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Bankensicherheit 3. März 2014

Tatort Foyer

Der klassische Bankraub war einmal - mit der wachsenden Zahl von Geldausgabeautomaten in Banken oder an anderen Orten haben sich die Straftaten in die Foyers der Banken verlagert. Die Manipulation der Geräte steht nun im Vordergrund der kriminellen Handlungen.

Eine Manipulation des Geldautomaten lässt sich in wenigen Sekunden bewerkstelligen.
Eine Manipulation des Geldautomaten lässt sich in wenigen Sekunden bewerkstelligen.

Das Auszahlen von Bargeld ist in den letzten Jahren immer stärker aus dem eigentlichen Schalterraum in das Foyer an unbemannte Selbstbedienungs-geräte ausgelagert worden. Neben der Möglichkeit für die Kunden, sich zu jeder Zeit mit Bargeld zu versorgen, gibt es einen weiteren Grund für diese Entwicklung: die Risikoverminderung für die Banken, da sich kein Bargeld mehr im Schalterraum befindet und weniger Möglichkeiten für Raubüberfälle bestehen. So hat sich die Zahl der klassischen Raubüberfälle auf Banken und Sparkassen von 697 Fällen in 2001 auf 202 im Jahr 2012 reduziert.

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) sind die Fallzahlen für Straftaten mit Debitkarten unter Verwendung einer PIN-Nummer bis 2007 kontinuierlich gesunken, verharren seitdem aber bei rund 23.500 Fällen pro Jahr. Und dies, obwohl die Sicherheitstechnik auf den Debitkarten kontinuierlich verbessert worden ist und auch die Sicherheitsmaßnahmen bei den Geldausgabegeräten spürbar weiterentwickelt worden sind. Doch auch die Täter haben sich immer wieder den technischen Entwicklungen angepasst, um mit neuen Maschen an Geld zu kommen. Eine bevorzugte Methode betrifft die Manipulation der Geldausgabeautomaten (GAA).

Raffinierte Methode

Die bekannteste Manipulationsmethode ist das Skimming, bei dem sowohl die Kontodaten als auch der PIN-Code eines Kunden ausgespäht wird. Die Daten der Debitkarte werden entweder durch einen manipulierten Türöffner oder einen Aufsatz am Automaten ausgelesen beziehungsweise kopiert. Die PIN-Eingabe wird durch eine im Foyer angebrachte Kamera gefilmt. Alternativ werden vollständig nachgebildete Tastaturaufsätze eingesetzt. Die Täter benötigen nur wenige Minuten oder gar Sekunden, um ihre nachgebildeten Apparaturen an den Automaten anzubringen. Diese sind für den Laien und selbst für Profis kaum zu erkennen. Die abgeschöpften Daten werden anschließend an Komplizen weitergeleitet, die in Ländern mit geringeren Sicherheitsstandards wie zum Beispiel Nordamerika oder Brasilien sitzen. Dort werden die Daten auf „White Cards“ mit Magnetstreifen übertragen und können an den dortigen GAA benutzt werden.

Beim Cash-Trapping reichen den Tätern ebenfalls nur wenige Sekunden zur Manipulation. Über den Geldausgabeschacht wird ein täuschend echter Verschluss geklebt. Dieser Verschluss ist innen mit einer Klebefolie versehen. Diese verhindert, dass das Geld ausgegeben oder wieder vom Automaten eingezogen wird – die Geldscheine bleiben im Ausgabeschacht kleben. Nachdem der Kunde, wie er meint, kein Geld aus dem Automaten erhält, kann der Täter später dieses von dem zuvor angebrachten Verschluss ablösen.

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Um gegen solche Methoden effektiv vorzugehen, müssten die Geräte beispielsweise selbst erkennen, dass sie manipuliert werden. So sollte der Automat melden, wenn eine Person abseits der üblichen Handlungsroutinen – Geld abheben, Dateneingabe – länger als eigentlich notwendig am Automaten verweilt. „Wir sind gerade in der Pilotphase mit einem Prototypen, der vielversprechende Ergebnisse zeigt“, so Norbert Wayand, Leiter Unternehmenssicherheit der Frankfurter Sparkasse.

Der Kunde im Visier

Neben diesen technischen Maßnahmen an den GAA zeigt die Videoüberwachung der Foyers abschreckende Wirkung auf Kriminelle, da sie damit rechnen müssen, dass sie bei ihren strafbaren Handlungen gefilmt und damit erkannt werden. Diese Überwachung der Foyers führt nun dazu, dass Täter von der Manipulation der Ausgabegeräte eher absehen und sich direkt an die Kunden wenden, um an deren Bargeld zu gelangen.

In der letzten Zeit hat daher der „Enkeltrick“ stark zugenommen. Fremde rufen gezielt bei älteren Bürgern an, die sie teilweise anhand traditioneller Vornamen aus den Telefonbüchern identifizieren, und geben sich als Verwandte, Enkel oder auch gute Bekannte aus. Sie bitten kurzfristig um Bargeld und täuschen dazu einen finanziellen Engpass oder eine Notlage vor, beispielsweise einen schweren Unfall. Die Lage wird immer äußerst dringlich dargestellt, wobei die Opfer durch wiederholte Anrufe zusätzlich unter Druck gesetzt werden. Wenn diese schließlich einwilligen, Geld abzuheben, wird ihnen kurz darauf ein Bote angekündigt, der das Geld abholen wird.

