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Ordnende Kompetenz

Teil 2

Keine Probleme gibt es übrigens, wenn hochrangige Politiker oder sonstige „VIPs“ ein Spiel besuchen möchten. Zwar gibt es für diese Personen eine erhöhte Sicherheitsstufe, doch die „Promis“ benutzen gesonderte Parkplätze und verfügen meistens auch über eigene Personenschützer.

„Gelebte Regeln“

Ziel aller Beteiligten ist es, die Abläufe an einem Spieltag so reibungslos wie möglich zu gestalten. Gleichzeitig soll den Zuschauern und Gästen aber auch so etwas wie eine „ordnende“ Kompetenz demonstriert werden. „Bei uns im Borussia-Park gibt es Regeln, wenn man so will Verhaltensregeln, und die gilt es zu transportieren“, beschreibt Bernhard Nießen den Ansatz. Jeder Mitarbeiter steht dabei für die Umsetzung dieser Vorschriften.

Trotzdem besteht ein Restrisiko – und Auseinander-setzungen lassen sich bei 54.000 Menschen nie ganz ausschließen. Kommt es zu Zwischenfällen, werden aggressive Fans sofort aus der Menge geholt und bei Bedarf in einer der drei Arrestzellen im Keller eingesperrt. Handelt es sich um gewaltbereite Personen, werden diese nach dem Spiel meist sofort zur nächsten Polizeiwache gebracht, denn über Nacht darf niemand in den Zellen des Vereins bleiben. Darüber hinaus befinden sich im Zellentrakt auch noch zwei Vernehmungsräume, die gerade bei internationalen Spielen zum Einsatz kommen. Beispielsweise dann, wenn nach den Vorgaben des DFB im Schnellverfahren Stadionverbote ausgesprochen werden müssen oder die Staatsanwaltschaft direkt Urteile spricht, um den Besucher wieder in sein Heimatland entlassen zu können.

2.000 Besucher pro Werktag

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Das Stadion und der Borussia-Park erwachen natürlich nicht nur an den Spieltagen des Vereins zum Leben. Rund 100 fest angestellte Personen sorgen in der Anlage tagtäglich für den reibungslosen Betrieb – sei es im Stadion, im Fanshop, in der Gastronomie oder auch im integrierten Reha-Bereich sowie bei einer gebuchten Stadionführung. Im Schnitt werden pro Werktag rund 2.000 Besucher im Borussia-Park gezählt. Bis etwa 22 Uhr läuft der normale Betrieb. Danach sollten die Besucher das Gelände wieder verlassen haben.

Damit nachts niemand unbemerkt das Gelände betritt, gibt es einen Security-Dienst, der mit einer dauerhaften Präsenz auch für die Perimetersicherung sorgt. Die meisten der insgesamt rund 700 Türen sind innerhalb der Woche permanent verschlossen, davon ausgenommen sind die Fluchtwege. In den Türen kommen mechanische Zylinder sowie bei den rund 300 elektronisch gesicherten Durchgängen Transponder und Codetaster zum Einsatz. Schlüssel und Transponder erhalten grundsätzlich nur Mitarbeiter und bei Spielen registrierte Ordnungskräfte. Gleiches gilt für Servicekräfte und Dienstleister, die einen zeitlich begrenzten Zugang zu bestimmten Bereichen der Anlage haben müssen. Der Empfang des Schlüssels wird immer mit einer Unterschrift bescheinigt, ebenso die Rückgabe.

Zentrale Berechtigungsvergabe

Falls es bei der großen Menge wirklich einmal zum Verlust eines Schlüssels kommen sollte, wird dieser sofort aus dem System ausgelesen. „Bisher kam dies nur ein einziges Mal vor. Doch letztlich tauchte auch dieser Schlüssel wieder auf, denn es wurde ärgerlicherweise nur vergessen, die Rückgabe zu dokumentieren. Grundsätzlich sind wir froh, heute eine elektronische Zugangskontrolle zu haben, die uns einen so hohen Komfort bietet“, sagt Bernhard Nießen. Die Schließanlage arbeitet funkbasiert ohne Verkabelung. Und ein weiterer Vorteil der modernen Technik: Alle Zugangsberechtigungen werden zentral von einem Rechner aus erteilt und niemand muss zu einer bestimmten Tür gehen, um dort einen Schlüssel ein- oder auszulesen.

Theoretisch ließe sich die Zutrittskontrolle auch mit einer Zeiterfassung kombinieren, doch im Borussia-Park wird ohne Zeiterfassung gearbeitet. Ausgenommen ist nur das auf dem Gelände befindliche angeschlossene Internat, in dem zwölf jugendliche Nachwuchsspieler mit den Internatseltern leben. Hier sind eine Zeiterfassung sowie die Erteilung von bestimmten Zeitfenstern bei der Zutrittstechnik allein schon aus Gründen der Aufsichtspflicht unerlässlich. Im Borussia-Park gibt es keine Kombination der Zutrittstechnik mit einer Brandmeldetechnik. Alle Sicherheitssysteme arbeiten autark mit eigenem Monitoring und eigenen Störmeldungen.

Für Notfälle gerüstet

Auch wenn dieser Fall sehr unwahrscheinlich ist: Sollten einmal bei einer Veranstaltung gravierende Störungen auftreten, weil beispielsweise der Strom inklusive der Notstromversorgung ausfällt, sind sofort eigene Techniker zur Stelle, die das Stadion auf eine zweite Stromversorgung aufschalten könnten. Geschlossene Türen oder Drehkreuze würden manuell geöffnet oder entriegeln sich automatisch, um keinen Fluchtweg zu blockieren. Insgesamt zwölf Techniker beschäftigt der Verein, die bei Spielen und Veranstaltungen stets anwesend sind.

Wenn größere Gruppen erwartet werden, melden sich diese beim Empfang an der Pforte. Geführt werden die Besucher durch spezielle Stadion-Guides, die für die Betreuung der Gäste zuständig sind und zugleich dafür sorgen, dass niemand unbemerkt in Bereiche vordringt, die eigentlich für ihn geschlossen sind. Dies gilt beispielsweise vor allem für den Verwaltungstrakt, denn hier befindet sich die IT-Abteilung, das digitale Herz des Vereins. Rund 250.000 Kundendaten sind im System des Vereins enthalten. Der Verein betreibt ein eigenes Ticketingsystem. Nicht auszudenken, wenn diese Daten in unberechtigte Hände gelangen würden.

Schulung und Sensibilisierung

Allein schon vor diesem Hintergrund werden alle im Borussia-Park beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen regelmäßig in Fragen der Sicherheit geschult und zugleich für das Thema sensibilisiert. „Trotzdem sehen wir nicht in jedem unserer Besucher und Zuschauer eine Gefahr. Dies wäre fatal, denn 99 Prozent unserer Zuschauer sind echte Fans, die ihrem Verein nichts Böses wollen und sich vom Fußball begeistern lassen. Aber den minimalen Prozentsatz der anderen, den müssen wir im Auge behalten und mit allen Mittel verfolgen“, erläutert Bernhard Nießen. Bezogen auf seinen Verein ist der Stadionverantwortliche fest davon überzeugt, für jeden Zuschauer und Gast jederzeit ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleisten zu können – auch wenn jeder Tag neue Herausforderungen bringt.

Matthias Fischer, freier Journalist in Bottrop

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