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Umfrage & Marktanalyse 4. Dezember 2015

Top-Trends der Sicherheitstechnik

In Kooperation mit der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner misst der PROTECTOR alle drei Monate den Puls der Sicherheitsbranche. Fragte Autor Dr. Peter Fey von Dr. Wieselhuber & Partner für die Premiere des Branchenbarometers in der September-Ausgabe nach dem Einfluss von Megatrends auf die Geschäftsentwicklung und analysierte Umsatz-, Preis-, und Kostenentwicklung, stand beim zweiten Branchenbarometer die Technik im Fokus.

Die Ergebnisse des zweiten Branchen-barometers zeigen hinsichtlich der Bedeutung der sicherheits-technischen Trends auf die zukünftige Marktentwicklung die folgenden Spitzen- beziehungsweise Schlusslicht-positionen: Die Top-Positionen in den Segmenten branchenweite Trends, Videotrends, Trends bei den Zutrittskontroll-, den Einbruchmeldesystemen und den Übertragungsstandards sind: digitale Systeme, H.265-Komprimierung, Bluetooth-Übertragung, Meldungen auf mobile Endgeräte sowie Onvif- beziehungsweise OSDP-/Psia-Protokolle. Die Schlusslichter sind: analoge Systeme, analoge Kameras, biometrische Systeme, klassische Einbruchmeldesysteme sowie KNX- und Bacnet-Übertragungsprotokolle. Die Ergebnisse waren in Teilen zu erwarten, stellen im Detail jedoch auch Überraschendes dar.

Übergeordnete branchenspezifische Megatrends

Die Grafik zeigt die Ergebnisse der Befragung hinsichtlich des Einflusses spezifischer sicherheitstechnischer Trends auf die Marktentwicklung der nächsten drei bis fünf Jahre. Die höchsten Ausprägungen erhalten die sechs Trends digitale Systeme, Systemlösungen, mobile beziehungsweise Funklösungen, Remote-Management-Systeme und -Services sowie kundenindividuelle Lösungen und die Konvergenz von Security- und IT-Welt (zwischen 4,7 und 4,2 von maximal 5 Punkten). Dabei ist interessant, dass gerade über den letztgenannten Trend eine höhere Einigkeit herrscht, als über die drei zuvor genannten Themen (siehe Fieberkurve).

Dr. Peter Fey

Konsequent hierzu wird den analogen Systemen der geringste Einfluss auf die Marktentwicklung zugeschrieben (2,2). Auf den Rängen davor rangieren die folgenden Trends: Migration von B2B- zu B2C-Lösungen, Wearable Technologien, maßgeschneiderte Services, Self-awareund Self-protecting- sowie hybride Systeme (zwischen 3,4 und 2,9). Hierbei fallen zwei Dinge auf. Erstens: im Bereich der Smart- Home und Security-Lösungen ist definitiv ein Trend hin zu B2C-Lösungen zu beobachten, die zwar professionelle Lösungen nicht ersetzen, die allerdings Kundengruppen, welche einfache Lösungen erwarten erst einmal für den Profi sperren würden. Zweitens: die Automotive-Industrie zeigt zum Beispiel, dass Self-aware- und Selfprotecting- Systeme ein Muss sind, wenn es um die Aufrechterhaltung des Betriebs quasi autonomer Systeme geht. Auslösendes Moment ist unter anderem die auch für die Security-Welt erforderliche Sicherheit vor Angriffen von außen: Je mehr Algorithmen Gefahrensituationen unabhängig vom Beobachter erkennen sollen, je mehr über IP läuft, desto wichtiger werden Systeme, die eine Eigensicherung, ein automatisches Rollback zu einem sicheren Zustand oder sonstige Fähigkeiten aufweisen, welche die Betriebsbereitschaft nicht gefährden.

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Des Weiteren ist das Auseinanderdriften der Nennungen hinsichtlich offener Systemarchitekturen und der Interoperabilität als auffällig zu bezeichnen. Der Trend zu offenen Systemen scheint noch nicht überall als Zukunftsweg eingeschätzt zu werden (siehe hierzu auch die Ergebnisse zu den Übertragungsstandards).

Trends der Videoüberwachung

Bei der Videoüberwachung werden mit den höchsten Ausprägungen (Wertungen zwischen 4,0 und 4,3) die folgenden drei Trends in absteigender Reihenfolge gesehen: H.265-Datenkomprimierung, HD-Kameras und 4K-/UHD-Kameras. Dabei ist das Meinungsbild bei den beiden zuletzt genannten Trends am homogensten. In der nächsten Gruppe (Wertungen zwischen 3,9 und 3,7) stehen: Privacy Features, High Dynamic Range Imaging (HDR) und Wärmebildkameras. Der Einfluss der Analog-Kameras auf die zukünftige Marktentwicklung wird mit der Ausprägung von 2,0 folgerichtig als abgeschlagen beurteilt. Der Bedeutung von Panorama-Kameras (180/360 Grad) wird genau wie der H.264-Komprimierung lediglich eine leicht überdurchschnittliche Bedeutung (3,5) auf die zukünftige Marktentwicklung zugeschrieben.

