Weshalb haben wir das Gefühl, von Skandalen überschüttet zu werden? Das liegt an verschiedenen Faktoren: Zum einen hat Social Media dazu geführt, dass die Unternehmen ihr Informationsmonopol über die eigenen Themen verloren haben. Zum anderen erlangt der Informationsanspruch der Öffentlichkeit gegenüber dem Informationsschutz von Unternehmen einen immer höheren Stellenwert. Und schließlich hat ein Wertewandel hin zu nachhaltigem und verantwortungsvollen Wirtschaften den gesellschaftspolitischen Druck auf die Unternehmen stark erhöht.
Themen wie Produktionsbedingungen, Vorstandsgehälter oder Mitarbeiterführung werden heute öffentlich verhandelt. Das erhöht die Bedeutung von Prävention in der Kommunikation: Wer gut vorbereitet ist, kann bei Problemen früher gegensteuern, durchdacht und schnell handeln und im Ernstfall somit sicher und souverän Entscheidungen treffen – und Skandale verhindern. Ein entsprechendes Präventionsprogramm sollte folgende Punkte beinhalten:
- Risiken erkennen: Welche Aspekte des Unternehmens können als kritisch wahrgenommen werden? Über gezieltes Issues Management werden potenziell kritische Themen und Handlungsfelder des Unternehmens identifiziert. Für Bereiche mit besonders hohem Reputationsrisiko sollten Lösungen entwickelt werden. Dazu gehören beispielsweise die Themen Datenschutz und Datensicherheit, Compliance oder Produktionsbedingungen. Um die Reputation bereichsübergreifend zu sichern, ist ein effizientes Schnittstellenmanagement zu empfehlen: Gerade die Kooperation zwischen Kommunikationsexperten und Corporate-Security-Verantwortlichen adressiert zentrale Reputationsrisiken, wie beispielsweise am Empfang, der gerne von unangekündigten TV-Teams mit Kamera überrascht wird.
- Strukturen und Prozesse schaffen: Nur wer Strukturen und Abläufe für den Ausnahmefall festlegt, kann schnell und effizient reagieren: Wie werden Risiken und Vorfälle gemeldet? Wer bewertet die Reaktions- und Eskalationslevel? Wer gehört ins Krisenteam? Wer äußert sich bei Medienanfragen vor der Kamera? Diese und weitere zentrale Fragen des Krisenmanagements sollten in einem stets aktuellen Krisenhandbuch beantwortet werden.
- Dialoge managen: Die medialen Veränderungen durch Social Media sind gewaltig: Das Gefahren- und Risikopotenzial ist ebenso groß wie der Nutzen für die Unternehmen. Einerseits sollten Unternehmen die Gefahren, die online lauern, kennen und bewerten können. Dazu gehört vor allem ein Social Media Monitoring mit einer klaren Regelung zum Umgang mit vehementer, öffentlicher Kritik. Andererseits bietet Social Media gerade für akutes Krisen-Kommunikationsmanagement Chancen in der Steuerung der öffentlichen Meinung: Kritischer Berichterstattung in den klassischen Medien kann hier wirkungsvoll entgegengetreten werden.
- Krisenübungen: Wenn die Abläufe notiert sowie die Strukturen und Prozesse implementiert sind, gilt es sie zu festigen: In regelmäßigen Krisenübungen werden potenzielle, kritische Issues beziehungsweise Szenarios mit allen am Krisenmanagement Beteiligten in Echtzeit durchgespielt. Diese Übungen sollten ein- bis zweimal pro Jahr durchgeführt werden.
- Medientraining: Krisenstatements stellen hohe Anforderungen an die Souveränität des Sprechers. Damit die Statement-Geber auch unter hohem Druck ihre Rolle souverän ausfüllen, sollten sie sich über Medientrainings mit Kamera Sicherheit im Umgang mit dieser Situation verschaffen.
Tina Glasl, Tina Glasl Kommunikation