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Rechtslagen-Vergleich

Teil 2

Einwilligung in die Bilddatenerhebung durch Kunden?

Gemäß § 50 a Abs. 3 des österreichischen DSG sind schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen nicht verletzt, wenn Bilddaten über ein Verhalten verarbeitet werden, das ohne jeden Zweifel den Schluss zulässt, dass es darauf gerichtet war, öffentlich wahrgenommen zu werden (Ziffer 2) und/oder wenn der Betroffene der Verwendung der Daten im Rahmen der Überwachung ausdrücklich zugestimmt hat (Ziffer 3). Derartige Rechtfertigungsgründe finden sich auch in Artikel 13 Abs. 1 des schweizerischen DSG (keine Persönlichkeitsrechtsverletzung bei Einwilligung des Verletzten) und § 4 Abs. 1 des BDSG. Allerdings ist nach § 4 a BDSG die Einwilligung nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Er ist insofern auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie - soweit nach den Umständen des Einzelfalls erforderlich oder auf Verlangen - auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Auch nach Artikel 4 Abs. 5 des schweizerischen DSG ist eine Einwilligung erst gültig, wenn sie nach angemessener Information freiwillig erfolgt.

Wollte der Betreiber eines Kaufhauses die Zustimmung seiner Kunden einholen, müsste er diese also zunächst vor dem Betreten hinreichend über die Art und Weise der Videoüberwachung aufklären - was bereits aus Praktikabilitätsgründen nicht möglich ist. Von einer konkludenten Einwilligung darf jedenfalls nicht ausgegangen werden, weil die Erfassung durch Kameras - anders als zum Beispiel bei Straßenkünstlern - vom Kunden nicht gesucht, sondern eher erduldet wird. Denn einer Videoüberwachung in Geschäften kann man sich aufgrund von deren Verbreitung heute kaum noch entziehen.

Überwiegende Interessen des Anwenders

Nach allen drei Datenschutzgesetzen ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte/schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen aber auch gerechtfertigt, wenn die (Bild-)Datenerhebung der Wahrnehmung berechtigter Interessen des Betreibers dient und diese die Interessen der Betroffenen überwiegen. Gemäß § 50 a Abs. 4 Ziffer 1 des österreichischen DSG ist dies unter anderem der Fall, wenn „bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, das überwachte Objekt oder die überwachte Person könnte das Ziel oder der Ort eines gefährlichen Angriffs werden“. Das deutsche BDSG ist an dieser Stelle weniger konkret, hier wird in § 6 b auf die „Wahrnehmung des Hausrechtes“ oder die „Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke“ abgestellt. Gleiches gilt für Artikel 13 des schweizerischen DSG, in dem lediglich vom Überwiegen eines privaten oder öffentlichen Interesses die Rede ist.

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In allen drei Ländern ist man sich jedoch einig, dass der Schutz vor Sachbeschädigungen, Diebstählen, betrügerischen Manipulationen und Überfällen berechtigte Interessen von Kaufhausbetreibern darstellen, die die Interessen der Kunden, die ja nur für einen kurzen Zeitraum überwacht werden, in der Regel überwiegen. In Österreich wird dabei zwischen dem sogenannten Eigenschutz (das heißt Schutz der Person und des Eigentums des Auftraggebers) und dem sogenannten „Verantwortungsschutz“ (das heißt die Wahrnahme von Verkehrssicherungspflichten in Bezug auf Besucher und Kunden) unterschieden (vgl. § 50 a Abs. 2 DSG). Auch ist die Sicherung der zu den o. a. Zwecken erhobenen Videodaten, um diese als Beweis vor Gericht verwenden zu können (sogenannte Beweissicherung), ausdrücklich im Gesetz als gerechtfertigter Zweck genannt. Dies ist zwar in den Datenschutzgesetzen Deutschland und der Schweiz nicht ausdrücklich genannt, wird jedoch von der Rechtsprechung als rechtfertigender Zweck anerkannt.

