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Brandschutz 7. Juni 2019

Normgerechte Wärmemelder: Auf der sicheren Seite

Nach einer vierjährigen Übergangsfrist dürfen seit 1. Mai 2019 nur noch linienförmige Wärmemelder eingesetzt werden, die der DIN EN 54-22 entsprechen.

PROTECTOR sprach mit Markus Meer, Produktmanager Brandmeldesysteme und Vertriebsleiter Frank Betsch von Securiton, über die Anforderungen der Norm und die Antworten, die ihr Unternehmen darauf gibt.

PROTECTOR: Können Sie kurz erklären, was so genannte „Rückstellbare Linienförmige Wärmemelder“ genau sind und wie sie im anlagentechnischen Brandschutz zum Einsatz kommen?

Markus Meer: Unterschieden werden zwei Kategorien, nämlich „Rückstellbare“ und „Nicht Rückstellbare Linienförmige Wärmemelder“. Letztere können nach einem Brand nicht mehr zurückgestellt und müssen daher ausgetauscht werden. Ein Linienförmiger Wärmemelder besteht aus einer Auswerteeinheit und einem angeschlossenen Sensorkabel beziehungsweise Sensorelement, welches ein entsprechendes Fühlerrohr oder auch ein schlauchähnliches Fühlerrohr sein kann. Zum Einsatz kommen Linienförmige Wärmemelder überall dort, wo herkömmliche Sensoriken, zum Beispiel punktförmige Melder, aufgrund der physikalischen Leistungsgrenzen nicht mehr funktionieren. Hier können unter anderem Ansaugrauchmelder eingesetzt werden, wenn Rauch als Brandkenngrößen-Detektion gefordert ist. Wenn selbst diese an ihre Grenzen stoßen, wird in der Regel auf Linienförmige Wärmemelder zurückgegriffen. „Nicht Rückstellbare Linienförmige Wärmemelder“ werden in einer eigenen Norm DIN EN 54-28 beschrieben, „Rückstellbare Linienförmige Wärmemelder“ wie erwähnt in der DIN EN 54-22.

Seit Anfang Mai 2019 dürfen nur noch Rückstellbare Linienförmige Wärmemelder eingesetzt werden, die der DIN EN 54-22 entsprechen. Was verbirgt sich hinter der Norm und aus welchen Gründen werden linienförmige Wärmemelder mit ihr reguliert?

Markus Meer: Beschrieben sind vor allem die Prüfanforderungen sowie die Leistungsmerkmale, beispielsweise das Ansprechverhalten. Es gab zwar bereits seit mehreren Jahren Linienförmige Wärmemelder, die in Anlehnung an die Europäische Produktnorm DIN EN 54-5 für punktförmige Wärmemelder entsprechend geprüft und zertifiziert wurden. Aber es gab noch keine eigenständige Produktnorm für Linienförmige Wärmemelder. Daher wurde eine Arbeitsgruppe durch das Europäische Komitee für Normung ins Leben gerufen, um auch solche bisherigen Sonderbrandmelder in einer eigenen Produktnorm zu spezifizieren.

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Warum war eine eigenständige Produktnorm für „Rückstellbare Linienförmige Wärmemelder“ überhaupt notwendig beziehungsweise wo werden diese Melder konkret eingesetzt?

Markus Meer: Hierzu gilt es nochmals genau das Prüfverfahren und die konkreten Anforderungen der DIN EN 54-22 zu schildern. Es gibt zwei Alarmkriterien. Zum einen das Maximaltemperatur-Ansprechverhalten, bei welchem der Melder einen Alarm generiert, sobald eine Maximalalarmschwelle oder eine bestimmte Temperatur erreicht wird. Daneben gibt es das Differenzialverhalten, bei welchem ein Alarm ausgelöst wird, wenn innerhalb einer definierten Zeit eine Temperaturerhöhung stattfindet. Heute weiß man, dass über das Differenzialverhalten die meisten Brände identifiziert werden.

Frank Betsch: Wichtig wird das in schwierigen Umgebungsbedingungen, wie zum Beispiel in Tiefgaragen. Fahrzeuge erzeugen Abgase und Aerosole. Die klassische Rauchdetektion ist dort nicht mehr einsetzbar, das heißt hier müssen Wärmemelder zum Einsatz kommen. Und da es in Tiefgaragen üblicherweise großflächige Überwachungsbereiche abzusichern gilt, empfiehlt sich hier der Einsatz von Linienförmigen Wärmemeldern. Punktförmige Brandmelder scheiden meist aufgrund von Vandalismus oder durch das Risiko von Beschädigungen aus. Ein weiteres Einsatzgebiet ist etwa die Lebensmittelproduktion. Beispielsweise in Großküchen, in denen auch Konvektomaten im Einsatz sind und schnelle Temperaturveränderungen auftreten. Hier stößt herkömmliche Sensorik schnell an ihre Grenzen, und die Wahrscheinlichkeit von Täuschungsalarmen ist sehr hoch. Der große Vorteil von Linienförmigen Wärmemeldern ist, dass diese sehr individuell auf die Umgebungsbedingungen konfiguriert werden können. Allgemein ist mit dieser Technik eine sehr flexible Anpassung auf die jeweilige Anwendung möglich.

