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Leitfaden zu betrieblichen Covid-19-Impfregelungen

Die International SOS Foundation hat einen Leitfaden zu betrieblichen Covid-19-Impfregelungen veröffentlicht. Die Autoren kommen unter anderem von KPMG Law.

Wer geschäftlich ins Ausland reist, sollte neben dem Reisepass auch an einen Impfnachweis denken. Denn in einigen Ländern ist eine Covid-19-Impfung zur Einreise verpflichtend.
Wer geschäftlich ins Ausland reist, sollte neben dem Reisepass auch an einen Impfnachweis denken. Denn in einigen Ländern ist eine Covid-19-Impfung zur Einreise verpflichtend.

Zu den Verfassern des Leitfadens zu betrieblichen Covid-19-Impfregelungen  „Covid-19 – Was hat sich im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verändert?“ gehören neben der der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft auch Autorinnen und Autoren der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Sie betonen unter anderem, dass Deutsche Arbeitgeber nur in Ausnahmefällen das Recht haben, von ihren Mitarbeitern im Inland eine Impfung zu fordern. Das gilt demnach auch für mittelbare Maßnahmen, beispielsweise Impfprämien oder spezielle Zugangsrechte etwa zu Kantinen. Für Einsätze im Ausland dagegen kann durchaus eine Impfpflicht bestehen. Der Leitfaden skizziert, wie sich die Fürsorgepflichten von Arbeitgebern unter Pandemiebedingungen gestalten, insbesondere auch für Dienstreisen und Entsendungen.

Leitfaden betont veränderte Rahmenbedingungen für Arbeitgeber durch Covid-19

„Zu mehr Rechtssicherheit hat die Covid-19-Pandemie keinesfalls beigetragen“, schreiben die Autorinnen und Autoren in der Einleitung. Bis 2020 schien es demnach so, als seien die Fürsorgepflichten – trotz häufig fehlender klarer Konturen – an sich genommen weitgehend stimmig, das habe sich in der Pandemie geändert. „Sie wirft neue Aspekte und Herausforderungen für den Arbeitgeber auf, die häufig pragmatisch, aber dennoch in einem rechtssicheren Kontext bewältigt werden müssen, um etwaige Haftungsrisiken zu minimieren.“ Sicher sei lediglich, dass eine weltweite Auslöschung des Virus in absehbarer Zeit unrealistisch ist und dass Testungen und Impfungen wegen anstehender Auffrischungen ein Thema für Unternehmen bleiben werden: Beides ist für die Erfüllung von Fürsorgepflichten neben der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs von großer Bedeutung.

Arbeitgeber dürfen in Deutschland keine Impfungen von angestellten verlangen

Eine Impfpflicht in Deutschland besteht in der Regel nicht und ist auch nicht durch Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag durchsetzbar, sondern ausschließlich durch ein Gesetz. Arbeitgeber, die trotzdem eine Pflicht einführen, geraten in Gefahr, in sogenannten Annahmeverzug zu kommen: Sie müssen den Arbeitslohn weiterzahlen, falls sich ein Arbeitnehmer unter Berufung auf die Impfpflicht weigert zu arbeiten. Negative Maßnahmen wie das Verbot für Ungeimpfte, in der Kantine zu essen, könnten gegen Maßregelungsverbot oder Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Positive Maßnahmen, etwa Impfprämien, bringen das erhebliche Risiko mit sich, dass Arbeitsgerichte sie für rechtswidrig halten und solche Prämien dann an alle ausgezahlt werden müssen.

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Impfpflicht für Reisende ins Ausland kann möglich sein

Eine Impfpflicht für Dienstreisen oder längerfristige Auslandseinsätze wie Entsendungen dagegen kann bestehen, wenn das Zielland eine gesetzliche Impfpflicht vorsieht oder die Einreise nur nach Vorlage eines Impfnachweises möglich ist. In diesem Fall lässt sich durchaus argumentieren, dass das Direktionsrecht auch eine Impfverpflichtung für reisende Mitarbeiter umfasst. Sollte ein Auslandseinsatz auf der Basis eines lokalen Vertrages erfolgen, unterliegt der Arbeitnehmer ohnehin den lokalen Vorschriften, also gegebenenfalls auch einer lokalen Impfpflicht.

