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Qualität im Fokus

Teil 2

Auf Basis des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes wurde ein Tarifvertrag geschlossen, der wiederum erst einmal für die Sicherheitsdienstleister als allgemeinverbindlich erklärt werden musste, was auch geschah. Dieser Mindestlohn TV gilt nun also für alle, die Sicherheitsdienstleistungen in Deutschland anbieten. Darüber hinaus gelten natürlich auch alle anderen gesetzlichen Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Das ist unter anderem die Sicherstellung der Einhaltung des Mindestlohns durch den Zoll zum Beispiel durch „verdachtlose Außenprüfungen„, wobei der überprüfte Sicherheitsdienstleister einer Mitwirkungspflicht unterliegt und Unterlagen bereitstellen muss.

Wie stelle ich mir so eine Außenprüfung genauer vor?

Kleiné: Die Befugnisse des Zolls sind weit gefasst: Er darf Geschäftsräume betreten und Unterlagen mitnehmen. Er kann Dokumentationen vor Ort wie zum Beispiel Wachbücher einsehen, um Arbeitszeiten zu überprüfen. Er darf sogar private Fahrzeuge untersuchen. Wenn Anhaltspunkte für Verstöße vorliegen, wird sofort weiter ermittelt. Der Zoll geht dabei nicht von der Unschuldsvermutung aus, sondern unterstellt Vorsatz.

Warum ist diese Kontrolle so scharf?

Kleiné: Wenn die Einhaltung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindestlohns nicht entsprechend streng geprüft wird, laufen diese Maßnahmen ins Leere. Aber so neu sind diese Pflichten für die Sicherheitsdienstleister nun auch nicht. Denn da nach Stundenbasis vergütet wird, müssen sowieso Dokumentationen über den Arbeitseinsatz geführt werden. Alles muss transparent sein – auch für die Abrechnung in der Lohnbuchhaltung. Nur dass plötzlich ein Kontrolleur in der Lohnbuchhaltung steht und die Unterlagen einsehen möchte, das ist schon neu.

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Lassen Sie uns zur Haftungsproblematik zurückkommen. Was hat sich hier genau verändert?

Kleiné: Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz besagt: Es gibt eine verschuldensunabhängige Durchgriffshaftung. Wenn ich mit Subunternehmen arbeite, deren Konditionen nicht genau überprüft habe, kann ich für Differenzen des nicht gezahlten Lohns in Anspruch genommen werden. Und diese Durchgriffshaftung gilt für alle Glieder in der Auftragskette. Also zum Beispiel vom Museum, das eine Sicherheitsdienstleistung beauftragt, über den Dienstleister bis hin zu den Subunternehmen.

Man kann sich aus dieser Haftung auch nicht herausreden. Man kann die Haftung durch verschiedene Vorkehrungen nur reduzieren, aber nicht komplett ausschließen. Das ist gesetzlich auch so gewollt. Nachdem ein Verstoß alle betrifft, soll dies dazu führen, dass auch alle ein Interesse daran haben, dagegen vorzugehen.

Ein Mitarbeiter, der keinen Mindestlohn erhalten hat, kann also bei mir Ansprüche geltend machen. Ich kann dann zwar versuchen, gegenüber dem „schwarzen Schaf„ Regress zu stellen, aber das ist vielleicht schon insolvent. Dann bleibe ich auf der Summe des Schadens sitzen.

Wie kann man die Haftung reduzieren?

Kleiné: Stichwort Compliance. Jedes gewissenhafte Unternehmen sollte sich ein ordentliches Compliance-System zulegen. Sämtliche Arbeitsprozesse müssen nachhaltig durchleuchtet werden. Gesetze und Regeln müssen installiert und standardisiert umgesetzt werden. Wenn man die Arbeitsprozesse so gestaltet, dass jeder, der Einkäufer ist oder Aufträge vergibt, entsprechende Prüfungen vornehmen kann, – dann gibt es auch keine Probleme. Und hier kommen wir auch wieder zum Thema Subunternehmen: Wenn ich ein solches Unternehmen beauftrage, muss ich es sehr sorgfältig auswählen. Da es ja manchmal bei Aufträgen sehr schnell gehen muss, ist es besser, ich prüfe bereits im Vorfeld, mit wem ich vielleicht längerfristig zusammenarbeiten will, und schaue mir sein Angebot auf Plausibilität hin genau an. Kann zu diesen Konditionen ein Mindestlohn gezahlt werden?

Wenn ich dann bei einem Verstoß gegenüber dem Zoll darlegen kann, dass ich mein Möglichstes getan habe, indem ich die Angebote von Subunternehmen eben sorgfältig geprüft habe, dann habe ich vielleicht etwas bessere Karten.

Das kann man ja auch positiv sehen. Führt diese Überprüfung nicht zu einer Qualitätssteigerung?

Kleiné: Sie haben Recht. In der Tat tut eine solche Vorgehensweise der ganzen Branche gut. Es wird eine Weile dauern, bis diese Prozesse umgesetzt sind, aber letztendlich wird die Qualität verbessert werden. „Schwarze Schafe„ werden einfach keine Aufträge mehr bekommen.

Sind die geschilderten Maßnahmen aber allen Gliedern in der Auftragskette tatsächlich so bewusst?

Kleiné: Eher nicht. Eindeutigen Aufklärungsbedarf sehe ich noch bei den Auftraggebern in der Privatwirtschaft, aber auch der Öffentlichen Hand. Dass jetzt eben auch ein Museum dafür haftet, wenn ein Mitarbeiter für fünf Euro seinen Rembrandt bewacht, das muss allen Betroffenen klar sein. Daher müssen jetzt auch Ausschreibungen so formuliert sein, dass die neuen Anforderungen schon beinhaltet sind. Ich sollte in einer Budget-Planung jetzt auch die steigenden Tariflöhne mit einrechnen. Im Angebot müssen daher auch Preisanpassungsklauseln beinhaltet sein. Nur dann kann man die schwarzen Schafe auch wirklich erkennen. Wenn die Auftraggeber doch wieder nur an den Billigsten vergeben, bleibt die Qualität auf der Strecke.

Interview: Annabelle-Schott-Lung

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