Direkt zum Inhalt
Corporate Trust 12. Juli 2013

Präventive Schutzkonzepte

In der jüngsten Vergangenheit ist es zu zahlreichen Übergriffen auf Vermögensinhaber oder deren Angehörige gekommen. Die Palette reichte von Körperverletzung, Entführung bis hin zu Tötungsdelikten. Mit professionellen präventiven Schutzmaßnahmen wäre der Leidensweg für die Opfer vermeidbar gewesen.

Schutzmaßnahmen sollten ergriffen werden, bevor die Bedrohung zur Realität wird.
Schutzmaßnahmen sollten ergriffen werden, bevor die Bedrohung zur Realität wird.

Ein probates Mittel ist der Aufbau eines Voraufklärungs-konzeptes, um Ansätze der Täter bereits in der Entstehungsphase zu detektieren. Damit kann ein wirkungsvolles Krisenmanagement für mögliche Szenarien aufgebaut werden, um die Extremsituation nach einer solchen Tat mit einer geeigneten Organisation zu meistern.

Die Schutzmaßnahmen

Prinzipiell können Gefährdungen grob in zwei Arten eingeteilt werden. Die erste Kategorie sind Alltagsgefahren, denen jeder Mensch ausgesetzt ist. Diese subsumieren sich je nach Land, Lebensumfeld und Aktivitäten im beruflichen wie privaten Bereich.

Die zweite Kategorie ist die Positionsgefährdung. Hier treten die gesellschaftliche Stellung, das Vermögen (manchmal auch nur der durch die Öffentlichkeit vermutete Wohlstand) und der Bekanntheitsgrad (regional wie national) in den Vordergrund.

Präventive Schutzkonzepte sollen die Gesamtheit aller Gefährdungen wirkungsvoll minimieren. Hier geht es in erster Linie darum, mögliche Gefahren für Vermögensinhaber bereits im Vorfeld zu erkennen und zu analysieren. Das Ziel hierbei ist, geeignete Schutzmaßnahmen zu realisieren, die den Nutzer in seiner Lebensführung so wenig wie möglich beeinträchtigen und ein Maximum an Privatsphäre zulassen.

Anzeige

Um Vermögensinhaber in den eigenen vier Wänden zu schützen, werden mechanische und elektronische Objektschutzmaßnahmen realisiert. Bei Verlassen des Hauses sind bei einer latenten Gefährdungslage verdeckte Aufklärungsmaßnahmen durch speziell geschultes Personal und der Einsatz von moderner Technik angemessene Mittel zur Gefahrenabwehr. Hier geht es in erster Linie darum, das Umfeld, die Fahrtrouten und die häufig besuchten Objekte nach auffälligen Fahrzeugen und Personen möglichst diskret abzusuchen.

Die sicherheitsrelevanten Feststellungen werden in einer elektronischen Datenbank erfasst und regelmäßig ausgewertet. So geht keine erfasste Meldung verloren. In bestimmten Fällen können Bewegungsprofile von Fahrzeugen und/oder Personen nachvollzogen werden. Sollte die zu schützende Person in eine Gefahrensituation kommen, kann sie über mobile oder im Fahrzeug installierte Alarmmelder Hilfe herbeiholen. Hierzu kann die Fahrzeugposition von einer Notruf-Service-Leitstelle bestimmt oder vom Beschützer über einen mobilen Tablet-PC geortet werden. In solchen Fällen wird die konspirative Rolle des Aufklärers aufgegeben und wirkungsvoll Leib und Leben des Auftraggebers geschützt.

Bei den meisten Notfällen geht aber die akute Gefahr nicht von einem Angreifer aus. Auch der Unfall oder der medizinische Notfall, wie zum Beispiel ein Herzinfarkt, Schlaganfall oder Trauma-Verletzungen, können eine Bedrohung für das Leben oder die Gesundheit darstellen und sollten von einem professionellen Personenschützer im Rahmen der präklinischen Notfallmedizin bis zum Eintreffen von Hilfskräften beherrscht werden.

Das Konzept

Bevor mit der Durchführung von Aufklärungstätigkeiten begonnen werden kann, steht die Auditierung der Schwachstellen und Planung der individuell angepassten Schutzmaßnahmen im Vordergrund. Hier wird ein Gesamtkonzept erstellt, an welchem sich die spätere Aufklärungsarbeit orientiert. Darin befinden sich Angaben über die Sicherheitslage und über das persönliche Umfeld des Auftraggebers.

Weiterhin ist es erforderlich, Objekt- und Fahrtroutenanalysen sowie Fahrzeug-, Termin- und Telefonlisten zu erfassen sowie ein weiteres Kapitel, welches sich dem Krisenmanagement widmet. Für den Ereignisfall sind hier die wichtigsten Daten der zu schützenden Person hinterlegt. Im dazugehörigen Krisenhandbuch ist der Aufbau und die Besetzung des Krisenstabes beschrieben, die Räumlichkeiten und deren Ausstattung festgelegt und die Krisenkommunikation erläutert.

