnahmen weiterhin möglich sind, bis hin zu einer falsch ausgeführten Montage von an sich voll funktionsfähigen Überspannungsschutzgeräten, was den erhofften Schutz komplett aushebeln kann.

Darüber hinaus werden oft unsinnige und viel zu teure Maßnahmen gefordert – frei nach dem Motto: Viel hilft viel. Hier ist Sachverstand und Kompetenz besonders wichtig, um ökonomisch sinnvolle Lösungen anbieten zu können.

VdS Schadenverhütung hat deshalb in Zusammenarbeit mit zahlreichen Versicherern ein Anerkennungsverfahren ins Leben gerufen, bei dem durch eine umfangreiche Ausbildung mit abschließender Prüfung die notwendige Kompetenz festgestellt wird. Dies sind die „VdS-anerkannten Sachkundigen für Blitz- und Überspannungsschutz sowie EMV-gerechte elektrische Anlagen“, oder in der Kurzform „EMV-Sachkundige“. Die EMV-Sachkundigen sind verlässlich in der Lage, entsprechende Schutzkonzepte zu entwerfen und umzusetzen. Selbstverständlich schließt die Anerkennung eine kontinuierliche Fortbildung ein, die der EMV-Sachkundige nachweisen muss, um seine VdS-Anerkennung nicht zu verlieren.

Wie kann ein Sicherheitsverantwortlicher in einem Unternehmen beispielsweise ganz konkret die Brandmeldetechnik schützen, um zu verhindern, dass diese kritischen Mechanismen ausfallen?

Natürlich gibt es auch hier je nach Komplexität, Umfang und Ausführung große Unterschiede. Darum muss ich die Antwort auf relativ pauschale Angaben reduzieren. Im konkreten Fall muss der zuvor erwähnte Fachmann die passende Lösung ausarbeiten und umsetzen.

Zunächst muss bei der Brandmeldezentrale die energietechnische Seite durch eine Überspannungs-Schutzeinrichtung geschützt werden. Diese Schutzeinrichtung kann unter Umständen in der Verteilung untergebracht werden, aus der heraus die Zentrale mit Spannung versorgt wird. Darüber hinaus sollten mindestens die Leitungen, die von der Zentrale aus dem Gebäude hinausführen, wie die Leitung zum Feuerwehr-Schlüsselkasten oder zur Übergabestelle an eine Notrufzentrale, mit entsprechenden Überspannungs-Schutzeinrichtungen beschaltet werden. Wichtig ist dabei, dass diese Überspannungsschutzmaßnahmen nicht losgelöst vom Gesamtzusammenhang gesehen werden. Vielmehr müssen alle Maßnahmen in das Schutzkonzept des Blitz- und Überspannungsschutzes für das Gesamtgebäude eingebunden werden.

Wichtig ist noch zu betonen, dass auf alle Fälle bei der gesamten Installation der Brandmeldeanlage auf Näherungen zu Leitungen der Blitzschutzanlage geachtet werden muss. Das gilt auch dann, wenn sich zwischen diesen Leitungen und den Leitungen und Anlagenteilen der Brandmeldeanlage eine gemauerte oder aus Beton hergestellte Wand befindet.

Welche generellen Empfehlungen geben Sie zum Thema Blitzschutz?

Zu empfehlen ist, bei der Projektierung jeder technischen Einrichtung oder elektrischen Anlage direkt den Blitz- und Überspannungsschutz einzukalkulieren. Das ist immer günstiger, als teure Nachrüstungen vornehmen zu müssen, wenn sich herausstellt, dass dieser Sicherheitsaspekt nicht gewährleistet ist. Selbst dann, wenn Unternehmen zum Beispiel bereit sind, das immer noch relativ geringe Risiko des direkten Blitzeinschlags auf das Gebäude zu tragen, kann es sehr sinnvoll sein, mindestens einen umfassenden Überspannungsschutz einzuplanen, um statistisch wesentlich häufigere Überspannungsimpulse, die von entfernten Blitzschlägen ins Gebäude eindringen, zu beherrschen. Schon diese häufigen Überspannungsimpulse reichen nämlich aus, um Zerstörungen hervorzurufen oder Signale von informationstechnischen Einrichtungen zu stören oder zu verfälschen – ein Stichwort sind hier Falschalarme bei Gefahrenmeldeanlagen.

Herbert Schmolke, Fachleiter für die Prüfung von Elektrofachleuten bei VdS Schadenverhütung GmbH

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