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Unternehmen 15. März 2021

Technologie sucht Markt: Neue Geschäfte in unsicheren Zeiten

In Krisenzeiten nimmt die Unsicherheit in allen Wirtschaftsbereichen zu. Gleichzeitig steigen die Chancen neuer Technologien. Wie kann die Sicherheitstechnik-Branche davon profitieren?

Beispiel für den erfolgreichen Einsatz neuer Technologien: Dallmeier nutzt sie, um die Spieltische in Casinos zu überwachen sowie Spielerratings und Gewinnwahrscheinlichkeiten zu ermitteln.
Beispiel für den erfolgreichen Einsatz neuer Technologien: Dallmeier nutzt sie, um die Spieltische in Casinos zu überwachen sowie Spielerratings und Gewinnwahrscheinlichkeiten zu ermitteln.

Wachstum in unsicheren Zeiten braucht Kreativität und vor allem den unvoreingenommenen Blick „über den Zaun“, um für neue Technologien auch den richtigen Markt zu finden. Die Sicherheitsindustrie war bereits in der Vergangenheit sehr kreativ, wenn es um die Entwicklung von Lösungen für neue und/oder benachbarte Marktsegmente mit Hilfe der in der Branche gebräuchlichen Technologien ging. Wird aber auch das Stammgeschäft durch negative konjunkturelle Entwicklungen in Mitleidenschaft gezogen oder durch die Intensivierung des Wettbewerbs immer schwieriger, dann ist die Suche nach neuen Märkten, Kunden und Anwendungsfeldern eine besondere Herausforderung. In diesem Fall heißt es: Angriff ist die beste Verteidigung!

Aber wie kann es der herstellenden Industrie, Projektierern und Errichtern gelingen, gezielt und strategisch neue Umsatzquellen zu erschließen? Wichtig ist, hierbei den Blick auf die bestehenden Kompetenzen des Unternehmens zu richten. So lässt sich die Frage klären, wie mit diesen auch in anderen Branchen und neuen Anwendungsfeldern Geschäfte generiert werden können. Um zu erkennen, in welchen Marktsegmenten Geschäftspotentiale bestehen, muss das Leistungsportfolio des Unternehmens systematisch in seine Bestandteile zerlegt und vermarktbare Kernkompetenzen in Marktinnovationen überführt werden.

Erfolgreiche Beispiele hierfür gibt es in der Sicherheitstechnik mehr als genug: Wozu könnte eine Kamera neben ihren klassischen Anwendungen in der Brache noch geeignet sein? So werden Kameras von Funkwerk beispielsweise zur Seitenstreifenfreigabe auf Autobahnen eingesetzt. Dallmeier nutzt sie, um die Spieltische in Casinos zu überwachen und zum Beispiel Spielerratings und Gewinnwahrscheinlichkeiten zu ermitteln. Die Wärmebildkameras von Flir werden unter andrem in der Berufsschifffahrt für die Navigation unter schwierigen Sichtbedingungen eingesetzt.

Und doch haben viele Unternehmen Schwierigkeiten, neue Märkte und Applikationsfelder in Angriff zu nehmen. Entscheidend ist ein schrittweises und agiles Vorgehen mit regelmäßigen Meilensteinen, um im unbekannten Terrain New Business-Initiativen zu lancieren.

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New-Business in der Zukunftswerkstatt erarbeiten

Um den Erfolg von Marktinnovationen zu sichern, sollten New Business-Initiativen aus Kunden- und Marktsicht validiert, mit Technologie-Experten die technische Machbarkeit bewertet sowie eine indikative Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt werden. Dies kann im Rahmen einer „Zukunftswerkstatt“ schrittweise in Angriff genommen werden:

Strategie zur Erfolgssicherung neuer Marktinnovationen.
Strategie zur Erfolgssicherung neuer Marktinnovationen.

Mit Unterstützung externer Berater entwickeln Unternehmens-Kernteams dabei die wichtigsten Bausteine für den Marktangang. Das vorhandene Wissen von Mitarbeitern wird so optimal genutzt, Know-how für zukünftige New Business-Initiativen aufgebaut und die Voraussetzungen für den Markterfolg geschaffen. Hier wird die strukturierte und systematische Vorgehensweise der klassischen Geschäftsmodell-Entwicklung mit den agilen und praxiserprobten Ansätzen aus der Start-up-Welt verbunden. Eine Go-/No-Go-Entscheidung nach jeder Phase verlangt die absolute Konzentration auf den Kundennutzen und unternehmerische Sichtweise.

