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Notunterkünfte: Pilotprojekt „Labor Betreuung 5.000“

Notunterkünfte werden oft über Nacht gebraucht. Wie das gelingen kann, zeigt das Pilotprojekt „Labor Betreuung 5.000“ des BBK.

Wie können schnell Notunterkünfte geschaffen werden? Beim Pilotprojekt „Labor Betreuung 5.000“ können 5.000 Menschen in kürzester Zeit  untergebracht werden.
Wie können schnell Notunterkünfte geschaffen werden? Beim Pilotprojekt „Labor Betreuung 5.000“ können 5.000 Menschen in kürzester Zeit  untergebracht werden.

Im Pilotprojekt „Labor Betreuung 5.000“ wird als Notunterkunft ein mobiles Betreuungsmodul aufgebaut, in dem bei Bedarf bis zu 5.000 Menschen kurzfristig, gleichzeitig und weitgehend autark für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr untergebracht und betreut werden können. Hochwasser, Coronapandemie und aktuell der Krieg in der Ukraine mit vielen tausend Geflüchteten – die Krisen der letzten Monate haben deutlich gemacht, dass der Bedarf an schnell verfügbaren Reserven für die Betreuung hoch ist. Das im Pilotprojekt „Labor Betreuung 5.000“ beschaffte Material kam vor diesem Hintergrund bereits drei Mal zum Einsatz.

Pilotprojekt „Labor Betreuung 5.000“ vom BBK koordiniert

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat das Pilotprojekt koordiniert – erst im April 2020 ist es gestartet. Federführung hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) gemeinsam mit den anerkannten deutschen Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und Malteser Hilfsdienst (MHD).

Ziel ist es, bis Ende 2024 das dann vollständig komplettierte erste „Mobile Betreuungsmodul“ (MBM) aufzubauen und zu erproben. Dieses MBM 5.000 genannte Betreuungsmodul ist eine weitgehend autark funktionierende temporäre Unterkunfts- und Betreuungseinrichtung für bis zu 5.000 Menschen, die in Notlagen kurzfristig aufgebaut werden kann. Nach Zuweisung eines geeigneten Geländes kann das Modul innerhalb von 48 h mobilisiert werden. In kürzester Zeit ist das MBM 5.000 teilweise aufgebaut und kann die ersten ankommenden Menschen aufnehmen. Ein Betreuungsmodul gleicht einer mobilen, weitgehend autarken Kleinstadt mit Unterkunftsmöglichkeiten, mobilen Küchen, Trinkwasseraufbereitung, netzunabhängiger Energieversorgung, Sanitäranlagen und mobiler Arztpraxis bis hin zu Spezialfahrzeugen für Aufbau und Betrieb.

Notunterkünfte bei unterschiedlichen Krisen

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Dass es nun noch vor Ende der Erprobungsphase derart viele reale Einsätze gab, zeigt die Bedeutung des Projekts. Die bereits vorhandene Ausstattung konnte dank des Fokus auf eine schnelle Beschaffung direkt in den Einsatz gehen und schon jetzt vielfach Hilfe leisten.

