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Quantensprung für Justiz und Sicherheit

Beim neuen Justizzentrum in Düsseldorf-Oberbilk lagen Gebäudeentwurf und Planung der Sicherheits- und Gebäudetechnik in der Verantwortung des Generalplaners AGN Niederberghaus & Partner. Um die hochintegrierte Gebäudeinfrastruktur verlustarm umzusetzen, entschieden sich Bauherr und Generalplaner für eine gewerkespezifische Vergabe.

Der Neubau des Land- und Amtsgerichts Düsseldorf gilt als eines der größten und modernsten Justizzentren in Deutschland.
Der Neubau des Land- und Amtsgerichts Düsseldorf gilt als eines der größten und modernsten Justizzentren in Deutschland.

Die Siemens-Division Building Technologies erhielt den Zuschlag für die komplette Sicherheitstechnik. Die gefühlte Leichtigkeit im Justizzentrum Düsseldorf mit der einladend hellen, mehrgeschossigen Eingangshalle, der großzügigen Treppenanlage und dem Glasdach lässt Besucher und Angestellte vergessen, dass sich hinter Wänden und Decken sowie in Installationskanälen und Technikräumen eine hochkomplexe Infrastruktur an Brandschutz-, Sicherheits- und Medientechnik verbirgt, die reibungslos und für Außenstehende kaum sichtbar und fühlbar miteinander verzahnt arbeitet.

Den Fachplanern von Siganet, einer hundertprozentigen Tochter des Generalplaners AGN Niederberghaus & Partner GmbH, ist es durch eine akribische Vorgehensweise gelungen, die vom Bauherrn vorgegebene Offenheit zu wahren und gleichzeitig eine maximale Sicherheit für Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Angeklagte, Wachpersonal, Beschäftigte und Besucher sowie für das Gebäude herzustellen.

Erfahrungen von Siganet mit ähnlich komplexen gebäude- und sicherheitstechnischen Anlagen überzeugten den Bauherrn, die technischen Gewerke einzeln auszuschreiben, um so eine maximale Konformität zwischen Ausschreibung und Ausführung zu erreichen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Brandschutz- und Sicherheitstechnik, die in einem Gebäude wie dem Justizzentrum aufgrund der komplexen Funktionen nur mit ausgewählten Fabrikaten, leistungsfähigen Systemkomponenten und nicht zuletzt mit dem spezifischen Know-how des jeweiligen Anbieters realisiert werden können.

Aus einer Hand

Die Niederlassung Düsseldorf der Siemens-Division Building Technologies legte dazu das sowohl wirtschaftlich überzeugendste wie auch technisch anspruchsvollste Angebot vor und erhielt den Zuschlag für die gesamte Sicherheitstechnik. Herzstück des Sicherheitskonzeptes ist der Gefahrenmeldeanlagen(GMA)-Manager Topsis von Siemens mit drei Arbeitsplätzen, auf den alle peripheren sicherheitsrelevanten Systeme, wie Brandmelde- und Überfallmeldeanlage, Videotechnik, Zellenrufanlage, Zutrittskontrolle, Fluchttürsteuerung, analoge Funkanlage für die Kommunikation von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), digitaler Bündelfunk Tetra sowie die Sicherheitsfunktionen von Sprechanlagen und Gebäudeautomation zusammenfließen.

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Brand-, Einbruch- und Überfallmeldeanlagen sind über redundant aufgebaute Schnittstellen mit der GMA-Leitebene verbunden. Vom parallel installierten Gebäudeautomationssystem werden sicherheitsrelevante Ereignisse und Daten auf die GMA-Ebene übertragen und mit den dort hinterlegten Funktionen abgeglichen.

Hohe Ansprüche an Fluchttürsteuerung

Aufgrund der Komplexität und Sensibilität der sicherheitstechnischen Einrichtungen sowie deren Vernetzung mit dem Topsis-Leitsystem werden an die Bedienung des Gefahrenmeldesystems hohe fachliche Anforderungen gestellt, insbesondere wenn es darum geht, Risiken abzuwägen und Strategien umzusetzen, beispielsweise die Fluchttürsteuerung für Angeklagte oder Häftlinge im Brandfall. Bei den Sicherheitstechnik-Fachplanern gilt die Tür- und Fluchttürsteuerung unter Einbeziehung von Brandschutzanlagen, Videoüberwachung sowie Einbruch- und Überfallmeldeanlagen als die wohl anspruchsvollste Planungsdisziplin.

Insgesamt sind die Subsysteme tief in das Gefahrenmanagementsystem Topsis integriert, denn nur so lassen sich die komplexen Überwachungs-/Verriegelungs- und Fluchtwege-Freigabe-Prozedere konform mit den verwaltungsrechtlichen Vorschriften sicher umsetzen. Insgesamt werden über das Topsis-System rund 3.500 Informationspunkte überwacht, davon etwa die Hälfte „automatisiert“, das heißt, das Topsis-System entscheidet selbsttätig, welche Schaltverknüpfungen auf bestimmte Ereignisse erfolgen müssen.

Eine große Herausforderung für den Generalplaner sowie die Anbieter der Fluchttürsteuerung und Sicherheitstechnik war der mechanische Teil der Türen (Zargen, Türblatt, elektrischer/elektronischer Anschluss), also die Erfüllung bestimmter Einbruch-Widerstandsklassen in Abhängigkeit der Gefahrensituation des jeweiligen Raumes oder Flures.

Sogar für den TÜV war die Überprüfung der im Pflichtenheft von Siganet beschriebenen Funktionalitäten der Fluchttürsteuerung anfänglich eine ungewohnt komplexe Aufgabe, jedoch anhand der vom Planer erstellten Matrix über die peripheren Verknüpfungen zu den zahlreichen Subsystemen widerspruchslos nachvollziehbar. Letztendlich entsprechen die Sicherheitsanforderungen im Justizzentrum ähnlich hohen Ansprüchen denen eines Kernkraftwerks.

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