Verhältnismäßigkeit

Auch wenn die Videoüberwachung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient, muss der Betreiber bei deren Einsatz in allen drei Ländern das Verhältnismäßigkeitsgebot beachten. So hat nach Artikel 4 Abs. 2 des schweizerischen DSG die Bearbeitung von Personendaten nach Treu und Glauben zu erfolgen und muss verhältnismäßig sein. Gemäß § 7 Abs. 3 des österreichischen DSG setzt die Zulässigkeit einer Datenanwendung voraus, dass die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgt. Gemäß § 6 b BDSG ist die Überwachung beziehungsweise Verarbeitung der Bilddaten auch bei Wahrnehmung berechtigter Interessen nur zulässig, wenn sie erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Danach ist in allen drei Ländern vom Betreiber stets zu prüfen, ob die eingesetzten Maßnahmen geeignet sind, um die verfolgten Zwecke zu erreichen (Zweckmäßigkeit), ob die Videoüberwachung zur Zweckverfolgung erforderlich ist, also keine milderen - gleich tauglichen - Mittel bestehen (Erforderlichkeit) und ob die Videoüberwachung den Betroffenen im Einzelfall auch zumutbar ist, um überwiegende Interessen durchzusetzen (Angemessenheit).

Zweckmäßigkeit

Dass der Einsatz von Kameras zur Abwehr von Diebstählen, Sachbeschädigungen oder Übergriffen beziehungsweise zur Beweissicherung im Retail-Bereich zweckmäßig ist, dürfte unstreitig sein. Der Betreiber einer solchen Maßnahme muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass er die Kameras auch nur zu diesen Zwecken einsetzen darf. Eine Verwendung der erhobenen Bilddaten für andere Zwecke (zum Beispiel Marketing) wäre nach den genannten Datenschutzregelungen unzulässig. Dies setzt jedoch voraus, dass es sich tatsächlich um Bilddatenerhebung handelt. Dies könnte beim Einsatz von Kamerasystemen fraglich sein, bei denen lediglich statistische Daten erhoben werden, die nicht mehr in Bilddaten umgewandelt werden können. Beim Betrieb derartiger Systeme zum Zwecke des „People counting“ oder für Verhaltensanalysen muss jedoch darauf geachtet werden, dass keine Verknüpfung mit den gleichzeitig betriebenen Überwachungssystemen besteht.

Erforderlichkeit

Der Betreiber einer Überwachungsanlage muss sich des Weiteren stets fragen, ob es keine anderen Mittel zum Eigen- beziehungsweise Fremdschutz gibt, die den gleichen Zweck erfüllen, aber weniger in die Rechte der Betroffenen eingreifen. Insofern ist auch der verstärkte Einsatz von Aufsichtspersonal, die Einrichtung räumlicher Sperren oder die Anbringung elektronischer Warensicherungen zu erwägen. Muss die Überwachung „flächendeckend“ und „rund um die Uhr“ erfolgen, wenn auch eine Überwachung von Schwerpunkten beziehungsweise in bestimmten Zeiträumen ausreichen könnte? Müssen die Bilder wirklich gespeichert werden oder reicht nicht eine Echtzeitüberwachung (sogenanntes Monitoring) aus? Nach österreichischer Rechtslage geht man sogar davon aus, dass beim Monitoring schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzt sind (vgl. § 50 a Abs. 4 Ziffer 3 DSG).

Was den Retail-Bereich angeht, so wird in allen drei Ländern von der Erforderlichkeit der dort eingesetzten Kamerasysteme in der Regel ausgegangen. Das Amtsgericht Hamburg hat in einer Entscheidung vom 22.04.2008 unter anderem festgestellt, dass Videoaufzeichnungen als Beweismittel besser geeignet sind als Zeugenaussagen (zum Beispiel eines Wachmannes). Allerdings muss in allen drei Ländern auch eine hinreichend konkrete Gefahr von Übergriffen vorliegen. Dieses Merkmal ist in Anbetracht der hohen Diebstahlsraten im Einzelhandel regelmäßig gegeben.

