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D&O 13. November 2012

Managerhaftpflichtversicherungen sind oft wertlos

Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte und Beiräte sollten über besondere Versicherungen (D&O-Policen) für den Fall einer Managerhaftung versichert sein. Später können Versicherer jedoch diese Verträge anfechten, und bis dahin die Prämien behalten.

Und das trotz der gegenteiligen selbst vorformulierten – doch leider unwirksamen – Klauseln (Versicherungsbedingungen), wie die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala berichtet.

Typischerweise vereinbaren Versicherer zu Gunsten der Versicherungskunden und ihrer Manager einen Verzicht auf die Anfechtung, beispielsweise wenn ein Vorstand oder Geschäftsführer dem Versicherer nicht alle wesentlichen Fragen beantwortet hat oder eine unaufgeforderte Pflicht zur Offenlegung eines besonderen Geschäftsmodells bestanden hätte, bis hin zum Vorwurf der arglistigen Täuschung. Somit kann der getäuschte Versicherer dem Wortlaut nach nicht mehr anfechten und dadurch die Rückabwicklung des Versicherungsvertrages erreichen.

Der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 21.09.2011, Az. IV ZR 38/09) stellt hingegen in einem neuen Urteil klar, dass solche Klauseln schlicht unwirksam sind. Der Versicherer kann sich laut BGH rechtswirksam gar nicht im vorhinein dazu verpflichten, auf die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu verzichten. Der Antragsteller hat demnach entgegen dem Anschein der Klausel sowohl die ausdrücklichen Fragen des Versicherers zu beantworten, als auch solche Umstände unaufgefordert anzuzeigen, die eine unmittelbare Gefährdung des Vertragszwecks der Versicherung zur Folge haben kann. Hierunter fallen etwa zweifelhafte Geschäftsmodelle des Unternehmens, bereits bekannte Pflichtverletzungen und Rechtsstreitigkeiten, bisweilen auch bereits lediglich drohende rechtliche Auseinandersetzungen und Schadensfälle.

Unprofessionelle Vertragsgestaltung

Macht nur ein Manager oder Geschäftsleiter unrichtige Angaben, so bringt dies die gesamte Managerpolice rückwirkend zu Fall. Dann müssen das Unternehmen und die Manager auch noch die Leistungen aus früheren Schadensfällen dem Versicherer wieder erstatten. Für den Versicherer ist dies nicht nur eine Option, sich später der Verantwortung zu entziehen, sondern zudem eine Pflicht, sich so zu verhalten, damit nicht die Aktionäre des Versicherers durch eine rechtlich unverdiente Wohltat der Vertragsabteilung beim Versicherer benachteiligt werden.

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Daher sind nunmehr nachgeschobene Aussagen von D&O-Versicherern, dass man sich nicht auf dieses BGH-Urteil beziehen und nicht anfechten wolle, wenig hilfreich – wer dies heute nicht will, kann es ja morgen doch wollen. Und wer nur heute seine Meinung dazu äußert, dass man die Klausel doch für wirksam hält, kann diese morgen ändern. Genauso, wenn der Versicherer erklärt, er werde sich auf das Urteil nicht berufen und es nicht anwenden – eine solche Erklärung im Vorhinein ist schlicht ebenfalls unwirksam. Auch die Hoffnung, der Versicherer werde schon aus Furcht vor Kündigungen und Nachteilen im Neugeschäft das Urteil nicht anwenden, trägt nicht, weil Versicherer einem Bekanntwerden nach der Anfechtung durch eine meist sehr viel geringere freiwillige Kulanzleistung unter der Voraussetzung der Verschwiegenheit vorbeugen.

Dringender Handlungsbedarf

Vielmehr besteht dringender Handlungsbedarf von Seiten der versicherten Unternehmen und ihrer Manager, damit unwirksame und anfechtbare Versicherungsverträge im Nachhinein rechtswirksam geheilt werden. Dazu müsste der Versicherer in jedem Einzelfall unter anderem bestätigen, dass die Versicherungsdeckung bestehen bleiben soll und endgültig wirksam gilt, auch wenn der Versicherer mit der Möglichkeit einer bewussten Täuschung durch den Firmenkunden oder einzelne Manager rechnet. Außerdem muss in einer solchen Zusatzvereinbarung zum Ausdruck kommen, welche zusätzlichen rechtlichen Möglichkeiten sich daraus ergeben – nicht nur hinsichtlich der Anfechtung des Versicherers. Nur im Nachhinein kann der Versicherer nämlich nach Bekanntwerden der zur Anfechtungsmöglichkeit führenden Umstände auf eine solche Anfechtung verzichten, im Vorhinein laut BGH jedoch nicht.

Vertragsgestaltung durch Einzelverträge

Die Geschäftsführer der GmbH unterliegen genauso wie die Vorstände der AG einer Gesamtverantwortung. Wer ohne Arglist und gutgläubig ist, sollte sich seine Managerhaftung einzeln versichern. Das wird freilich sehr viel teurer, vermeidet aber zusätzlich das Problem, dass der Schaden bei einem Manager bereits die Versicherungssumme der anderen aufbraucht und diese dann selbst haften. Einige Aufsichtsräte machen ihre Tätigkeit dennoch bereits davon abhängig, dass sie nicht einfach nur zusammen mit ihren Vorständen versichert sind. Werden mehrere Manager durch eine einzige Police versichert, kann der redliche Manager sich nicht darauf berufen, dass die Täuschung nur deshalb nicht zur Anfechtung berechtigt, weil sie ein Dritter beziehungsweise Nichtvertragspartner verübt hat.

Im vorliegenden Fall ging es um ein Transportunternehmen, welches ein Schneeball-System betrieben hatte. Betroffen sind jedoch auch eine Fülle von Kreditinstituten und Versicherungsvertriebe, welche seit Jahren nicht gesetzeskonform arbeiten, was jedoch in der Praxis oftmals nur einem Teil des Managements bekannt ist. Gerne werden auch von Versicherern unwirksame Klauseln weiter verwendet und Versicherungsverträge weiter abgewickelt, obwohl bekannt ist, dass sie gar nicht wirksam zustande gekommen sind und Änderungen - wie Beitragsanpassungen und Änderungen von Versicherungsbedingungen - nicht wirksam waren.

Versicherungsmakler in der Verantwortung

Eine besondere Verantwortung trifft dabei den Versicherungsmakler, der auf diesem Felde zur Beratung seiner Kunden berechtigt und verpflichtet ist. Für betroffene Manager stellt sich dann die Frage, ob der eigene Makler dieses Spezialgebiet persönlich beherrscht, und selbst im Falle einer Fehlberatung ausreichend hoch versichert ist. Die Regel wird sein, dass in den Versicherungsbedingungen des Maklers allenfalls allgemeine Rechtsauskünfte gedeckt sind, aber eben keine Gestaltungsberatung zur Reparatur unwirksamer Klauseln in den D&O-Versicherungsbedingungen.

Dr. Johannes Fiala, RA, LB (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann
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Diplom-Mathematiker Peter A. Schramm, Aktuar DAV (Diethardt), Versicherungsmathematischer Sachverständiger

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