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Zutrittskontrolle 8. Juni 2020

Sicherheitskontrollen an Flughäfen

Zur Gewährleistung der Sicherheit an Flughäfen kommt den Kontrollen und der eingesetzten Technik besondere Verantwortung zu.

Um Fluggästen ein sicheres Abheben zu gewährleisten, kommt der Technik und den Kontrollen von Personen und Gepäck eine besondere Bedeutung zu. PROTECTOR hat sich am Flughafen München über aktuelle Herausforderungen und geeignete Maßnahmen informiert.

Mit einer Kontrollschleuse über zwei Kontrollspuren mit neuen Systemen zur Handgepäckkontrolle im Terminal 2 des Flughafens München hat 2019 das Luftamt Südbayern eine komfortablere und sicherere Passagierkontrolle eingeführt. Das Luftamt Südbayern der Regierung von Oberbayern ist eine der beiden bayerischen Landes-Luftfahrtbehörden und unter anderem zuständig für die Genehmigung von Flugplätzen (Flughäfen, Landeplätze, Segelfluggelände) sowie für den Flugbetrieb, etwa für die Aufstiegserlaubnisse von Drohnen oder die Zulassung von Nachtflügen an bestimmten Flugplätzen. Die Luftsicherheitsstellen an den Flughäfen München und Memmingen organisieren und überwachen die Kontrolle der Fluggäste sowie des Reisegepäcks. Sie prüfen zudem die Zuverlässigkeit derjenigen, die dort im Sicherheitsbereich arbeiten. Anders als in anderen Bundesländern wird die Luftsicherheit in Bayern auf Landesebene durchgeführt, also nicht durch den Bund (Bundespolizei), das heißt, die gesamte Organisation, Ausstattung und Finanzierung sämtlicher Luftsicherheitsaufgaben erfolgt durch das Bundesland Bayern.

Reduzierung der Wartezeit an Flughäfen

Das Ziel der neuen Systeme zur Handgepäckdurchleuchtung ist es, nicht nur die Sicherheit der Passagiere und des Flugbetriebs zu erhöhen, sondern auch Wartezeiten an den Kontrollspuren zu reduzieren und insgesamt ein komfortables und sicherheitstechnisch modernes Sicherheitssystem zu etablieren. Denn die derzeit 30 vorhandenen Kontrollspuren am Flughafen München (Terminal 2) sind einem stetig wachsenden Passagieraufkommen dauerhaft nicht mehr gewachsen (siehe Kasten) – die Folgen der Coronakrise sind allerdings in diese Betrachtung noch nicht einbezogen. Parallel dazu kommt eine immer größer werdende Zahl an Handgepäckstücken und die Packdichte des Handgepäcks insgesamt hinzu. Ebenso müssen moderne Kontrollstellen auf alle sicherheitsrelevanten Bedrohungen eingestellt sein, um etwa Sprengstoffe oder andere gefährliche Substanzen und Gegenstände, beispielsweise aus einem 3D-Drucker, korrekt erkennen zu können.

Mehr Komfort und mehr Sicherheit durch umfangreiche Kontrollen

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Bis zu vier Passagiere gleichzeitig können ihr Handgepäck sowie Jacken und sonstige Kleidungsstücke aufs Band legen. Dafür stehen größere Wannen als bisher zur Verfügung. Wer alles in die Wanne gepackt hat, kann an den etwas langsameren Reisenden vorbeigehen. Für die Passagiere entspannt sich das Reisen deutlich, da mit den neuen CT-Geräten keine Gegenstände wie elektrische Geräte oder Flüssigkeiten mehr unter Zeitdruck aus- und später wieder eingepackt werden müssen. Es werden dadurch weniger Wannen pro Person benötigt, und mehrere Passagiere können ihr Gepäck gleichzeitig auflegen. Während bislang in einer Kontrollspur rund 100 Passagiere pro Stunde kontrolliert werden konnten, schafft die neue Kontrollspur stündlich bis zu 260 Passagiere – eine Steigerung um 160 % pro Spur und dabei ist sogar noch etwas Luft nach oben. Mit einer stündlichen Kontrolle von 520 Passagieren pro Doppelschleuse werden Wartezeiten erheblich verkürzt und Verspätungen im Luftverkehr minimiert. Die Kontrollspur ist dabei durch das Wannenrückführsystem vollautomatisch ausgelegt, die Wannen fahren ohne menschliches Zutun wieder an ihren Ausgangspunkt zurück. Eine Kameraüberwachung prüft hierzu, ob die Wanne leer ist und wieder zurückbefördert werden kann.

