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Querschnittsdenker

Der Beruf des Sicherheitsberaters ist nicht geschützt. Jeder kann sich so nennen. Der Sicherheitsberater, den Wirtschaft und Verwaltung zur Lösung komplexer Sicherheitsprobleme benötigen, muss ein Querschnittsdenker sein, und das macht die Suche nach einem geeigneten Berater schon schwerer und engt den Kreis ein.

Die Auswahl eines geeigneten Beraters bereitet oftmals Kopfzerbrechen.
Die Auswahl eines geeigneten Beraters bereitet oftmals Kopfzerbrechen.

Wenn man genau ist, dann gibt es viele Aufgabenstellungen, die ein Querschnittsdenker gar nicht alle bedenken kann. Es muss also auch ein Querschnitts-wissender sein. Da Sicherheit viele Gebiete tangiert oder von diesen beeinflusst wird, läuft es darauf hinaus, dass ein „Einzelkämpfer“ sich entweder auf ein Sicherheitsthema wie zum Beispiel Krisen-Kommunikation spezialisieren kann. Das mag gelegentlich ausreichend sein, wenn die Beratung Richtungen vorgeben soll, sich auf Konzepte beschränkt und das Projekt überschaubar ist.

Dann stellt sich aber die Frage: Wer soll die zielführenden Detaillösungen erarbeiten? Sind die Konzepte auch stimmig und technisch und organisatorisch umsetzbar? Querschnittdenken und Querschnittwissen kann nicht in einer Person über das ganze Themenspektrum abgebildet werden. Es braucht Teams.

Teamwork gefragt

Ein Unternehmen der Elektronik-Zulieferindustrie plant beispielsweise ein neues Werk an einem neuen Standort. Die „Zutaten“ zu den Produkten sind teilweise Massenprodukte, aber auch Edelmetalle und hochwertige Teile. Dazu gehören Betriebsmittel, die ausfallsicher mit Strom zu versorgen sind, da die Prozesse „zwangsläufige“ sind. Werden sie durch Stromausfall gestoppt, gehen teilweise auch die Maschinen kaputt, was zu Ausfallzeiten von bis zu zwölf Wochen führt.

Eine Fabrikplanung entwirft die idealen Prozessabläufe von der Anlieferung der Rohstoffe und Vorprodukte sowie Teile über deren Zwischenlagerung, Produktion, Qualitätsprüfung, Verpackung und Einlagerung in das Hochregallager oder den direkten Versand von Teilen. Teile der Produktion sind für den Export bestimmt, und wegen der Hochwertigkeit der Produkte werden sie schon bei der Endfertigung für die Luftfracht aufbereitet, indem spezielle, Gewicht sparende Kartonagen verwendet werden.

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Jeder weiß ab diesem Zeitpunkt, dass diese Ware per Luftfracht versendet werden wird, vielleicht noch nicht wohin. Aber schon greifen nationale und EU-Luftsicherheitsvorschriften. Damit in die Kartonagen keine Sprengmittel eingebettet werden können, dürfen alle folgenden Prozesse und gegebenenfalls auch schon zurück liegende nur unter strengen Sicherungsvorkehrungen erfolgen, die Raumtrennungen, sichere Läger, Zutrittssicherung, überprüftes Personal, separate Prozesse, Gefahrenmeldetechnik, Videoüberwachungen umfassen und sicherstellen, dass niemand die Luftfracht mehr manipulieren kann.

Das Wissen um die gesetzlichen Anforderungen und die produktionstechnisch-organisatorischen und sicherungstechnischen Erfordernisse muss zusammengeführt werden. Und schon ist man wieder bei einem Querschnittswissen, das nicht jedermann haben kann.

Aber das ist nur ein Aspekt. Sicherheit wird von vielen Beratern als Eigentumsschutz definiert. Komplexe Sicherung von Werten ist ein vergleichsweise einfach zu lösendes Thema. Komplexer wird es, wenn man Sicherheit als Verfügbarkeit betrachtet, und darauf läuft die Beratung zunehmend hinaus. Erarbeite ich ein Sicherheitskonzept mit einem detaillierten Lastenheft für ein Rechenzentrum oder ein Forschungs- und Entwicklungsgebäude mit Laboratorien und Versuchseinrichtungen, muss der Objektschutz unter Aspekten der Business Continuity ingenieurmäßig betrachtet und gestaltet werden. Es muss zudem eine Qualitätssicherung stattfinden, welche alle Planungsgewerke von Elektrotechnik, Netzen und Gefahrenmeldetechnik über Heizung-, Klima- und Sanitärplanung, die Elektroversorgung einschließlich der Konzepte für die Netzersatzanlagen umfasst und auch die Qualität in der Errichtung sicher stellt. Das alles ist Fachingenieurarbeit mit Sicherheitsdenke.

