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Architektur und Sicherheitstechnik

Unterschiedliche Ansprüche zusammenbringen

Architekten verstehen sich nicht selten als Künstler, und das außergewöhnliche Erscheinungsbild des Gebäudes setzt sich oft bis in die Innenräume fort. Derzeit liegen vor allem glatte Flächen und Glasfassaden im Trend. Damit steigen natürlich die Anforderungen an die Produktentwickler in den Unternehmen für Sicherheitstechnik.

Architekten verstehen sich nicht selten als Künstler, und das außergewöhnliche Erscheinungsbild des Gebäudes setzt sich oft bis in die Innenräume fort. Derzeit liegen vor allem glatte Flächen und Glasfassaden im Trend. Damit steigen natürlich die Anforderungen an die Produktentwickler in den Unternehmen für Sicherheitstechnik.

Bei automatischen Schiebetüren mit Fluchtwegfunktion werden heute selbstverständlich alle Steuerelemente wie auch die Antriebe unsichtbar in immer schmaleren Laufschienen untergebracht. Gleiches gilt für Bewegungsmelder, die den Öffnungsimpuls auslösen, oder die Brandmeldetechnik sowie die Videoüberwachung an der Decke.

Auch Schalter und Taster sowie die berührungslosen Systeme der Zutrittskontrolle müssen möglichst unauffällig neben den Türelementen angebracht sein und sich durch ihr Design in die Gesamtarchitektur des Raumes integrieren. Genauso verhält es sich mit der Außenhaut des Gebäudes. Sperrige Säulen mit Tastern im futuristisch gestalteten Eingangsbereich sind ein absolutes „No-Go“.

Aber die Mikroprozessorsteuerung ermöglicht vieles – den Anspruch nach mehr Unauffälligkeit bei gleichzeitiger Einhaltung der gesetzlichen sowie auch der individuellen Vorgaben des Bauherrn. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass Architekten, planende Ingenieure, Hersteller wie auch Errichterunternehmen selten die gleiche Sprache sprechen, wenn es um die Integration der Sicherheitstechnik geht.

PROTECTOR hat deshalb Imke Scholl, freie Architektin, tätig im Braunschweiger Architekturbüro T + P, sowie Markus Groben, Geschäftsführer der Groben Ingenieure GmbH in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, zu ihren Standpunkten befragt.

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PROTECTOR: Frau Scholl, die Sicherheitstechnik ist eine wichtige und entscheidende Komponente innerhalb der Objektplanung. Ab welchen Zeitpunkt beschäftigen sich Architekten im Rahmen ihrer Gebäudeplanung mit der Sicherheitstechnik?

Imke Scholl: Bei öffentlichen Bauten müssen sich Architekten direkt vom ersten Moment an mit dem Thema Sicherheitstechnik beschäftigen, und zwar in unterschiedlichen Schritten. In Phase 1 hat man das Thema sprichwörtlich im „Hinterkopf“, in Phase 2 und 3 fließt die Sicherheitstechnik aktiv in die Planung mit ein und in Phase 4 schließlich, der Genehmigung, ist das Konzept fertig. Dies verdeutlicht: die Sicherheitstechnik muss von Beginn an fester Bestandteil einer jeden Planung sein und kann nicht irgendwann, wenn das Gebäude schon fast fertig ist, einfach noch „aufgestülpt“ werden.

Herr Groben, Planer, Architekten, Hersteller und Errichter sollten hier idealerweise Hand in Hand arbeiten. Wie sieht eine optimale Abstimmung zwischen den Beteiligten aus?

Markus Groben: Bei der Planung eines Objektes ist es sinnvoll, dass sich bereits in der Startphase Architekten, Auftraggeber und Fachplaner an einen Tisch setzen. Die meisten sicherheitstechnischen Anlagen haben direkte Auswirkungen auf den Hochbau und können erhebliche Kostenfaktoren darstellen.

Der Architekt – oder auch ein Projektsteuerer – soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt in die Lage versetzt werden, realitätsnahe Kostenschätzungen sowie im Rahmen der Entwurfsplanung belastbare Kostenberechnungen zusammenzuführen. Hierzu sind die Beiträge von Fachplanern unerlässlich. Die Rolle der Hersteller und Errichter sehe ich wie folgt: Sie bilden für den Endkunden und die beauftragten Planungsbeteiligten einen unverzichtbaren Wissenspool. Eine konstruktive Zusammenarbeit von Fachplaner und Errichter ist für den späteren Projekterfolg Voraussetzung.