Ohne eine gesetzliche Impfpflicht im Zielland dagegen dürfte die Anordnung, sich vor Abreise impfen zu lassen, aufgrund der Schwere des Grundrechtseingriffs in die körperliche Unversehrtheit nur in Ausnahmefällen zu rechtfertigen sein. Ziel der Arbeitgeber sollte daher sein, die Impfbereitschaft zum Beispiel durch Aufklärung zu fördern.

Umgekehrt allerdings besteht die Möglichkeit, nur geimpften Mitarbeitern die Dienstreise in Risikogebiete zu gestatten. Das kann insbesondere auf die gesteigerten Schutzpflichten des Arbeitgebers gegenüber im Ausland tätigen Mitarbeitern gestützt werden sowie auf der Tatsache, dass Mitarbeiter in der Regel keinen Anspruch auf die Genehmigung und Durchführung einer Dienstreise haben und somit die Gefahr eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot nicht gegeben ist.

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Gretsch-Unitas ermöglicht Mitarbeitern Covid 19-Schutzimpfung
Ab dem 8. Juni 2021 können sich alle Mitarbeiter von Gretsch-Unitas in Ditzingen gegen Covid 19 impfen zu lassen.

Leitfaden zu betrieblichen Covid-19-Impfregelungen klärt über Rechtslage der Führsorgepflicht auf

„Die arbeitsrechtlichen Herausforderungen, die die Pandemie für Dienstreisen und Entsendungen mit sich bringt, sind rechtlich noch weitgehend unbeackert“, sagt Sachka Stefanova-Behlert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei KPMG Law. „Dieser Leitfaden umreißt die bestehende Rechtslage der Fürsorgepflichten und findet auf dieser Grundlage gut begründete erste Antworten auf die neuen Fragen. Unternehmen sind gut beraten, Entsendeverträge und Reise- bzw. Entsenderichtlinien zu überprüfen und detailliertere pandemiespezifische Regelungen aufzunehmen.“

„Der Leitfaden zeigt, dass Arbeitgebern im Rahmen der Gesetze viele Möglichkeiten bleiben, um den täglichen Betrieb, vor allem aber auch Geschäftsreisen und Entsendungen sicher zu gestalten“, sagt Silvester Siegmann, Betriebssicherheits-Manager der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Dazu zählen die Umsetzung der Arbeitsschutzvorschriften, aber auch Informationskampagnen und ernsthafte Antworten auf die Sorgen der Belegschaft. Der Leitfaden ist daher ein wichtiger Beitrag für die letzten Etappen der laufenden Pandemie und die anstehende Nachsorge etwa durch Auffrischungsimpfungen. Damit unterstützt er auch die Vorbereitungen auf die nächste Pandemie. Denn eines ist sicher: Sie wird kommen.“

„Die Erfüllung von Fürsorgepflichten ist eines der zentralen Themen, mit denen sich die Kunden von International SOS gegenwärtig beschäftigen“, sagt Dr. Stefan Eßer, Medical Director Central Europe von International SOS „Glücklicherweise sind alle an mehr als dem gesetzlichen Minimum interessiert. Denn selbst wenn es rechtlich nicht immer eindeutig gefordert ist, ist es sinnvoll, den Fürsorgepflichten nachzukommen. Das gilt schon allein aus Gründen der unternehmerischen Resilienz, um also den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten.“

Außer mit Impfungen beschäftigt sich der Leitfaden ausführlich und rechtlich fundiert auch mit Fragen der Testpflicht, des Homeoffice, der Entgeltfortzahlung, der Entschädigung bei Quarantäne, der Zulässigkeit von Dienstreisen in Risikogebiete, der Fürsorgepflichten bei längeren Auslandseinsätzen sowie mit weiteren wichtigen arbeitsrechtlichen Aspekten der Pandemie.

Der kostenlose Leitfaden ist auf der Homepage der International SOS Foundation kostenlos erhältlich.

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