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Moderne IP-Architekten

Teil 2

Was ist schon Analyse?

In diesem Zusammenhang scheint auch eine Definition, was heute unter Analyse in den Kameras zu verstehen ist, notwendig. Frank Marcus Schille von Schille Informationssysteme findet: „Viele Videoanalysefunktionen, von der Bewegungsdetektion bis hin zur Kennzeichenerkennung, sind auf der Kamera heute sehr gut und auch günstiger zu betreiben als auf einem Server. Dennoch muss man dabei auch die Qualität bedenken. Unter Umständen reicht es auch, auf den Kameras eine Voranalyse zu machen. Die nötige Rechenleistung ist dort ohnehin vorhanden. Ganz davon abgesehen, definieren wir als Videoanalyse zum Beispiel auch Tampering, Verdrehschutz, Blendungserkennung oder auch Rauscherkennung. Das ist eine Form von Analyse, ohne die man heutzutage keine Videoanlage mehr betreiben kann. Und das ist hervorragend in der Kamera aufgehoben.“

Die Grenzen sind also fließend, wie auch Stephan Beckmann von Tyco Security Products anmerkt: „Die Bandbreite an denkbaren Analyseformen ist enorm. Ich möchte bei dezentraler Videoanalyse aber nicht von einer einfachen Motion Detection, sondern von darüber hinausgehenden Algorithmen reden, die etwa auch Richtungs- oder Objekterkennung ermöglichen.“ Einen weiteren Aspekt spricht Uwe Kühlewind an: „Videoanalyse wird in der Kamera heute nicht nur zur Alarmierung genutzt, sondern auch zur Verbesserung des Bildes. Wenn beispielsweise ein Objekt erkannt wird, wird es mittels dynamischer Kompression besser dargestellt, während der Hintergrund weniger detailliert wiedergegeben wird. Die integrierte Videoanalyse verbessert also auch das Bild, das kommt ganz unabhängig vom Systemdesign der Qualität einer Überwachungslösung zu Gute.“

Für Albert Unterberger von Securiton/IPS muss vor allem bei der Analyse klar sein, wovon man genau spricht. Denn nicht für jede Anwendung ist der dezentrale Ansatz geeignet: „Es gibt viele verschiedene Ausprägungen der Videoanalyse. In komplexen Anwendungen werden heute noch mehrheitlich Server-Systeme eingesetzt, da die Bordmittel der meisten Kameras hierzu noch nicht ausreichen. Mit dem Fortschritt der verfügbaren Kameratechnologie ist aber ein klarer Trend in Richtung Videoanalyse als 'App' erkennbar. Erste Systeme sind bereits erfolgreich am Markt etabliert“.

„Man muss den Bogen etwas weiter spannen: Es kommt drauf an, wie die Struktur eines Systems generell definiert werden soll. Es gibt unterschiedlichste Lösungen, die Server-basiert sind und sich somit an der klassischen IT orientieren. Aber man findet in der Praxis auch zahlreiche Systemvarianten, die sich auf die Rolle der Kameras konzentrieren, die Funktionalitäten in die Kamera auslagern und manchmal sogar bei den Aufzeichnungssysteme mit Clustern arbeiten. Egal, welche Systemarchitektur man auch wählt, ihnen muss immer eine sorgfältige Planung zu Grunde liegen. Denn beide Seiten haben ihre Berechtigung und auch ganz spezielle Vor- und Nachteile.“
Markus Groben, Geschäftsführer, Groben Ingenieure GmbH

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„Abgesehen von der Videoanalyse, die heute auch dezentral eine große Rolle spielt, ist es wichtig zu entscheiden, wie viel Intelligenz – oder besser smarte Funktionalität – man in die Endgeräte hineinbringen kann. Denn klar ist, je mehr aufwändige Funktionen man auslagert, desto weniger muss man in leistungsfähige Server in der Zentrale investieren – gleiches gilt natürlich umgekehrt genauso.“
Roland Bauer, Head of Development, Funkwerk Videosysteme GmbH

„Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass zentral und dezentral keine unüberwindbaren Gegensätze sind, sondern dass sie sogar ganz gut zusammenpassen. Es wird also immer eine gewisse Dezentralisierung im System stattfinden, weil Funktionen nach außen verlagert werden. Es wird aber schon allein wegen der Kommunikation und des Managements immer eine zentrale Komponente geben.“
Thomas Kleesch, Sales Manager DACH, CBC (Europe) GmbH

Weiterer Bogen

Auch wenn der Analyse eine steigende Bedeutung in verschiedensten Ausprägungen zukommen mag, ist sie doch nur ein Teilbereich der Diskussion um zentrale und dezentrale Ansätze. Deshalb richtet Markus Groben von der Groben Ingenieure GmbH seinen Fokus auf den ganzheitlichen Gedanken: „Man muss den Bogen etwas weiter spannen: Es kommt drauf an, wie die Struktur eines Systems generell definiert werden soll. Es gibt unterschiedlichste Lösungen, die Server-basiert sind und sich somit an der klassischen IT orientieren. Aber man findet in der Praxis auch zahlreiche Systemvarianten, die sich auf die Rolle der Kameras konzentrieren, die Funktionalitäten in die Kamera auslagern und manchmal sogar bei den Aufzeichnungssysteme mit Clustern arbeiten. Egal, welche Systemarchitektur man auch wählt, ihnen muss immer eine sorgfältige Planung zu Grunde liegen. Denn beide Seiten haben ihre Berechtigung und auch ganz spezielle Vor- und Nachteile.“

Der Einfluss der IT auf Systemdesign und ein verändertes Verständnis von Lösungen wurde damit bereits kurz angesprochen. Dieser Trend wird sich verstärken, meint Stephan Beckmann: „Da wir uns mit Sicherheitssystemen immer öfter in der IT-Welt bewegen, liegt es nahe, sich die Entwicklung dort einmal anzusehen: In den achtziger Jahren wurde die IT von zentralen Großrechnern samt Terminals dominiert, dann kam der autark arbeitende PC, der fast alle zentralen Rechner abgelöst hat. Dann etablierten sich neben dem PC die Thin Clients, die kaum eigene Intelligenz besitzen und wieder einen zentralen Server benötigen. Das entwickelte sich in Form von Wellen und verschiedene Lösungen existieren heute parallel. Die Videotechnik dürfte dieselben Phasen durchlaufen, die IP-Kamera würde ich dabei mit dem PC vergleichen.“ Markus Groben stimmt zu: „Ich glaube, dass genau solche Entwicklungen in der Sicherheitstechnik nachvollzogen werden. Viele Dinge werden sich hier wiederholen, wir passen uns den IT-Strukturen an.“ Und Thomas Kleesch von CBC Europe ergänzt: „Der Trend geht in der IT natürlich in Richtung Thin Client, aber man darf nicht vergessen, dass es auch auf diesem eine ganze Menge Funktionen gibt, die es vorher an einem reinen Terminal nicht gab. Da sind wir also ein Stück weit schon wieder beim smarten dezentralen Ansatz.“

Mischformen und Teilbereiche

So messerscharf zu trennen sind dezentrale und zentrale Systeme also weder in der IT noch in der Videoüberwachung. Deshalb sieht Katharina Geutebrück die meisten Anlagen auch eher als Mischform: „Im Grunde gibt es in jedem System Teilbereiche, die man besser zentral organisiert, und es gibt Teile oder Funktionen, die man dezentralisiert. Das Verhältnis ist abhängig davon, wie die Anforderungen aussehen und welche Funktion man genau abbilden möchte. Reine dezentrale System gibt es eigentlich nicht, denn man hat immer gewisse übergeordnete Funktionen, die man zentral ausführt. Es muss eine Kommunikation zwischen den verschiedenen Einheiten geben, sonst ist eine Administration undenkbar.“

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