Auswahlkriterien

Da stellt sich beim Einkauf dieser Dienstleistung die Frage: Was sollte eine gute Sicherheitsberatung und -planung auszeichnen? Ideale Voraussetzung bringen Berater mit, die eine abgeschlossene Hochschulausbildung als Elektro-, Nachrichten- und Bauingenieure haben und sich dann auf die Anwendung ihres Wissens auf dem Gebiet der Sicherheit konzentrieren. Sicherheitsberatung braucht auch Betriebswirte und Organisatoren, denn Prozesse beeinflussen Sicherheit und Verfügbarkeit genauso wie technische Einrichtungen.

Es gibt Beratungs- und Planungsunternehmen, die allen Neueinstellungen eine Einarbeitung auf den verschiedenen Feldern bieten, um so ein breites Sicherheitswissen mit dem vertieften Spezialwissen zu verbinden. Das gilt im IT-Bereich auch für Informatiker, die sich speziell auf Sicherheit in der Informatik konzentrieren. Sie müssen auch die allgemeinen Sicherheitsthemen beherrschen. Gute Sicherheitsberatung heißt: Querschnittswissen unter einheitlicher Zielführung arbeitsteilig zu implementieren. Das Basiswissen aus den anderen Disziplinen lässt erkennen, wo die eigenen Grenzen sind und man den Kollegen mit der anderen Studienrichtung zur Vertiefung ins Projekt holen muss.

Leistung aus einer Hand

Ideale Voraussetzungen bringen Berater und Planer mit, die nicht mit Netzwerken - also Subunternehmern oder Arbeitsgemeinschaften - an komplexe Aufgaben herangehen, sondern mit eigenen Mitarbeitern operieren. Denn es zeigt sich immer wieder, dass der Zusammenschluss mit Netzwerken zu Qualitätsproblemen, zu konzeptionellen Brüchen und oft auch zu Widersprüchen führen kann. Konzepte werden nicht nach einheitlicher Philosophie durchgeplant, sondern jeder gibt sein Bestes - aber das kann eben auch ein Stückwerk sein. Problematisch wird es beispielsweise, wenn gegen Ende des Projekts neue Aufträge auf den einen oder anderen Partner zukommen. Oft werden dann die auslaufenden vernachlässigt, es gibt Reklamationen und man ist insgesamt unzufrieden. Genauso schlimm ist, wenn der Kunde Folgeaufträge vergeben will und wegen neuer Aufträge der Teammitglieder eine andere Zusammensetzung entsteht.

Sicherheitsarbeit ist ein Vertrauensthema. Daher sind Referenzen wichtig, die man auch hinterfragen sollte. So sollte man sich die Ansprechpartner benennen lassen und fragen, welche Leistung erbracht wurde, vor allem, wenn die Unternehmen noch nicht lange am Markt sind. Es sollten dann auch die Mitarbeiter benannt werden, die das Projekt bearbeiten sollen und deren persönliche Referenzen hinterfragt werden.

Unabhängigkeit

Viele Berater und Planer stehen oft - leider auch nicht immer erkennbar - im Brot von Herstellern und Anbietern. Wenn die Verhältnisse klar sind, ist dagegen kaum etwas einzuwenden. Der Auftraggeber weiß dann, in welche Richtung Lösungsansätze gegebenenfalls tendieren, welche Produkte hinter den Konzepten stehen. Kritisch wird die Bindung an Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, wenn das nicht transparent ist. So kommt es vor, dass Berater/Planer sich sogar Pläne und komplette Leistungsverzeichnisse von Herstellern mit dem eigenen Plankopf erstellen lassen, dem Kunden dadurch vortäuschen, eine eigene Leistung zu erbringen. Hohe Preisdifferenzen der Anbieter sollten daher hinterfragt werden. Billiganbieter müssen sich auf andere Weise „erholen“ - sie erhalten nicht selten Provisionen von Errichtern.

Man sollte sich die jeweilige Betriebszugehörigkeit der im Projekt eingesetzten Mitarbeiter benennen lassen. Es gibt Fälle, wo ein Kunde nach 15 Jahren in einem neuen Projekt das gleiche Team bekommen kann, mit dem er schon vor 15 Jahren zufrieden war.

Rainer A.H. v. zur Mühlen, Gründer der von zur Mühlen’sche GmbH, Sicherheitsberatung, Rechenzentrumsplanung (VZM)

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