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Fluchttüren 19. Juni 2012

Missbrauch in die Flucht schlagen

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Integration in Sicherheitskonzept

Durch die aktive Steuerbarkeit und Überwachung der Tür mit dem elektrischen Verriegelungssystem für Rettungswege ist eine Kombination mit einer Zutrittskontrollanlage eine ideale Ergänzung bei der Integration in ein Sicherheitskonzept. Die Realisierung von Schleusenabhängigkeiten, gruppenweisen Notentriegelungen von Gebäudeabschnitten durch eine Brandmeldeanlage oder auch das Sperren der berechtigten Bedienung von einer Einbruchmeldeanlage sind häufige Anforderungen an ein intelligentes System zur Rettungswegabsicherung.

Um die Sicherheit im Gefahrenfall zu gewährleisten, sind die Anforderungen an elektrische Verriegelungssysteme von Fluchttüren sehr hoch. In der Bauregelliste sind diese Anforderungen unter „Elektrische Verriegelungssysteme für Türen in Rettungswegen“ zu finden. Geregelt werden sie durch die „Richtlinie über elektrische Verriegelungssysteme von Türen in Rettungswegen (EltVTR, Fassung 1997-12). Die Prüfung und Zertifizierung erfolgt durch eine anerkannte Prüfstelle mit einer zusätzlichen Fertigungsüberwachung.

Neue Normen für mehr Flexibilität

Aktuell wird an einer europaweit geltenden Norm für „Elektrisch gesteuerte Notausgangsanlagen für Türen in Rettungswegen“ gearbeitet. Die EN 13637 soll die deutsche Richtlinie EltVTR aus dem Jahre 1997 einmal ablösen. Das ursprüngliche Konzept, jeweils eine Norm für Panik- und Notausgänge zu erstellen, wurde aus praktischen Gründen aufgegeben. Die Konzentration auf eine Norm vereinfacht die Anwendung und Zulassung der Produkte. Mit neuen Konzepten soll die Norm mehr Flexibilität und erweiterte Anforderungen an Stabilität und Zuverlässigkeit in der Anwendung bieten.

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Die aus der EN 179 und EN 1125 bekannte Klassifizierung erleichtert die Produktauswahl bei der Planung. Zudem werden neue Konzepte der technischen Realisierung von Rettungswegabsicherungen beschrieben. Dies reicht von der integrierten Verriegelungen und Not-Taste in der mechanischen Zuhaltung bis hin zur Möglichkeit, die mechanische Betätigung als Nottastenfunktion nutzen zu können.

Neu und viel diskutiert auf dem deutschen Markt sind die Funktion der Zeitverzögerung und ein Modus zur Verweigerung des Ausgangs. Die Funktion Zeitverzögerung läuft, wenn aktiviert, nach Betätigung der Not-Taste ab und gibt die elektrische Verriegelung – und damit die Tür zum Verlassen – erst verzögert frei. Diese Zeitspanne soll dem Aufsichtspersonal die Möglichkeit geben, entsprechend reagieren zu können. Neben dem Diebstahlschutz ist hier auch der Schutz von zu beaufsichtigenden Personen effektiver realisierbar.

In Objekten mit zentraler Sicherheitsleitstelle kann zusätzlich, mittels zertifiziertem zentralen Bedienelement, die Zeitverzögerung durch das Sicherheitspersonal nach Klärung der Situation verlängert werden. Im Brandfall kann eine Zeitverzögerung automatisch abgebrochen und die Tür dann unmittelbar geöffnet werden. Ob diese Funktion generell oder nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen darf, ist abhängig von den Vorgaben im Baurecht und aktuell noch offen.

Das Gleiche gilt für den Modus zur Verweigerung des Ausgangs. Hier wird der Rettungsweg bei einem Gebäude außerhalb der Nutzungszeit gesperrt. Dies geschieht durch Übersteuern der Not-Taste, sodass diese keine Freigabe der Tür mehr auslösen kann. Ziel der Funktion ist hauptsächlich der Einbruchschutz. Ein Missbrauch von Fluchttüren lässt sich grundsätzlich nicht verhindern. Dies würde auch der Aufgabe eines Fluchtwegs widersprechen. Dennoch ist es mit der aktuell verfügbaren Technik möglich, den Interessenkonflikt zwischen freiem Fluchtweg und Prävention gegen Missbrauch weitestgehend zu lösen. Die kommende europäische Norm wird mehr Flexibilität und Lösungen für neue Sicherheitskonzepte bieten.

Ulrich Rotenhagen ist Produktmanager für Rettungswegtechnik bei der Assa Abloy Sicherheitstechnik GmbH

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