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Qualität im Fokus

Nach zähem Ringen gibt es für die rund 170.000 Mitarbeiter von Sicherheitsdienstleistungsunternehmen seit dem vergangenen Sommer den Mindestlohn. W&S sprach mit Melanie Kleiné, die seit vielen Jahren für die Branche als Rechtsanwältin und Compliance-Beraterin tätig ist, über die damit verbundenen Herausforderungen an die Sicherheitsdienstleister und Auftraggeber.

Die Einhaltung des Mindestlohns wird streng überprüft.
Die Einhaltung des Mindestlohns wird streng überprüft.

Haben sich Ihre Klienten aus dem privaten Sicherheitsgewerbe über die Einführung des Mindestlohns eher gefreut oder gestöhnt?

Kleiné: Man hat damit gerechnet. Das Sicherheitsgewerbe war schon immer sehr regelungsintensiv. Hier gilt es, gesetzliche tarifliche Regelungen, Arbeitsschutzregelungen oder Regelungen des Hausrechts zu beachten. Insofern ist es für Geschäftsführer in dieser Branche Routine, dass es immer wieder neue gesetzliche Regelungen und Vorschriften gibt.

Zudem haben auch die entsprechenden Verbände schon seit Jahren für dieses Thema sensibilisiert. Es sind also keine unüberwindbaren Hindernisse, die sich jetzt für die Sicherheitsbranche auftun.

Also gibt es keinen Informationsbedarf mehr?

Kleiné: Natürlich schon: Es gibt Gesetze, die jetzt seit dem vergangenen Sommer auch für die Sicherheitsdienstleister gelten. Der gewissenhafte Kaufmann geht professionell mit dem Thema um: Er informiert sich über die entsprechenden Gesetze und durchforstet dann entsprechend seine Arbeitsabläufe.

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Was ist jetzt tatsächlich neu?

Kleiné: Tariflöhne mussten bisher auch gezahlt werden, wenn man einen öffentlichen Auftraggeber hatte. Tariftreueerklärungen gab es also auch schon vorher. Neu ist jetzt die Haftung, die am Ende steht, wenn man verschuldensunabhängig für Subunternehmen haftet. Das ist die Hauptkonsequenz, die gefürchtet wird. Und das hat auch Folgen.

Welche?

Kleiné: Man schaut sich als Sicherheitsdienstleister genauer an, wen man als Subunternehmen beauftragt. Und vielleicht verzichtet man auch auf die Beauftragung eines bestimmten Subunternehmens.

Sie sprechen bisher vom „gewissenhaften Kaufmann". Rechnen Sie mit vielen „schwarzen Schafen"?

Kleiné: Nein, nur mit wenigen. Schwarze Schafe gibt es natürlich in jeder Branche. Aber ein Blick auf die bisherigen Zahlen der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit„ durch den Zoll zeigt, dass es keine wesentlichen Unterschiede zu anderen Branchen gibt.

Wie wird man überhaupt zum „schwarzen Schaf" und mit welchen Sanktionen ist dann zu rechnen?

Kleiné: Der Klassiker wird die Lohnunterschreitung sein. Als Unternehmer muss ich sehr genau darauf achten, welche Bestandteile dem Mindestlohn zuzurechnen sind und welche nicht. Im Anhang des Mindestlohn-Tarifvertrags ist genau geschildert, was zum Lohn gehört, alle Zulagen, Zuschläge und Ähnliches. Sonst laufe ich Gefahr, einen Mindestlohnverstoß zu begehen.

Übrigens: Ab einem Bußgeld von 200 Euro erfolgt ein Eintrag ins Gewerbezen-tralregister. Ab einer Buße von 2.500 Euro droht ein mehrjähriger Ausschluss von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen. Und so eine Summe kommt schnell mal zusammen!

Wenn es diese Maßnahmen schon gegeben hat, warum jetzt den Mindestlohn-Tarifvertrag?

Kleiné: Die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie hätte dazu geführt, dass jeder Arbeitgeber aus einem Mitgliedsstaat der EU seit dem 1.5.2011 in jedem Mitgliedsstaat seine Leistungen hätte anbieten dürfen, und das zu Herkunftslandbedingungen. Das heißt, ein polnischer Arbeitgeber hätte hier für einen in Polen üblichen Stundenlohn von 3,5 Euro Sicherheitsdienstleistungen anbieten dürfen. Das führt zu einer enormen Wettbewerbsverzerrung und Lohndumping. Um das zu vermeiden, um die deutschen Sicherheitsdienstleister also zu schützen, hat man die Sicherheitsdienstleistungen mit in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen. Damit gilt nicht mehr das Herkunftslandprinzip, sondern das Arbeitsortprinzip. Das heißt, in Deutschland arbeitet man zu deutschen Bedingungen. Das gilt auch bei grenzüberschreitend eingesetzten Mitarbeitern.

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