Und welche Rolle übernimmt ein beratender Ingenieur in diesem Umfeld?

Groben: Die Aufgabe des beratenden Ingenieurs stellt sich wie folgt dar: herstellerneutrale Beratung des Kunden, des Architekten sowie weiterer Planungsbeteiligter, Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen, Klären von Schnittstellen zu anderen Gewerken, Erstellen von Kostenschätzungen und belastbaren Kostenberechnungen, Erstellen einer Ausführungsplanung als Grundlage für die spätere Werk- und Montageplanung der Errichter, Erstellen von wettbewerbsfähigen, möglichst neutralen und VOB-konformen Ausschreibungen nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen sowie Mitwirken bei der Vergabe und Begleitung des Projektes plus Koordinierung der Errichterfirmen bis zur Abnahme und Übergabe.

Frau Scholl, gibt es manchmal Abstimmungs- oder Koordinierungsprobleme zwischen den beteiligten Planern, Architekten, Herstellern und Errichtern?

Scholl: Ja, die gibt es sicherlich, da Konzepte nicht immer klar und eindeutig vermittelt werden. Wir sprechen hier von einer Schnittstellenproblematik, da manchmal die Übergabepunkte nur unzureichend definiert sind. Beim Neubau ist es oft noch recht einfach. Schwieriger wird es beim Bauen im Bestand, wenn Konzepte nicht klar sind oder die Mittel extrem begrenzt.

Herr Groben, sprechen aus Ihrer Sicht Architekten und Ingenieure immer die gleiche Sprache, wenn es um die Anforderungen an die Sicherheitstechnik geht?

Groben: Es liegt in der Natur der Sache, dass es hier Zielkonflikte geben kann. Architektonische Gestaltung steht oft im Widerspruch zu notwendiger Sicherheitstechnik. Ein Beispiel hierfür sind die in den letzten Jahren verstärkt eingesetzten großflächigen Glasflächen. Hier gilt es besondere, auch den Regeln der Technik entsprechende Lösungen zu finden. So ist es beispielsweise bei Sprachalarmierungsanlagen erforderlich, in Hinblick auf die Sprachverständlichkeit Normen mit zugelassenen Lautsprechersystemen zu erfüllen. Dies ist in Hallen mit großem Verglasungsanteil nicht immer ganz einfach. Darüber hinaus genügen sicherheitstechnische Anlagen oft nicht den gestalterischen Ansprüchen vieler Architekten.

Und was führt gerade beim Thema Sicherheitstechnik aus Ihrer Sicht immer wieder zu Abstimmungsproblemen zwischen den Beteiligten?

Groben: Oft kommt es vor, dass Fachplaner erst sehr spät eingeschaltet werden. Die Grobkosten wurden zum Projektstart in der Regel basierend auf dem Baukostenindex (BKI) aufgestellt. Die Kosten für die technische Gebäudeausrüstung werden hier meistens überschlägig prozentual ermittelt. Sicherheitstechnische Anlagen werden dann erfahrungsgemäß oft unterschätzt oder können bei der Kostenermittlung nur unzureichend berücksichtigt werden. Dies hat dann nicht auskömmliche Budgets zur Folge.

Es gibt bezogen auf die Sicherheitstechnik sicherlich deutliche Unterschiede, ob es sich um ein Büro- und Verwaltungsgebäude handelt oder um ein Objekt mit hoher Besucherfrequenz – beispielsweise ein Einkaufszentrum. Worin bestehen die Unterschiede?

Scholl: Nein, eigentlich gibt es keine gravierenden Unterschiede, denn der Anforderungskatalog ist oftmals gleich. Allerdings verlagern sich natürlich die Schwerpunkte. Damit ist gemeint: beim Einkaufszentrum oder Krankenhaus liegt der Schwerpunkt mehr im Bereich der Fluchtwegsicherung, bei Bankobjekten liegt er mehr im Bereich Sicherheit und Einbruchschutz.

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