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Sicherheitslücken schließen

Flughäfen sind hochsensible Infrastrukturen. Sie müssen zum einen stets reibungslose Abläufe garantieren. Zum anderen sind sie als Knotenpunkte globaler Mobilität von Menschen und Gütern höchsten Anforderungen an die Sicherheit unterworfen.

Flughafenbetreiber erteilen pro Tag mehrere hundert Zutrittsberechtigungen zum Vorfeld.
Flughafenbetreiber erteilen pro Tag mehrere hundert Zutrittsberechtigungen zum Vorfeld.

Eine effiziente Sicherheitslösung für die Zutritts- und Bewegungskontrolle im Vorfeldbereich von Flughäfen erhöht das Sicherheitsniveau. Auf dem Flughafenvorfeld rangieren und parken Flugzeuge, sie werden dort gewartet und betankt, be- und entladen sowie gereinigt. Entsprechend sensibel ist der Bereich, entsprechend hoch sind die Sicherheitsanforderungen. Siemens trägt dem mit einer aktuellen Lösung „Integrationsplattform für Zutritts- und Bewegungskontrolle im Flughafenvorfeld (IZB)“ Rechnung: Entwickelt wurde die IZB im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten dreijährigen Projekts für Flughafen-Sicherungssysteme (FluSs).

Forschungsprojet Fluss

Aufgabe des Forschungsprojekts Fluss war die Erarbeitung eines integrierten Konzepts für das Sicherheitsmanagement an modernen Flughäfen. Beteiligt waren insgesamt elf Projektpartner aus Industrie und Forschung sowie Flughafenbetreiber, darunter die Fraunhofer-Gesellschaft, die Fraport AG und das European Center for Aviation Development.

Grundlage für die gemeinsame Forschungsarbeit bildete eine Analyse zu aktuellen Bedrohungsszenarien sowie der seit den Terroranschlägen von New York und London erhöhten Sicherheitsanforderungen. Hinzu kam eine Untersuchung bestehender Flughafenprozesse unter Berücksichtigung stetig wachsender Passagierzahlen. Handlungsfelder wurden mittels einer Lückenanalyse, einer „Gap-Analyse“, auf Basis der derzeitigen Sicherheitsinfrastrukturen und Sicherheitsprozesse sowie einer Ereignis- und Schadensanalyse bestimmt.

Ziel war es, flexible, skalierbare und kundenorientierte Prozessarchitekturen zu schaffen, die maximale Sicherheit bei minimaler Beeinträchtigung des Flugbetriebs gewährleisten. Begutachtet wurden dabei neueste Verfahren der Durchleuchtungs- und Sensortechnologie zur Entdeckung von Gefahrenstoffen sowie moderne Identifikations-, Ortungs- und Navigationstechnologien und Technologien zur Objekt-, Bewegungs- und Mustererkennung.

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Gestaffelte Maßnahmen

Auf ihre Wechselwirkungen untereinander sowie ihre Kosten-Nutzen-Relation geprüft, setzt das daraus resultierende integrierte Sicherheitsmanagementkonzept (SMK) auf das „Zwiebelschalenprinzip“. Das heißt, um verschiedenen Bedrohungsszenarien in unterschiedlich kritischen Bereichen effizient und proaktiv zu begegnen, staffeln sich die Maßnahmen verschiedener Sicherheitsstufen am Flughafenstandort und dessen Umfeld von außen nach innen: Im sensitiven Außenbereich des Flughafens gilt es aus Kosten-Nutzen-Gründen vor allem, Wahrscheinlichkeit und Auswirkung möglicher Attentate zu minimieren, ohne kostenintensive Investitionen tätigen zu müssen. Im Terminal selbst mit seinem hohen Personenaufkommen greifen dagegen alle passiven und aktiven Schutzmaßnahmen.

Entscheidend für das integrierte SMK sind die Zutrittskontrollen zu den unterschiedlichen Arbeitszonen und Sicherheitsbereichen. Allein zum Flughafenvorfeld erteilt ein Flughafenbetreiber Tag für Tag durchschnittlich mehrere hundert Zutrittsberechtigungen, etwa für die Warenanlieferung, für Wartungs- und Servicepersonal oder für die Security. Haben Fahrzeuge und Personen die Zutrittskontrolle am Eingang des Geländes einmal passiert, können sie sich in der Regel relativ frei und ohne Lotsen bewegen – bis dato also ohne weitere Kontrolle und Überwachung. Das bedeutet ein hohes Sicherheitsrisiko für mögliche Sabotagehandlungen oder Manipulationen an Liegenschaften und Betriebseinrichtungen.

Lücke geschlossen

Die innerhalb des Fluss-Projekts entwickelte IZB schließt diese Sicherheitslücke. Auf Grundlage des Siemens-Leitstellensystems für kritische Infrastrukturen, Siveillance Vantage, das mit verschiedenen Sicherheitssystemen wie Videoüberwachung, Zutrittskontrolle, Brandmelde- und Kommunikationssystemen interagiert, regelt die IZB die Zugangsberechtigungen, überwacht Objekte im Flughafenvorfeld und registriert Sicherheitsrisiken.

Im Mittelpunkt stehen hierbei individuelle, persönlich zugeteilte Verhaltensrichtlinien, die „Policies“. Diese Policies gewähren nur zu denjenigen Bereichen Zugang, die für die jeweilige Tätigkeit nötig sind, und fordern zudem ein definiertes Verhalten von den jeweiligen Personen. Aufbauend auf die situationsbedingten Entscheidungsanalyse-Technologien von Siveillance Vantage wurde die Logik dieser Policies jetzt erweitert und zusätzliche Sensorenschnittstellen für RFID (Radio Frequency Identification), Radar und GPS (Global Positioning System) integriert.

Perspektivisch ist auch die Einbindung von Automatic Dependent Surveillance-Broadcast (ADS-B) geplant. ADS ist ein Instrument der Flugsicherung. Es zeigt Flugbewegungen im Luftraum an. Diese Informationen werden in die Policies und damit in die aktuellen Zutrittsberechtigungen der auf dem Flughafenvorfeld arbeitenden Personen und eingesetzten Fahrzeuge integriert.

In Echtzeit können so Menschen und Objekte wie Fahrzeuge oder Container per GPS und Live-Videobild von einer zentralen Leitstelle erfasst und diese Informationen in Logbüchern gespeichert werden. Objekte und die individuell zugeordnete Policies werden dabei kontinuierlich abgeglichen. Mögliche Abweichungen und Gefahrenpotenziale werden so frühzeitig erkannt und über eine grafische Benutzerschnittstelle auf der GIS-Karte lokalisiert und angezeigt. Die Einsatzkräfte können ihre Maßnahmen so schnell koordinieren und gezielt handeln.

Sicherheitsniveau gestiegen

Das System individualisierter Zugangsberechtigungen in Kombination mit der automatischen Erfassung aller Personen- und Objektbewegungen sowie der Betriebsabläufe im Verantwortungsbereich stärkt die Arbeit des Kontrollpersonals und hebt das allgemeine Sicherheitsniveau deutlich. Die IZB ist dabei nicht nur im Flughafenvorfeld einsetzbar. Sie ist auch für das Sicherheitsmanagement anderer kritischer Infrastrukturen geeignet – insbesondere dort, wo größere Areale überwacht beziehungsweise Personen und Fahrzeuge geleitet werden müssen. Beispiele sind Seehäfen, Bahnhöfe, Energieerzeugungs- und -verteilungsanlagen oder Standorte der Chemie- und Pharmaindustrie.

Jürgen Rumeney, Siemens AG, Building Technologies Division

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