Angemessenheit

Selbst wenn eine Videoüberwachung aber zweckmäßig und erforderlich ist, darf sie in allen drei Ländern nicht zum Einsatz kommen, wenn damit in unzumutbarer Weise in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingegriffen wird. Dies ist regelmäßig der Fall in Räumlichkeiten, in den Kommunikation beziehungsweise soziale Interaktion stattfindet (sogenannte Privatsphäre). Aus diesem Grunde sind beispielsweise gastronomische Bereiche (zum Beispiel die Stehtische vor dem Verkaufsstand einer Bäckerei) auszupixeln oder zu maskieren. Gleiches gilt für sogenannte Raucherecken, an denen Mitarbeiter oder auch Kunden ihrem Laster frönen. Absolut unzumutbar ist eine Bilddatenerhebung schließlich in Sanitär- oder Umkleideräumen, weil dort die Intimsphäre betroffen ist. Auch wenn viele Kaufhausdiebstähle in den Umkleidekabinen vorbereitet werden, darf dort also nicht gefilmt werden. In Österreich ist dies sogar ausdrücklich durch § 50 a Abs. 5 DSG (keine Überwachung des höchstpersönlichen Lebensbereiches eines Betroffenen) verboten. In allen übrigen Bereichen eines Einkaufsmarktes (zum Beispiel Eingang, Regale, Kassen) fällt die Abwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen der Kunden einerseits und den anzuerkennenden Zwecken des Betreibers andererseits zugunsten des Letzteren aus, weil der nur kurzzeitige Eingriff in Persönlichkeitsrechte in der sogenannten Sozial- oder Geschäftsphäre in der Regel zu dulden ist.

Überwachung von Mitarbeitern

In allen drei Ländern ist man sich einig, dass bei der Videoüberwachung auf die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen ist. Denn im Gegensatz zu den nur kurzzeitig erfassten Kunden sind die Mitarbeiter durch die in den Einkaufsmärkten angebrachten Systeme einer permanenten Überwachung ausgesetzt. Die Kameras sind daher in der Regel so auszurichten, dass Mitarbeiter so wenig wie möglich, jedenfalls aber nicht frontal, ins Bild geraten. Dies geschieht am besten dadurch, dass zum Beispiel bei Arbeitsplätzen am Verkaufstresen oder an der Kasse die Aufnahmen von hinten über die Schulter des Mitarbeiters erfolgen (siehe hierzu auch die Hinweise des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten zur Positionierung von Videokameras in Warenhäusern und in Banken).

Permanente Schreibtischarbeitsplätze sollten gar nicht erfasst oder jedenfalls ausgepixelt beziehungsweise maskiert werden. Ansonsten ist bei jeder Erfassung von Betriebsabläufen (zum Beispiel Erfassung der Packstation im Lager) eine Abwägung zwischen den Interessen des Betreibers auf Kontrolle und Beweissicherung einerseits und den Interessen des Mitarbeiters vor allzu starker Beeinträchtigung seiner Bewegungsfreiheit andererseits abzuwägen. In Bereichen, in denen die Sicherungsinteressen des Betreibers in besonderem Maße berührt sind (zum Beispiel Tresorräume), ist eine dauernde Überwachung in der Regel gerechtfertigt.

Verbot der Verhaltenskontrolle

Selbst bei einem schonenden Einsatz von Überwachungskameras sind die damit erhobenen Aufnahmen für den Betreiber und Arbeitgeber durchaus geeignet, auch das Verhalten und die Leistung seiner Arbeitnehmer zu kontrollieren. Eine Bilddatenerhebung und Auswertung zu diesen Zwecken ist jedoch in allen drei Ländern verboten. In Österreich bringt dies § 50 a Abs. 5 Satz 2 DSG mit dem Satz „Weiters ist die Videoüberwachung zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle an Arbeitsstätten untersagt“ auf den Punkt. Dabei handelt es sich um ein absolutes Verbot, das auch nicht durch die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers - deren Freiwilligkeit im Arbeitsverhältnis ohnehin anzuzweifeln wäre - umgangen werden kann (vgl. Beschluss der österreichischen Datenschutzkommission vom 23.11.2012). Auch in der Schweiz sind Überwachungs- oder Kontrollsysteme, die das Verhalten der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz überwachen sollen, unzulässig (vgl. Artikel 26 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz). Sind derartige Systeme aus anderen Gründen (zum Beispiel zur Sicherheits- oder Leistungsüberwachung) erforderlich, sind sie so zu gestalten und anzuordnen, dass die Gesundheit und Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmer dadurch nicht beeinträchtigt wird. Insofern ist in der Schweiz eine sogenannte „Leistungsüberwachung“ zugelassen, wobei jedoch die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss (vgl. Wegleitung der SECO zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz).