Securiton bietet mit dem „SecuriSens ADW 535“ bereits einen Linienförmigen Wärmemelder an, der die Anforderungen der DIN EN 54-22 erfüllt. An welche Zielgruppen richten Sie sich mit dem Melder und welche Vorteile bietet er?

Frank Betsch: Der SecuriSens ADW 535 bietet vor allem eine innovative technische Veränderung, die unseren Installateuren und Errichtern eine wesentliche Vereinfachung in der Handhabung bringt. Ursprünglich wurde hauptsächlich ein Fühlerrohr aus Kupfer oder Edelstahl eingesetzt, welches aufgrund des doch festen und unflexiblen Materials einen relativ hohen Verarbeitungs- und Installationsaufwand mit sich brachte. Hier bieten wir nun auch eine neuere Lösung an und nutzen einen wärmeleitfähigen Teflonschlauch, der sehr flexibel ist und der - vergleichbar mit einem Kabel - einfach installiert werden kann. Rollenware sorgt zudem auch beim Transport für ein einfacheres Handling. Die Technik an sich gibt es zwar schon lange, unsere Lösung erfüllt aber gleich von Beginn an die DIN EN 54-22, die nun in Kraft getreten ist. Und damit bieten wir unseren Partnern wie Facherrichtern, Planern und Betreibern natürlich eine gewisse Investitionssicherheit und allen Beteiligten das sichere Gefühl, dass sie hier normenkonform unterwegs sind. Denn bisher wurden Linienförmige Wärmemelder in Anlehnung an die DIN EN 54-5, also nach der punktförmigen Wärmemeldernorm, geprüft. Solche zertifizierte Linienförmige Wärmemelder dürfen nach Ablauf der Übergangsfrist der DIN EN 54-22 seit dem 1. Mai 2019 nicht mehr eingesetzt werden. Überhaupt gibt es momentan noch nicht viele Hersteller, die dieser Norm gerecht werden.

Markus Meer: Ein weiterer Vorteil ist, dass auf unsere Linienförmigen Wärmemelder aus der Ferne zugegriffen, eine Datenanalyse durchgeführt und der Speicher ausgelesen werden kann, wenn zum Beispiel ein Ereignis aufgetreten ist. Mit der Funktion „Config over Line“ ist es möglich, direkt von der Brandmeldezentrale SecuriFire vollumfänglich auf diese Brandmelder zuzugreifen. Und dies so, als wenn man direkt lokal (vor Ort) mit dem Brandmelder über die Programmier-Software verbunden ist. Bisher mussten Techniker lange Wege auf sich nehmen und diese Brandmelder jeweils aufwändig vor Ort konfigurieren, in Betrieb nehmen und instand halten. Zudem haben wir den Melder mit einer Tag-Nacht-Steuerung ausgestattet, um dynamisch auf eine Temperaturveränderung in der Produktionsstätte reagieren und die Ansprechempfindlichkeit des Brandmelders an die jeweiligen Umgebungsbedingungen anpassen zu können. Was die Fernwartung betrifft, so haben wir als Hersteller unter anderem bei unseren Meldersensoriken und Brandmeldesystemen eine sehr hohe Integrationstiefe und können über unsere Cloud aus der Ferne auf unsere Brandmeldesysteme und sogar auf unsere Ringleitung zugreifen. Wir sind darüber hinaus auch in der Lage, neben einer Nahanalyse auch eine „.

Könnte man den „SecuriSens ADW 535“ also als Paradebeispiel für die Veränderungen bezeichnen, die im Zuge der Digitalisierung nachhaltig das Segment Brandschutz innerhalb der Sicherheitstechnik-Branche verändern?

Frank Betsch: Im Prinzip befinden wir uns auch im Brandschutz bereits mitten in der Digitalisierung. Nehmen Sie etwa unsere gerade erwähnte Funktionalität „Config over Line“. Damit sind wir in der Lage, bis auf Sensorebene alle Informationen über die Zentrale und sogar darüber hinaus verfügbar zu machen. Wir können Sensorzustände abfragen und Instandhaltungsprozesse vorbereiten. Das sind alles Dinge, die heute schon möglich sind und die wir praktizieren. Perspektivisch gesehen wird bald auch die digitale Instandhaltung kommen.

Markus Meer: Zukünftig wird auch die Software auf mobilen Endgeräten verfügbar sein. Mit den heutigen Softwaretools, die auf PCs beziehungsweise Laptops betrieben werden, hat man schon einen sehr guten Zugriff. Und das wird zukünftig natürlich noch weiter verfeinert.

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