  1. Beim Hochwasser im Sommer 2021 kamen mehrere Komponenten im Ahrtal sowie in Nordrhein-Westfalen zum Einsatz. So wurde beispielsweise mithilfe von Ersatzstromerzeugern (ESE 300) die Stromversorgung an mehreren Standorten wiederhergestellt, unter anderem für ein Pflegeheim in Leverkusen, aber auch für Gebiete im Kreis Ahrweiler. Mehrere flexibel einsetzbare Container mit Spezialausstattung, „Mehrzweckraumzellen“ (MRZ), dienten als Ersatz für zerstörte beziehungsweise beschädigte Rettungswachen, aber auch als Informationspunkte für die betroffene Bevölkerung. Außerdem kamen verschiedene Spezialfahrzeuge in den Einsatz: Mehrere Allrad-MTW, ein geländegängiger LKW mit Radformel 8x8 und Ladekran sowie ein Teleskopstapler mit Allradantrieb zum Verfahren, Versetzen und Stapeln von Containern im Feld.
  2. Im Juni 2021 wurden außerdem mehrere Mehrzweckraumzellen (MRZ) für die Erweiterung von Kapazitäten des Impfzentrums Tempelhof eingesetzt.
  3. Ganz aktuell werden am ehemaligen Berliner Flughafen Tegel Notunterkunftsplätze für Geflüchtete aus der Ukraine bereitgestellt. Die Unterbringungskapazitäten insbesondere für durchreisende Geflüchtete, die für eine Nacht Zwischenstation in Tegel machen, wurden erweitert. Durch den Einsatz von Material aus dem Bestand des Pilotprojekts „Labor Betreuung 5.000“ konnte so eine Pufferkapazität geschaffen werden, die eine Überlastung bestehender Strukturen verhindern soll.

An den verschiedenen Einsätzen zeigt sich die Einsatzbandbreite das MBM 5.000. Dank der im Konzept verankerten Modularität können Unterkünfte und andere Betreuungsdienstleistungen für Menschen in Not flexibel und lageangepasst bereitgestellt werden. Je nach Einsatzanforderung kann das Betreuungsmodul entweder als komplett eigenständige Einrichtung weitgehend autark für bis zu 5.000 Personen aufgebaut und betrieben werden oder aber bestehende Einrichtungen in Teilbereichen wie oben beschrieben unterstützen.

Es ist geplant, in den nächsten Jahren bis zu zehn solcher Betreuungsmodule aufzubauen. Zusammen werden sie dann die Betreuungsreserve des Bundes für den Zivilschutz bilden. Der Aufbau des zweiten Moduls ist im Dezember 2021 parallel gestartet und wird durch den ASB realisiert.

Die Betreuungsreserve des Bundes ist künftig für den Verteidigungsfall vorgesehen. Das bedeutet, sie kommt dann zum Einsatz, wenn die Zivilbevölkerung kriegsbedingten Gefahren ausgesetzt ist. Vorrangiges Ziel ist es daher, in einem Krisenfall das Überleben der von Kriegseinwirkungen betroffenen Personen sicherzustellen. Ausgangspunkt ist die „Konzeption Zivile Verteidigung“ (KZV), mit der die Bundesregierung 2016 Präventiv- und Schutzmaßnahmen beschrieben hat, die für das zukünftige Management im Verteidigungsfall gelten. Auch als Mitglied von EU und Nato will sich Deutschland auf nicht auszuschließende Eskalationen und neue Formen politischer Krisen einstellen. Es gibt heute diverse – auch neuartige – Bedrohungen der Zivilgesellschaft. So sind wir beispielsweise stark von sicherer Versorgung mit Energie, Mobilität und Kommunikation abhängig. Infolge von politischen Spannungen, Konflikten und komplexen Bedrohungslagen kann es daher zu spontanen Bevölkerungsbewegungen innerhalb Deutschlands kommen. Egal welches Szenario man zugrunde legt, die Unterbringung, Betreuung und Versorgung der betroffenen Menschen muss sichergestellt werden können. Lebenswichtige Grundbedürfnisse nach Obdach, Wärme, Wasser, und Verpflegung sowie die medizinische Grundversorgung und die (psycho-)soziale Betreuung können durch den Aufbau dieser Betreuungsreserve bei Bedarf gewährleistet werden. Im Sinne der Amtshilfe kann ein MBM 5.000 des Bundes auch in den Notlagen außerhalb der Zuständigkeiten des Bundes zum Einsatz kommen. Die Länder können bei großflächigen Schadenslagen aller Art (zum Beispiel auch Naturkatastrophen) die MBM 5.000 zur Unterbringung, Betreuung und Versorgung der Betroffenen anfordern.

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