Trends der Zutrittskontrolle

Bei der Zutrittskontrolle wird die höchste Bedeutung auf die Marktentwicklung den Bluetooth- und Bluetooth-Low-Energy-Lösungen zugeschrieben (beide 4,2). Nahezu gleichauf rangieren NFC-/RFID-Lösungen beziehungsweise die klassischen Smart Cards (3,9 und 3,8). Role-Based, Access- Controll-Systemen sowie All-in-One-Lesegeräten wird lediglich eine leicht überdurchschnittliche Bedeutung bescheinigt (beide 3,3). Biometrische Systeme werden hinsichtlich ihres Einflusses auf die zukünftige Marktentwicklung unterdurchschnittlich eingeschätzt (2,9). Bei den drei zuletzt genannten Trends fällt auf, dass kaum Ausprägungen von 4 und 5 vergeben wurden.

Trends bei Einbruchmeldesystemen

Bei den Einbruchmeldesystemen führt der Trend zur Meldung auf mobile Endgeräte mit 4,6 deutlich die Liste an. An zweiter Stelle folgen Wireless-Übertragungsstandards und Touchpads beziehungsweise moderne Mensch-Maschine-Interfaces (beide 4,1). Remote- Control- beziehungsweise netzwerkbasierte Systeme sowie sprachbasierte Alarmmelder werden hinsichtlich ihrer Bedeutung für die zukünftige Marktentwicklung lediglich leicht überdurchschnittlich eingeschätzt (3,9 beziehungsweise 3,6 und 3,4). Klassische Systeme werden nur durchschnittlich (3,0) eingestuft.

Trends bei den Übertragungsstandards

Bei den Trends zu den Übertragungsstandards im Sektor der Videoüberwachung fallen die Ergebnisse der Befragung noch heterogen aus: Mit 3,9 wird die Liste zwar angeführt vom Onvif-Protokoll, mit etwas Abstand folgen jedoch schon RTSP-/RTPProtokolle (3,4), an dritter Stelle liegen HD-SDI-/HD-VCI-/HD-TVI-Standards (3,1), herstellereigene Protokolle kommen immerhin noch auf einen leicht unterdurchschnittlichen Rang (2,8). Der Trend zu Standards und Onvif wird zwar durch die Ergebnisse bestätigt, fällt jedoch nicht so deutlich aus, wie es zu erwarten gewesen wäre.

Bei der Bedeutung der zukünftigen Übertragungsstandards für Zutrittskontrollen, Einbruch- und Brandmeldesysteme herrscht noch die größte Heterogenität: Angeführt wird die Liste durch OSDP-/Psia-Protokolle sowie Zigbee-/Z-Wave-Übertragungsstandards (beide 3,3); an zweiter Stelle folgen Enocean-Technologien (3,0), die Schlusslichter stellen nahezu gleichauf die herstellereigenen Protokolle (2,8), KNX und Bacnet dar (beide 2,7). Die Ergebnisse, die sich alle nahe dem Durchschnittswert bewegen, zeigen, dass sich anders als im Bereich Video noch keine eindeutige Entwicklung hin zu Standards abzeichnet.

Bei den offenen Fragen zu weiteren für die Branche entscheiden Trends gab es mit Ausprägungen über 4,0 vor allem die folgenden Nennungen: Full-HD-Analog- Technologien, selbstlernende Systeme, System-on-Chip-Lösungen (multifunktionale Systeme) und smarte Kameras, zum Beispiel mit integrierter Analyse.

Die teilnehmenden Unternehmen kommen zu 74 Prozent aus den Branchensegmenten Videoüberwachung, Zutrittskontrolle, Einbruch- und Brandmeldung, wobei sich 71 Prozent als Systemanbieter, Teilsystemanbieter oder Komponentenhersteller positionieren; weitere 17 Prozent der Teilnehmer sind Errichter. 53 Prozent der Antworten stammen von Unternehmen mit Betriebsgrößen von über 100 Mitarbeitern, knapp ein Viertel weist eine Betriebsgröße von über 500 Mitarbeitern auf. Damit ist die Struktur der Teilnehmer ähnlich wie die des ersten Branchenbarometers.

Im nächsten Branchenbarometer, das in der März-Ausgabe 2016 im PROTECTOR erscheint, werden Fragen zur Wettbewerbssituation in der Branche im Mittelpunkt stehen.

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