Nicht selten werden Opfer um ihre ganzen Lebensersparnisse gebracht. „Hiergegen kann nur ein entsprechend geschultes Personal Abhilfe schaffen, das im Zweifelsfall etwa bei unüblichen Abhebungen nachhakt und auch mal eine Auszahlung zum Schutz des Kunden verweigert“, erläutert Wayand. „Dank dieser Schulungen konnten wir schon mehrfach Kunden vor dem Enkeltrick schützen.“

Hersteller und Banken gefordert

Um den Tätern das Leben zu erschweren, sind in puncto Sicherheitstechnik von Automaten und Debitkarten weitere Maßnahmen notwendig. Das Problem bei Debitkarten ist beispielsweise, dass sie aus Gründen der Abwärts-kompatibilität immer noch mit einem Magnetstreifen versehen sind, obwohl in Deutschland mit Beginn des Jahres 2011 bereits alle GAA für den Einsatz von Chipkarten ausgerüstet sind.

Da vor allem außereuropäische Länder hier noch nicht auf dem gleichen technischen Stand sind, wird diese Abwärtskompatibilität weiterhin Probleme bereiten. Das Bundeskriminalamt rät den deutschen Banken, standardmäßig Debit- und Kreditkarten ohne Magnetstreifen auszugeben und lediglich Kunden, die ihre Karten auch im außereuropäischen Ausland einsetzen, eine zweite Karte mit Magnetstreifen auszuhändigen. Denn im Gegensatz zur Chipkarte, die bei einem Geldausgabevorgang mit dem Bankautomaten in einen Dialog tritt, bei dem die Berechtigung überprüft wird, sind auf dem Magnetstreifen die Kundendaten statisch abgespeichert und lassen sich somit auch von Unberechtigten auslesen.

Aber auch die Hersteller sollten sich stärker an den Vorgaben seitens VdS Schadenverhütung GmbH oder den Versicherern orientieren. Während die Banken streng an diese Vorgaben gebunden sind, erfüllen auf Herstellerseite Produkte unter Umständen diese Kriterien nicht. Ein Problem ist hier die Kommunikation zwischen Endkunde und Hersteller, denn diese findet oftmals nur über den Errichter statt. Insgesamt ist auch zu beobachten, dass sich die Flexibilität der angebotenen Systeme stark verringert hat. Dies mag zwar mit den unterschiedlichen Sicherheitskonzepten kleiner und großer Geldhäuser begründet sein, führt aber dazu, dass Institute gezwungen sind, eigene Lösungen zu entwickeln.

Lückenlose Überwachung

Fälle wie der Enkeltrick oder die schnelle Manipulation der GAA sind dem generellen Konzept der Geldinstitute geschuldet, das Risiko eines Verbrechens aus dem Schalterraum in das Foyer zu verlagern. Dies reduziert zwar die Wahrscheinlichkeit von Straftaten innerhalb des Schalterraumes, da dort Angestellte ein Auge auf die Kunden haben können – gleichzeitig hat sich aber auch für die Täter das Risiko der unmittelbaren Entdeckung im Foyerbereich verringert.

Dies hat die Frankfurter Sparkasse durch den intensiven Einsatz an Videoüberwachungslösungen kompensiert, wo nun „virtuelle“ Augen die der Angestellten ersetzen. Unabhängig von der Sicherheit der GAA ist die Videoüberwachung der Foyers damit ein unverzichtbares Mittel, potenzielle Straftäter oder -handlungen frühzeitig zu erkennen oder im Nachhinein zu verfolgen.

Die Kameras erlauben den Mitarbeitern der Sicherheitsleitstelle der Sparkasse einen quasi virtuellen Rundgang durch das Foyer sowie eine direkte Kontaktaufnahme mit Unbefugten mittels Sprechvorrichtung. Wayand erklärt dazu: „Die Auswertung der Aufnahmen erlaubt in vielen Straffällen eine Aufklärung. Unser Haus gilt in Frankfurt als das Institut mit der besten Bildqualität bei der Videoüberwachung und damit verbunden einer hohen Aufklärungsrate." Um die Qualität des Überwachungskonzepts kontinuierlich zu verbessern, wird jährlich eine Bewertung aller eingegangenen Meldungen vorgenommen. Dies ermöglicht, einerseits menschliche Fehler zu entdecken und andererseits zu überprüfen, ob die verwendeten Systeme, wie Einbruchmeldeanlagen, den Anforderungen genügen.

Kreditinstitute mit einem dichten Filial-und GAA-Netz werden häufiger Opfer von Straftaten. Treten neue kriminelle Techniken auf, werden diese in der Regel zuerst an den Sparkassen mit ihrem engen Netz an GAA sowie in den Großstädten erprobt. Daher investiert die Frankfurter Sparkasse viel Zeit und Geld in ihre Sicherheitskonzepte. Zusätzlich tauschen sich die Geldhäuser im Frankfurter Raum regelmäßig aus und entwickeln gemeinsam adäquate Konzepte gegen neu auftretende Bedrohungen. Dass sich dieses Engagement im Falle der Frankfurter Sparkasse lohnt, beweist auch das Vertrauen der Kunden.

Hendrick Lehmann

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