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Fluchttüren 19. Juni 2012

Missbrauch in die Flucht schlagen

Wenn es in Gebäuden brennt oder eine andere Gefahr droht, ist die einwandfreie Funktion von Fluchttüren ein entscheidender Faktor, um das Gebäude sicher verlassen zu können. Ist nur eine Tür auf dem Weg nach draußen versperrt oder funktioniert nicht richtig, kann dies lebensbedrohlich für die in Gefahr geratene Person sein.

Für die Verschlüsse von Fluchttüren geben EU-weit geltende Normen den Sicherheitsstandard vor. Angepasst an das Sicherheitskonzept des Gebäudes werden unterschiedliche Anforderungen an die Produkte gestellt. Basis sind klassische Drücker der DIN EN 179 für Notausgangverschlüsse. Zusätzliche Sicherheitsanforderungen erfüllen jedoch erst Panikverschlüsse mit Griff- oder Druckstange, entsprechend der DIN EN 1125. Aufgabe von Panikverschlüssen ist ein sicheres und wirkungsvolles Entkommen durch eine Tür mit einer einzigen Betätigung mit der Hand oder durch Körperdruck zu ermöglichen – und das mit geringster Kraftanstrengung und ohne dass vorher Kenntnisse zur Betätigung des Panikverschlusses erforderlich sein müssen. Damit sind zertifizierte Panikverschlüsse nach DIN EN 1125 grundsätzlich die erste Wahl bei der Ausrüstung von Fluchttüren.

Interessenkonflikt

Eine Flucht im Notfall soll und muss problemlos möglich sein. Gleichzeitig wollen Gebäudebetreiber ihre Räume vor unbefugtem Verlassen schützen. Der Missbrauch von Fluchtwegen stellt oft ein finanzielles Problem für einen Betreiber eines Objektes dar. Diebstähle in Verkaufsräumen oder Betrug im Eventbereich sind hier ein häufiges Beispiel. Außerdem können Paniktüren in Kindergärten, Altenheimen und Psychiatrien ein Problem bei der Aufsichtspflicht darstellen.

Für diesen Konflikt zwischen Fluchtmöglichkeit und Schutz von Menschen und Eigentum, gibt es verschiedene Lösungsansätze. Angefangen von Verhaltenshinweisen wie „Die Tür nur im Gefahrenfall benutzen!“, elektrischen Überwachungskontakten, bis hin zur zertifizierten „Elektrischen Verriegelung von Türen in Rettungswegen“. Die Frage für jeden einzelnen Objektbetreiber ist, welches die für ihn beste und zuverlässigste Lösung ist.

Eine Kette mit Vorhängeschloss ist es sicher nicht! Dieser Lösungsansatz vieler Betreiber steht im genauen Gegensatz zu den Anforderungen eines Fluchtwegs. Passiert hier etwas, steht der Betreiber persönlich in der Verantwortung und muss sich mit straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen auseinander setzen. Es gilt: Eine rein finanziell getriebene Entscheidung, die nicht die Ansprüche von Fluchtwegen erfüllt, kann am Ende teuer werden.

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Lösungen gegen Fluchttür-Missbrauch

Zulässige Lösungen lassen sich in drei Kategorien unterteilen: Warnhinweise, Überwachung und Absicherung. Ein reiner Warnhinweis an der Tür bringt am wenigsten. Dieser schreckt nur sehr eingeschränkt ab - vor allem aber nicht Personen mit einem Vorsatz, wie Diebe. Zudem ist ein Missbrauch nachträglich nicht zu erkennen.

Überwachte Türen mit Kontakt, die ein akustisches Signal abgeben, wenn der Beschlag betätigt wird oder sie geöffnet werden, zeigen einen Missbrauch zumindest an. Eine Person, die ein Gebäude vorsätzlich verlassen will, wird beim Ertönen des Tonsignals, aber wohl eher ihr Tempo erhöhen, um nicht erwischt zu werden, als die Flucht abzubrechen.

Die Absicherung einer Fluchttür mit einer zertifizierten „Elektrischen Verriegelung von Türen in Rettungswegen“ bietet die höchste zulässige Hemmschwelle um einem Missbrauch vorzubeugen. Zur Freigabe der Fluchttür muss eine beleuchtete und speziell gekennzeichnete Not-Taste, welche sich unmittelbar an der Tür befindet, betätigt werden. Diese Not-Taste ermöglicht im Gefahrenfall die sichere Freigabe der Tür, schreckt aber – ähnlich wie bei einem Feuermelder – vor einem Missbrauch ab. Der Zusammenhang zwischen dem Betätigen der Not-Taste und einer Alarmauslösung ist offensichtlich. Dies wird zusätzlich durch ein optisches und ein akustisches Signal an der Tür verstärkt. Außerdem bietet die automatische Deaktivierung durch eine Bandmeldeanlage bei einem Feuer oder Stromausfall in einem Gebäude ein hohes Sicherheitspotential.

Außerhalb eines Gefahrenfalls hält ein geprüftes Verriegelungselement nach dem Ruhestromprinzip (gibt die Tür beim Abschalten der Spannung frei) die Tür zusätzlich zum Panikverschluss zu. Versucht eine Person die Tür ohne Betätigung der Not-Taste zu öffnen, blockiert dieses Element die Tür. Damit ist ein versehentliches Öffnen der Fluchttür ausgeschlossen.

Vernetzte Fluchttüren

Elektrische Verriegelungen von Türen in Rettungswegen werden häufig als Einzellösungen an der Tür eingesetzt. Miteinander vernetzt, können die Türen über ein oder mehrere Tableaus oder Bedienpanels zur zentralen Steuerung und Überwachung herangezogen werden. Beispielsweise in Krankenhäusern im Aufsichtszimmer oder an der Pforte. Geht die Anzahl der Türen über 15 bis 20 hinaus, empfiehlt es sich, anstelle des Tableaus eine Visualisierungslösung mit Grundrissdarstellung auszuwählen.

In Objekten mit aktivem Sicherheitsmanagement durch eine Sicherheitszentrale, wie Flughäfen, Psychiatrien oder Event-Locations, geht die Anforderung weg von einzelnen Insellösungen zu einer Konzentration der Meldungen und Steuerfunktionen in ein Gefahrenmanagementsystem. Dazu bieten sich neben nativen Schnittstellen auch Standards, wie OPC, Bacnet, oder eine IP basierende Vernetzung an.

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