3D-Visualisierung für den perfekten Durchblick

Die neuen Scanner arbeiten wie Computertomographen in der Medizin und bieten damit gegenüber den herkömmlichen Röntgengeräten neue Möglichkeiten in der visuellen Darstellung. Im Testbetrieb kommen zwei Systeme unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz. Ein System liefert das Unternehmen Smiths Detection, das andere die Firma L3. Die von Scannern erzeugten Daten liefern Bilder mit der höchstmöglichen Auflösung zur Optimierung der Detektionsleistung. Mit einer Bandgeschwindigkeit von 0,2 m/s bieten sie einen Durchsatz von bis zu 500 Gepäckstücken in der Stunde. Eine grafische Benutzeroberfläche zeigt die Bilder hochauflösend an und verfügt über verschiedene Einstellungen, um den einzelnen Auswertungsstufen gerecht zu werden. Die zu scannenden Objekte wie Laptops oder Gepäckstücke werden rundherum erfasst und dadurch in einer dreidimensionalen Ansicht dargestellt. Diese lässt sich in verschiedenen Ebenen betrachten.

Zudem können einzelne Gegenstände des Gepäckstücks virtuell separiert und sodann einzeln in einer 3D-Ansicht bewertet werden. Auch kann das Restgepäckstück, ohne den virtuell separierten Gegenstand, nochmals ausgewertet werden. Bei herkömmlichen Röntgengeräten entstehen zweidimensionale Aufnahmen, die potenziell gefährliche Objekte überlagern können, welche durch die neue 3D-Ansicht sichtbar werden. In dieser lässt sich dann auch stufenlos hinein- und herauszoomen sowie die Ansicht über alle drei Achsen beliebig drehen. Zudem ist der Scanner in der Lage, alle Arten von festen oder flüssigen Sprengstoffen zu detektieren – etwa 1.200 verschiedene Sprengstoffe müssen aktuell zuverlässig erkannt werden.

Mitarbeiter flexibler einsetzbar

Die Operator der Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München (SGM) führen im Auftrag des Luftamtes Südbayern die vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen durch. An ihren von den Kontrollspuren räumlich abgesetzten Bildschirmen sehen die SGM-Mitarbeiter die Röntgenbilder aus den CT-Geräten der beiden Hersteller. „Wenn etwas nicht in Ordnung („NIO“) erscheint oder Unklarheiten bestehen, lassen sie die Wanne, die mit RFID-Codes ausgestattet ist, per Mausklick über ein abgetrenntes Band laufen – direkt zur Nachkontrolle bei einer Kontrollkraft. Wenn sie bestätigt, dass auf dem Bild alles in Ordnung („IO“) ist, fließt das Gepäck über das offene Band zu den Passagieren. Im Testlauf sind bei den beiden Kontrollspuren je zwei Luftsicherheitsbeauftragte im Einsatz, die Bilder an ihren Remote-Desks begutachten“, erklärt Wolfgang Reiland vom Luftamt Südbayern. Im späteren Betrieb werden die Mitarbeiter von einer beliebigen Spur die Bilder aufgeschaltet bekommen. Der Vorteil des neuen Systems liegt auch im flexiblen Einsatz der Mitarbeiter zur Bildauswertung. Denn bei den herkömmlichen Kontrollstellen muss immer ein Mitarbeiter zur Bildauswertung direkt am Gerät sitzen, egal wie hoch die Auslastung ist. Beim neuen System kann die notwendige Anzahl an Mitarbeitern für die Kontrollstellen der Situation nach angepasst werden. Da die Mitarbeiter nicht länger als 20 min bei der Bildauswertung eingesetzt werden dürfen, erfolgt alle 20 min ein Wechsel der verschiedenen Stationen einer Kontrollstelle. Bei der Einrichtung eines neuen Systems, das bisherige Abläufe nachhaltig verändert, ist die Einbeziehung der Mitarbeiter besonders wichtig. „Diese sind von Beginn an mit in das Projekt eingebunden gewesen, um den Nutzen des neuen Systems praktisch zu testen, aber auch, um Ideen und Anregungen aufzunehmen, die dann in eine Optimierung der Geräte münden“, erläutert Reiland.