Phase 1: Chancen erkennen

Wer chancenreiche, neue Anwendungsfelder für das bestehende Leistungs- und Kompetenzspektrum in neuen Märkten der Sicherheitstechnik erkennen will, sollte in der ersten Phase drei Schritte durchführen:

  1. Potenziell vermarktbare (Kern-)Kompetenzen und Assets analysieren: Identifizierung vorhandener Ideen der Mitarbeiter durch Workshops und Interviews.
  2. Exploration von New Business-Chancen und bereits bestehenden Ideen: Outside-in-Recherchen zu neuen Bedarfen, Anwendungen sowie neuen Geschäftsansätzen, ergänzt u. a. durch Crowd-Kampagnen mit Entwicklern, Patent-Recherchen sowie Workshops mit internen und externen Experten (z. B. Branchenspezialisten).
  3. Hypothesenbildung & Priorisierung von neuen Anwendungsfelder und Märkten: Erste Bewertung auf Basis unternehmens- und marktspezifischer Kriterien in einem kreativen und iterativen Prozess unter Einbeziehung externer Experten. Schlussendlich erfolgt eine erste Risikobetrachtung.

Phase 2: Marktbedarfe verstehen

In Cross-Industry-Workshops können konkrete Bedarfe und Pain-Points identifiziert und Lösungsansätze sowie Leistungsversprechen skizziert werden. Mit internen Technologie-Experten wird die technische Machbarkeit auf Basis bestehender Kompetenzen & Assets sowie unter Berücksichtigung möglicher Markteintrittsbarrieren validiert - ergänzende Patent-Recherchen oder Expertenmeinungen aus Industrie und Forschung inklusive.

Wirtschaftlichkeit, Profitabilität und Nachhaltigkeit der New Business-Initiativen auszuloten macht gemeinsam mit internen sowie ggf. externen Experten, z. B. aus der Zielbranche, Sinn. Eine abschließende Risikobetrachtung sowie eine objektive Portfolio-Bewertung zur Auswahl der chancenreichsten New Business-Ansätze für die weitere Bearbeitung rundet diese Phase ab.

Phase 3: Lösungen gestalten

In einem anschließenden „Innovations-Bootcamp“ entwickelt ein agiles und schlagkräftiges Projektteam mit Sprints die wichtigsten Bausteine für den Marktangang. Hierbei sollte der Fokus auf operativ nutzbaren Ergebnissen liegen, das heißt:

  • Lösungsentwicklung inkl. Prototyping und Lead User Testing
  • Ausarbeitung von USPs, Verkaufskonzepten und vertrieblichen Vorteilsargumentationen/Battle Cards
  • Entwicklung von konkreten Geschäftsmodellen inkl. einer Investitionsplanung
  • Recherche und Qualifizierung von potenziellen Zielkunden

Der Erfolg von New Business-Initiativen sollte von Anfang an durch quantitative Ziele, wie Umsatz- oder Ertragsziel, konkretisiert werden. Die eingangs genannten Beispiele haben bei den genannten Unternehmen zu einer Veränderung in der Marktwahrnehmung und zu Mehrumsatz geführt - der Kern derartiger Bemühungen.

Fazit

Wer beim Aufbau von Neugeschäft möglichst schnell und kosteneffizient agieren will, sollte bestehende Kompetenzen und Ressourcen gezielt wertschöpfend in neuen Anwendungsfeldern und Märkten positionieren. Wird der Marktangang systematisch flankiert, das heißt die Qualität der Kundeninteraktion durch überzeugende Verkaufskonzepte bestmöglich unterstützt und der operative Vertrieb durch die Bereitstellung qualifizierter Kontakte zu potenziellen Kunden gestärkt, erhöhen sich letztendlich die Erfolgschancen der New Business-Initiative am Markt.  

In Kombination mit agilen Methoden, Open Innovation-Ansätzen und unternehmerisch agierenden Projektteams haben die Player der Sicherheitstechnik alle Zutaten in der Hand, um auf Basis bestehender Kompetenzen und Ressourcen erfolgreich und nachhaltig neue Geschäfte zu etablieren – auch in unsicheren Zeiten.

Dr. Peter Fey, Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Wieselhuber & Partner und Branchenexperte für die Sicherheitstechnik.
Dr. Peter Fey, Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Wieselhuber & Partner und Branchenexperte für die Sicherheitstechnik.
Dirk Artelt, Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Wieselhuber & Partner und Leiter Competence Center Innovation & New Business.
Dirk Artelt, Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Wieselhuber & Partner und Leiter Competence Center Innovation & New Business.

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