In Deutschland fehlt es derzeit noch an einem ausdrücklichen gesetzlichen Verbot der Verhaltenskontrolle. Denn der seit nunmehr über zwei Jahre vorliegende Gesetzentwurf zum Beschäftigtendatenschutz, wonach Daten der Videoüberwachung nicht für eine allgemeine Verhaltenskontrolle erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen (vgl. § 32 f. Abs. 2 BDSG), ist immer noch nicht in Kraft gesetzt worden. Es liegen jedoch mehrere Grundsatzentscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes vor, wonach Überwachungsmaßnahmen nicht zu einer anlassunabhängigen Leistungs- und Verhaltenskontrolle eingesetzt werden dürfen (vgl. BAG, Urteile vom 29.06.2004 und 26.08.2008). Ansonsten können in Deutschland personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist (vgl. § 32 BDSG). Gleiches gilt in der Schweiz gemäß Artikel 328 b des Obligationenrechtes. Nach diesen Regelungen dürfte die Bilddatenerhebung in Bezug auf Mitarbeiter jedenfalls zur Zutrittskontrolle, zur Autorisierung und Authentifizierung sowie zur Wahrnahme von Fürsorgepflichten (zum Beispiel Sicherheit der Beschäftigten) zulässig sein.

Aufdeckung von Straftaten

In Anbetracht der Tatsache, dass mehr als 50 Prozent aller Vermögensdelikte im Retail-Bereich von Mitarbeitern begangen werden, liegt es für den Arbeitgeber nahe, Videokameras auch gezielt zur Aufdeckung derartiger Straftaten einzusetzen. Dies ist jedoch in allen drei Ländern nur in eng umschriebenen Grenzen möglich, da die Verfolgung von Straftaten in erster Linie Sache der Ordnungsbehörden ist. So dürfen in Deutschland personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG). Allerdings muss auch in einem solchen Fall die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein, insbesondere was Art und Ausmaß der Überwachung im Hinblick auf den Anlass angeht. Nach herrschender Meinung wird durch diese Vorschrift auch der heimliche Kameraeinsatz bei Verdacht von Diebstahl oder Unterschlagung legitimiert. Sollte allerdings das Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz in seiner jetziger Form in Kraft treten, wäre dies gemäß § 32 e des Entwurfes nicht mehr zulässig.

In der Schweiz gibt es keine vergleichbaren Vorschriften. Nach Hinweisen des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten ist der Einsatz eines Überwachungssystems durch den Arbeitgeber zur Aufdeckung von Straftaten ausnahmsweise zulässig, wenn Notstand besteht (das heißt wenn alle anderen Mittel versagt haben und akuter Handlungsbedarf besteht). Der Arbeitgeber ist aber in solchen Fällen gehalten, sobald als möglich eine eventuelle weitere Überwachung durch die zuständige Behörde bewilligen zu lassen. Dem hat eine Anzeige gegen Unbekannt voranzugehen, wonach die Überwachung dann in der Regel richterlich oder gerichtspolizeilich angeordnet wird. In Österreich gibt es keine vergleichbaren Regelungen, hier dürfte die Bilddatenerhebung zur Aufdeckung von Straftaten nur zulässig sein, wenn dies ausdrücklich durch die Ordnungsbehörden angeordnet beziehungsweise erlaubt worden ist.

