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Lösungen für die Abwehr von unbemannten Flugsystemen

Die stetig steigenden Risiken, die von unbemannten Flugsystemen (UAV/UAS, umgangssprachlich auch „Drohnen“) für Industrie und Behörden ausgehen, sowie die aktuellen Möglichkeiten und Grenzen von deren Detektion und Abwehr waren Thema der vom VSW Baden-Württemberg am 23.11.2015 durchgeführten Fachtagung mit angeschlossener Begleitausstellung auf der Landesmesse Stuttgart.

Die Aktualität und Brisanz der Problematik wurde sowohl durch das hochwertige Vortrags- und Ausstellungsprogramm als auch durch die ca. 70 interessierten Teilnehmer aus Wirtschaft und Behörden deutlich.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Gastgeber Karl-Stefan Schotzko vom VSW Baden-Württemberg eröffnete Alfred Biesinger (Konzernsicherheit der Daimler AG) das Vortragsprogramm mit einem Impulsvortrag, der die Gefahren durch UAV und die Anforderungen an ein Detektions- und Abwehrsystem (Counter UAV System – CUS) aus Sicht der Industrie deutlich machte.

Es folgte eine ausführliche Darstellung aus Sicht der Polizei durch einen UAV-Experten des Bundeskriminalamts. Hierbei wurde erneut deutlich, dass sich die Herausforderungen für Behörden und Industrie – zumindest in den ersten Schritten – kaum unterscheiden, beide bei Detektion und Abwehr vor identischen Problemen stehen. Auch die Vorstellungen zum prognostizierten Lösungsweg decken sich in hohem Maße. So werden als unabdingbare Schlüsselkriterien die Modularität und Skalierbarkeit der Systeme sowie günstige Anschaffungspreise angesehen.

Die Rechtslage in Bezug auf die von UAV ausgehenden Gefahren und deren Abwehr wurden durch Rechtsanwalt Dr. Ulrich Dieckert detailliert geschildert. Der Spezialist der Berliner Sozietät Witt, Roschkowski, Dieckert hatte sich in mehreren Abhandlungen und Vorträgen bereits eingehend mit der Thematik befasst und konnte für die „Verteidigerseite“ ein grundsätzlich positives Fazit ziehen: Seiner juristischen Einschätzung nach ist die Detektion und Abwehr von UAV mittels CUS auch nach derzeitiger Gesetzeslage in den meisten Fällen schon rechtssicher möglich.

Mit Dr. Hubert Piontek von Airbus Defence & Space kam daraufhin der erste Entwickler und Anbieter eines CUS zu Wort. Airbus wird ab dem zweiten Quartal 2016 ein selbst entwickeltes Komplettsystem liefern können, dessen einzelne Kernkomponenten bereits erprobt und auch verfügbar seien. Im Bereich der Detektion und Identifikation würden Radar (aktiv/passiv), Optronic (EO/IR) und ein Funkpeiler genutzt. Bei der UAV-Abwehr werde die Störung mittels Jammer als am aussichtsreichsten angesehen. Auswertung und Überwachung erfolgen über eine zentrale Software, welche zusätzlich mit einer UAV-Signatur-Datenbank verknüpft werden soll. Auch die Integration weiterer Sensoren und Effektoren werde untersucht.

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Ein Beispiel für eine Kooperationslösung verschiedener Anbieter stellte die ESG (Elektroniksystem- und Logistik GmbH) mit ihren Partnern Diehl BGT Defence GmbH & Co. KG, Robin Radar Systems BV und Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG vor. In diesem ebenfalls modularen System steuern die beteiligten Unternehmen jeweils ihr speziellen Know-how bei. Dabei werden verschiedene Sensoren und Effektoren über ein innovatives Führungs- und Lagedarstellungssystem vernetzt, das dank offener Systemarchitektur für die Einbindung zahlreicher unterschiedlicher Subsysteme geeignet ist. Als Gegenmaßnahmen sind bisher GPS-Spoofing und -jamming, selektives „chirurgisches“ Stören des Fernsteuersignals sowie der gezielte Einsatz von HPEM (High Power Electromagnetics) vorgesehen.

Volker Schnapp vom fränkischen Elektronikspezialisten Fink Secure Communication GmbH gab nochmals einen umfangreichen Gesamtüberblick über die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen, die sich durch den steigenden Einsatz von UAV als Tatmittel ergeben. Er ging dabei sowohl auf die „Angreiferseite“ (Entwicklung von UAV-Markt- und -technologie, potentielle Szenarien) als auch auf die „Verteidigerseite“ (Detektions- und Abwehrtechnologien im Vergleich) ein und betrachtete dabei auch ausgefallene, innovative Konzepte (z. B. als Vogel getarnte UAV, Einsatz von Jagdfalken zur UAV-Abwehr).

Eine interessante Ergänzung stellt die Technologie dar, die von Squarehead Technology AS, dem norwegischen Weltmarktführer für Akustikdetektion, vorgestellt wurde. UAV-Experte Knut Torbjørn Moe erläuterte dazu die Funktion direktionaler Mikrophon-Arrays und ihren Nutzen in der Detektion von anfliegenden UAV. Ihr aktuelles Produkt Discovair kann sowohl alleinstehend eingesetzt als auch in andere (Multi-Sensor) Systeme integriert werden.

Abschließend beleuchtete Ulrich Lipinski die Thematik aus Sicht von Rheinmetall. Er analysierte hierbei insbesondere den schematischen Ablauf und die Phasen der Detektion und Abwehr eines UAV-Angriffs und leitete daraus die konkreten Anforderungen an ein CUS ab. Darauf aufbauend erörterte er die Systemlösung seines Unternehmens, welche schwerpunktmäßig auf der elektro-optischen Detektion mittels Infrarotkameras und einem intuitiven Lagedarstellungssystem beruhe. Das CUS sei sowohl als mobile, fahrzeuggebundene Variante erhältlich als auch in bestehende stationäre Systeme und Leitstellen integrierbar und – je nach gewünschten Spezifikationen – auch mit Low-Cost Komponenten realisierbar.

Parallel zu den Vorträgen zeigten Anbieter in der angeschlossenen Begleit-Ausstellung den aktuellen Stand der Technik bei Counter UAV Systemen und luden zu fachlichen Diskussionen ein:

  • Airbus Defence & Space GmbH, Ulm
  • dedrone GmbH, Lohfelden
  • esc Aerospace GmbH, München
  • ESG elektroniksystem- und Logistik GmbH, Fürstenfeldbruck
  • Securiton GmbH, Achern
  • Squarehead Technology AS, Oslo

Am Ende des Tages stand eine kurze Zusammenfassung und die Verabschiedung , in der Karl-Stefan Schotzko und Alfred Bissinger deutlich machten, dass zwar die Herausforderungen mittlerweile allen klar und benannt seien und auch schon vieles auf den richtigen Weg gebracht und erreicht wurde, jedoch auch noch vieles zu tun bleibe, um der Gefährdung zu begegnen.

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