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Intelligente Vernetzung 26. Juni 2012

Über drei Ecken

Das Spannungsfeld der Zutrittskontrolle erstreckt sich in der Praxis vom reinen Schlüsselersatz bis hin zu intelligenten vernetzten Systemen, die in Echtzeit überwachen und steuern. Diese Ansätze bewegen sich alle im magischen Dreieck „Komfort, Kosten, Sicherheit", in dem es die richtigen Prioritäten zu setzen gilt.

Die Teilnehmer des Forums Zutrittskontrolle diskutierten über Zutrittssysteme zwischen Schlüsselersatz und intelligenter Vernetzung.
Die Teilnehmer des Forums Zutrittskontrolle diskutierten über Zutrittssysteme zwischen Schlüsselersatz und intelligenter Vernetzung.

Offline, Online, virtuell vernetzt – alle aktuell verfügbaren technischen Konzepte in der Zutrittskontrolle haben ihre eigenen Vorzüge, unterliegen aber auch individuellen Beschränkungen. „In der Praxis werden diese Unterschiede jedoch nicht immer ausreichend betont. Anwender sind sich daher oft nicht im Klaren darüber, welche Auswirkungen der Einsatz einer bestimmten Technik auf Abläufe und Kosten haben kann“, meint auch Moderator Boris Stamm in seinen einleitenden Worten.

Nils Löschenkohl von Winkhaus drückt seine Sicht des Marktes diplomatisch aus: „Ich denke, jede Technik, die sich am Markt behauptet, hat ihre Existenzberechtigung. Wofür sich die einzelnen Konzepte nun idealerweise eignen, hängt von den Gegebenheiten beim Kunden ab. Optimal ist es, wenn der Anwender schon vorher weiß, wie und zu welchem Zweck die Anlage genutzt werden soll. Hier gibt einige Kernaspekte: Die Größe der Anlage spielt eine Rolle und auch die Dynamik des Unternehmens. Entscheidend kann sein, wie viel Veränderungen es im Laufe des Lebenszyklus, insbesondere in den ersten fünf bis zehn Jahren, gibt.“

Faktor Zeit

Und weitere Kriterien geben Aufschluss über die Eignung der einzelnen Lösungen, wie Walter Elsner von PCS weiß: „Die Frage ist auch, wie man die Zutrittsberechtigungen verwalten will. Möchte man eine unmittelbar aktualisierte Zutrittskontrolle haben oder ist es mehr oder weniger egal, wann eine Berechtigung geändert wird? Sollen Berechtigungen zeitgesteuert oder in Gruppen möglich sein? Je zeitkritischer und aktueller so etwas geschehen muss, desto mehr spricht für eine Online-Lösung.“

„Die wichtigste Frage lautet: Konzentriere ich mich auf eine reine Zutrittslösung oder benötige ich ein integriertes, ganzheitliches System? Rein technisch sind die mechatronischen Komponenten heute genauso leistungsstark wie die klassischen Zutrittskontrollkomponenten, vor allem durch die Vernetzung über Funk.“
Christian Schmitz, Verkaufsleiter Objektbereich, Burg-Wächter KG

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„Dreh- und Angelpunkt sind tatsächlich die Anforderungen, die gestellt werden. Danach richtet sich, ob konventionelle Online-Zutrittskontrolle oder mechatronische Systeme zum Einsatz kommen. Wirklich individuell lässt sich diese Frage aber nur beantworten, wenn man bei jedem Objekt jede einzelne Tür betrachtet. Denn jede Tür funktioniert anders und hat einen eigenen Zweck.“
Friedhelm Ulm, Produktmanager, Prokurist, Cestronics GmbH

„Ich denke, jede Technik, die sich am Markt behauptet, hat ihre Existenz-berechtigung. Wofür sich die einzelnen Konzepte nun idealerweise eignen, hängt von den Gegebenheiten beim Kunden ab. Optimal ist es, wenn der Anwender schon vorher weiß, wie und zu welchem Zweck die Anlage genutzt werden soll.“
Nils Löschenkohl, Gruppenleiter Produktmanagement ZK, Aug. Winkhaus GmbH & Co. KG