Mitbestimmung

In allen drei Ländern haben Arbeitgeber ihre Mitarbeiter über die Einführung von Videoüberwachungsmaßnahmen zumindest zu informieren. So hat der Betriebsinhaber nach dem österreichischen Arbeitsverfassungsgesetz dem Betriebsrat Mitteilung zu machen, welche Arten von personenbezogenen Arbeitnehmerdaten er automationsunterstützt aufzeichnet und welche Verarbeitungen und Übermittlungen er vorsieht. Dem Betriebsrat ist auf Verlangen die Überprüfung der Grundlagen für die Verarbeitung und Übermittlung zu ermöglichen (vgl. § 91 Abs. 2 ArbVG). Auch in der Schweiz muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass alle in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ausreichend und angemessen informiert und angeleitet werden über die bei ihren Tätigkeiten auftretenden Gefahren sowie über die Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge zu deren Verhütung (vgl. Artikel 5 der Verordnung Nr. 3 zum Arbeitsgesetz). Hierunter ist auch die Einführung von technischen Überwachungssystemen zu subsumieren. Vergleichbare Informationspflichten ergeben sich in Deutschland aus dem Betriebsverfassungsgesetz beziehungsweise dem Bundesdatenschutzgesetz.

Rechtslage in Deutschland

Insbesondere aber unterliegt die Einführung von Videoüberwachungsmaßnahmen auch der arbeitsrechtlichen Mitbestimmung. So ist in Deutschland der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen, in jedem Falle zu beteiligen. Dabei reicht es aus, dass diese Einrichtungen zu einer Verhaltens- beziehungsweise Leistungskontrolle lediglich geeignet sind, was bei Videoüberwachungsanlagen stets der Fall ist. Das Mitbestimmungsrecht realisiert sich in der Regel durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen, die im Übrigen auch nach Datenschutzrecht eine legitimierende Rechtsgrundlage für die Datenerhebung darstellen (sogenannte „andere Rechtsvorschrift“ i. S. v. § 4 Abs. 1 BDSG). In der zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung ausgehandelten Betriebsvereinbarung sind die einzuführenden Maßnahmen sowie die technischen Parameter des Überwachungssystems detailliert zu beschreiben.

Des Weiteren werden konkrete Regelungen über die Zugangs- und Zugriffsberechtigung, über die Auswertung der Daten (zum Beispiel Vier-Augen-Prinzip), über die Speicherung, Löschung sowie Nutzung und Weitergabe der Bilddaten aufgestellt. Zumeist enthalten derartige Betriebsvereinbarungen auch Bestimmungen, nach denen die beschlossenen Maßnahmen in regelmäßigen Abständen auf deren Sinnhaftigkeit überprüft werden. Erfahrungsgemäß verlangt der Betriebsrat in den Verhandlungen größere Einschränkungen des Kameraeinsatzes, als nach Datenschutzrecht möglich und aus Sicherheitsgründen geboten wäre. Kommt daher eine Einigung über den Abschluss der Vereinbarung nicht zustande, so kann in Deutschland die Einigungsstelle eingerufen werden (vgl. § 87 Abs. 2 i. V. m. § 76 Betriebsverfassungsgesetz), welche auf Antrag des Arbeitgebers die Zustimmung des Betriebsrates durch einen eigenen Spruch ersetzen kann. Sind die Parteien mit diesem Spruch nicht einverstanden, so ist eine arbeitsgerichtliche Überprüfung im Instanzenweg möglich.

Rechtslage in Österreich

In Österreich hingegen kann der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrates zur Einführung derartiger Systeme nicht erzwingen. Zwar sieht auch hier das einschlägige Arbeitsverfassungsgesetz den Abschluss von Betriebsvereinbarungen in Bezug auf „Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung“ vor (vgl. § 97 Abs. 1 Ziffer 9 ArbVG). Die Zustimmung des Betriebsrates kann im Streitfall aber nur dann durch eine Entscheidung der Schlichtungsstelle ersetzt werden, wenn es um die Einführung von Systemen zur automationsunterstützenden Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung von personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers geht (vgl. § 96 a Abs. 1 ArbVG). Handelt es sich hingegen um die Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeitnehmer, die deren Menschenwürde berühren (können) (vgl. § 96 Abs. 1 Ziffer 3 ArbVG), ist dieser Rekurs nicht möglich. In Österreich geht die herrschende Meinung davon aus, dass Videoüberwachungsmaßnahmen in jedem Falle die Menschenwürde von Arbeitnehmern berühren, sodass der Betriebsrat im Streitfall die Einführung der Videoüberwachung blockieren kann.

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