Die Erfahrungen in der jüngsten Vergangenheit haben gezeigt, dass gerade in Entführungsfällen ein reaktionsschnelles Krisenmanagement entscheidende Vorteile hat. Der größte Gegner in einer Krise ist die Zeit. Diese wird bei einem professionell implementierten Krisenmanagement nicht unnötig mit Vorbereitungshandlungen und Kompetenzstreitigkeiten vertan.

Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Interessen der Betroffenen gegenüber der Polizei und dem Aggressor durch erfahrene Krisenmanager vertreten werden. Im Falle einer Lösegeldzahlung ist es hilfreich, über eine Kidnap & Ransom Versicherung zu verfügen.

Die Ausbildung des Personals

Um die Vielzahl der Aufgaben auf hohem Niveau bearbeiten zu können, sind qualifizierte Sicherheitsprofis gefragt. Neben einer fundierten Ausbildung im Personenschutz ist ein hohes Maß an Sozialkompetenz erforderlich. Eine gewisse Technikaffinität sollte für die Aufgabenstellung ebenfalls vorhanden sein. Unauffälliges Verhalten und Aussehen sind ganz entscheidend, um den Großteil des Auftrages konspirativ durchführen zu können.

Spezielle Personenschutzfahrtrainings und Schießlehrgänge sind essentiell. Ein weiterer Baustein in diesem Konzept ist die notfallmedizinische Ausbildung. Hier reicht der Erste Hilfe Kurs bei weitem nicht aus. Eine professionelle, anerkannte Ausbildung zum Rettungssanitäter oder zumindest eine international anerkannte Zertifizierung zum „Aremt“ Emergency First Responder ist als Standard anzusehen.

Der Materialeinsatz

Neben der persönlichen Schutzausrüstung des Personenschützers, wie Waffe und Schutzweste, werden spezielle Utensilien für Aufklärungstätigkeiten mitgeführt. Hierzu gehören ein leistungsstarkes Fernglas, ein Nachtsichtgerät sowie Foto- und Videogeräte zur Dokumentation.

Auf dem Tablet- PC befinden sich verschiedene Programme um die Aufklärungsergebnisse zu dokumentieren oder die Ortung der Fahrzeuge von Schutzpersonen im Alarmfall durchzuführen. Natürlich verfügt der Tablet- PC über Internet um schnell Informationen einzuholen beziehungsweise um mit dem Auftraggeber und dessen Büro via verschlüsselter E-Mail zu kommunizieren.

Weiterhin wird ein Medicpack (medizinisch modular aufgebauter Notfallrucksack) mitgeführt. Dieser ist speziell an die Bedürfnisse von Personenschützern angepasst, unter anderem mit beschusshemmender Außenhaut. Dennoch ist der Rucksack von hochwertigem Reisegebäck nicht zu unterscheiden. Das Innenleben ist modular aufgebaut und kann je nach Einsatzlage variiert werden. In der kleinsten Einheit sind Teile auch unter dem Anzug tragbar. In der Summe entspricht das Medicpack einem komplett ausgestatteten Notfallrucksack, wie er auf jedem Rettungswagen zu finden ist.

Bei der Fertigung und Ausstattung mit Material wurde den Erfahrungen von Rettungsdiensten, Militär, amerikanischen Spezialeinheiten der Polizei und der Firma PAX, einem renommierten Hersteller von Rettungsequipment, Rechnung getragen.

Die Peripherie

Mittlerweile beschränkt sich der Schutz von Vermögensinhabern nicht nur auf die körperliche Unversehrtheit. Es gilt im Allgemeinen, die Privatsphäre der Auftraggeber zu schützen. Hierzu zählt die Sicherheit von Computern, Tablet-PCs sowie Smartphones. Des Weiteren sind Auskunftssperren in öffentlich zugänglichen Registern zu beantragen. Neue Geschäftspartner, Hausangestellte und Dienstleister im unmittelbaren Umfeld der Vermögensinhaber sind durch Background-Checks auf ihre Integrität hin zu überprüfen.

Analyse als Ausgangspunkt

Ein professioneller Sicherheitsschirm für Vermögensinhaber beginnt mit einer realistischen Ermittlung der Gefährdung. Hierbei wird die allgemeine Gefährdung wie auch die Positionsgefährdung berücksichtigt. Im Verhältnis zur Gefährdung werden ein reaktionsschnelles Krisenmanagement und ein Konzept für Vorfeldaufklärungsmaßnahmen aufgebaut.

Zur erfolgreichen operativen Umsetzung gehören ausgereifte Technik und qualifiziertes Personal. Mit der Berücksichtigung der hier aufgeführten Punkte minimieren Vermögensinhaber ihr Risiko um ein Vielfaches, Opfer von Gewalt zu werden.

Wolfgang Kirner ist Leiter Personenschutz bei der Corporate Trust, Business Risk & Crisis Management GmbH.

Passend zu diesem Artikel