Dem stimmt Nils Löschenkohl zu: „Ob man eine Online-Variante benötigt, hängt in erster Linie davon ab, wie schnell Rechteänderungen an der entsprechenden Türkomponente ankommen müssen. Bei den meisten Türen ist es in der Regel akzeptabel, wenn es wie bei einem Offline-System ein paar Stunden dauert, bei einigen kritischen Anwendungen muss das aber online innerhalb von Sekunden passieren.“

Auch der größere zeitliche Rahmen spielt eine Rolle. Joachim Hengstler von PHG regt deshalb an: „Bei allen kurzfristigen Vorteilen, die eine bestimmte Lösung bei der Erstausstattung vielleicht bietet, sollte man auch immer betrachten, wie es Jahre danach aussieht, auch hinsichtlich Wartung und Aktualisierung der Anlage. Dann relativiert sich auch oft ein anfänglicher Spareffekt mit den Folgekosten. Ich kann als unser eigener Kunde sprechen: Wir haben gerade neu gebaut und unser Gebäude komplett mit Online-Systemen ausgerüstet. Wo wir uns aber Offline-Systeme vorstellen können, ist an Türen, wo die Sicherheit nicht im Vordergrund steht, oder an speziellen Brandschutztüren, sofern es die erforderliche Zulassung dafür gibt.“

Der Zweck und die Mittel

Unter dem Stichwort Brandschutztür ist auch ein weiterer Aspekt angesprochen: Die Beschaffenheit und der Zweck der Tür, die es zu sichern gilt. Olaf Ruff von Normbau erklärt: „Selbstverständlich gibt es Bereiche, wo eine Online-Zutrittskontrolle unwirtschaftlich wird. Etwa weil durch die Verkabelung viel Aufwand entsteht oder weil es um Brandschutztüren geht, wo nachträglich umgerüstet werden soll. Dort ist eine Offline-Komponente meist der ideale Weg.“ Dennoch sieht Thomas Müllner von Opertis hier eine fragwürdige Entwicklung in der Praxis: „In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass einige auf gesetzliche Richtlinien weniger Rücksicht nehmen, speziell wenn es um Brandschutztüren geht. Manche versuchen hier einfach ihre Lösungen zu platzieren. Man muss dem Kunden ganz klar erklären, dass es bestimmte Türen gibt, an denen man mit einer Online-Lösung Probleme bekommen kann, sei es wegen gesetzlicher oder technischer Grenzen. Das muss man dem Kunden ganz offen mitteilen.“

Axel Schmidt von Salto Systems betont den Zweck, der an der Tür erfüllt werden soll: „Gerade im Bereich der Offline-Systeme statten wir heute eine Masse an Türen aus, bei denen es nicht um Kontrolle sondern um Zutrittsorganisation geht. Hier steht nicht die Sicherheit an der Tür an erster Stelle, sondern Komfort. Hier geht es darum, dass die Mitarbeiter nicht mit einem Dutzend verschiedener Schlüssel herumlaufen müssen.“

Ganzheitlich denken

Den Kunden empfiehlt Christian Schmitz von Burg-Wächter schon möglichst frühzeitig eine grundsätzliche Überlegung: „Die wichtigste Frage lautet: Konzentriere ich mich auf eine reine Zutrittslösung oder benötige ich ein integriertes, ganzheitliches System? Rein technisch sind die mechatronischen Komponenten heute genauso leistungsstark wie die klassischen Zutrittskontrollkomponenten, vor allem durch die Vernetzung über Funk.“

Und Mark Meyer von Dom Sicherheitstechnik ergänzt: „Die Lösungen der verschiedenen Hersteller unterscheiden sich heute vielfach nicht mehr in der Leistungsfähigkeit der einzelnen Produkte, sondern auf der Administrationsebene. Hier stellen die etablierten Hersteller der klassischen Online-Zutrittskontrolle in der Regel eine sehr mächtige, gewachsene Software-Umgebung zur Verfügung, welche es von Herstellern, die eher aus dem Bereich der Schließtechnik kommen, oftmals so nicht gibt. Hier ist die Frage jedoch: Benötigt der Kunde diese umfassende Software für ein integriertes System oder reicht ihm eine Lösung mit Fokus auf die reine Zutrittsorganisation an der Tür aus?“

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