Zusätzlich zu CT auch Körperscanner für die Personenkontrolle

Die Kontrollspuren bestehen aber nicht nur aus den neuen CT-Scannern für die Handgepäckstücke, sondern auch aus zusätzlichen Körperscannern für die Personenkontrolle, die bereits überwiegend im Einsatz sind. Die QPS Quick Personnel Security Scanner von Rohde & Schwarz auf Grundlage der enhanced Advanced Imaging Technology (eAIT) ergeben hochauflösende und leistungsfähige Sicherheitsscans, die gleichzeitig sicher und effektiv sind. Die Scanner arbeiten auf Basis von Millimeterwellen, da diese im Gegensatz zu den klassischen Röntgensystemen mit nicht ionisiernden Wellen arbeiten, die nicht durch die Haut dringen und somit gesundheitlich unbedenklich sind. Alle anderen Objekte sind für die Millimeterwellen teiltransparent, das heißt ein Teil der Wellen wird von der Oberfläche des Objektes reflektiert, ein weiterer Teil, wenn die Wellen das Objekt verlassen und von der Haut reflektiert werden. Diese Reflektionseigenschaften sind charakteristisch für viele Arten von Materialien und können somit einen Hinweis auf ein vorhandenes Objekt liefern. Die dazu erforderliche Energie ist äußerst gering, sie liegt weit unterhalb der Emissionen eines modernen Mobiltelefons oder WLAN-Routers. Die beiden Paneele bestehen aus einem Array von 3.008 Sende- und 3.008 Empfangsantennen.

Scans nahezu in Echtzeit

Der Scanprozess ist ein multistatischer Prozess, bei dem insgesamt mehr als eine Milliarde hochauflösende Messungen pro Paneel pro Scan durchgeführt werden – innerhalb von 32 ms pro Paneel und damit innerhalb von 64 ms für einen vollständigen Scan durch das vordere und hintere Paneel. Das Scan-System arbeitet damit in Quasi-Echtzeit, womit den Passagieren nur geringe Wartezeiten entstehen. Aufgrund des hohen Frequenzbereichs und der entsprechend kleinen Wellenlänge, mit der die QPS-Technologie von Rohde & Schwarz arbeitet, kann das System auch neuartige Bedrohungen und wesentlich kleinere Materialmengen detektieren. Dank dieser höheren Genauigkeit ist es auch seltener notwendig, zusätzliche und damit zeitintensive – und für die kontrollierten Personen unangenehme – Prüfungen der Alarmursache (sekundäre Sicherheitsmaßnahmen) durchzuführen.

Der Flughafen München wird 2020 mit der schrittweisen Umrüstung der Handgepäckskontrollen beginnen und in 60 neue Computertomographen und 48 neue Kontrollspuren investieren. Der Flughafen München wird also als erster Flughafen in Deutschland mit der neuen Sicherheitstechnik serienmäßig ausgestattet. Die moderne Technologie wird hier nicht nur im geplanten neuen Flugsteig, sondern auch im Terminal 1, Terminal 2 und dem Satelliten zum Einsatz kommen. Der Test der beiden Geräte für die Handgepäckkontrolle ist mehr als zufriedenstellend verlaufen, was nicht zuletzt auch an der Kooperation mit den Herstellern gelegen hat, die jeweils Nachbesserungen durchführten, um die Anforderungen und Wünsche der Luftfahrtbehörde zu erfüllen.

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