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Unwiederbringliches bewahren

Immer wieder wrerden Museen aufgrund eines mangelnden Brandschutzes ganz oder teilweise geschlossen. Damit in Bestandsgebäuden in erster Linie die Sicherheit der Menschen nicht gefährdet wird, sind vorausschauende Planung und regelmäßige Überprüfungen notwendig, wie das Beispiel der Reiss-Engelhorn-Museen (REM) zeigt.

Das Museum Weltkulturen ist eines von vier Häusern der Reiss-Engelhorn-Museen.
Das Museum Weltkulturen ist eines von vier Häusern der Reiss-Engelhorn-Museen.

Zu den von den Reiss-Engelhorn- Museen betriebenen Einrichtungen in Mannheim gehören verschiedene Museen und Forschungsstellen. Im Zentrum steht die Museumsarbeit der vier Häuser Museum Zeughaus, Museum Weltkulturen, Museum Schillerhaus und Museum Bassermannhaus für Musik und Kunst. Auf insgesamt 12.600 Quadratmetern Ausstellungsfläche für alle vier Gebäude erhalten hier die umfangreichen Sammlungen einen weiten Raum. Im Museum Zeughaus, einem architektonisch bedeutenden Bau des Frühklassizismus, sind unter anderem in der Ausstellung „Welt der Antike“ Objekte der Griechen, Etrusker und Römer zu sehen. Gegenüber vom Zeughaus wurde 1988 mit dem Museum Weltkulturen ein moderner Bau mit Fokus auf völker- und naturkundliche Bestände, Ausstellungen aus den archäologischen Sammlungen sowie wechselnde Sonderausstellungen errichtet. Hier gibt es auch Raumangebote für Veranstaltungen, etwa einen Kino-Saal mit Platz für bis zu 400 Gäste. Insgesamt beherbergen die Museen über 1,2 Millionen Objekte, von denen die nicht ausgestellten im Depot lagern. 155 festangestellte und 231 ehrenamtliche Mitarbeiter betreuen die Ausstellungen und die Besucher.

Kompromisse notwendig

Denkmalschutz spielt vor allem bei historischen Gebäuden eine Rolle, wenn es um den baulichen oder technischen Brandschutz geht. Bei moderneren Gebäuden wie dem Museum Weltkulturen dagegen kann auch ein Architektenschutz zu berücksichtigen sein, der dazu führt, dass nicht einfach bestimmte Teile eines Gebäudes nachträglich verändert werden dürfen. Für ein schlüssiges Brandschutzkonzept sind daher häufig Kompromisse notwendig, die mit allen am Brandschutz- und Sicherheitskonzept beteiligten Verantwortlichen wie der Feuerwehr, Bauaufsicht und dem Museum selbst möglichst eng abgestimmt gehören. Die Unterteilung in Brandabschnitte und deren Abschottung, ausreichende Rettungs- und Fluchtwege sowie eine wirksame Entrauchung über Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) sind Pflicht. Besucher müssen im Alarmfall rechtzeitig optisch durch das Personal angeleitet werden, damit das Gebäude zügig geräumt wird.

Sofortige Alarmierung

Auch die Reiss-Engelhorn-Museen haben sich mit den Anforderungen der Behörden, Versicherern und Brandschutzexperten auseinandergesetzt und entsprechende Konzepte erarbeitet. Im Fokus stehen hier besonders die Museen Zeughaus und Weltkulturen mit etwa 6.000 und 3.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Bei Auslösen eines Brandmelders in einem der vier Museen werden unmittelbar die Feuerwehr und die Sicherheitszentrale alarmiert. Letztere ist rund um die Uhr sieben Tage die Woche besetzt. Im Alarmfall rückt die Feuerwehr immer an, auch wenn es sich um einen Fehlalarm handeln sollte. Besondere Aufmerksamkeit liegt auf den Laufkarten für die Feuerwehr in der Brandmeldezentrale. Da gerade die Museen Zeughaus und Weltkulturen regelmäßig im Zuge von Ausstellungen räumliche Veränderungen durch Aufstellwände vornehmen, müssen auch die Laufkarten dementsprechend angepasst und aktuell gehalten werden. Gleichzeitig müssen alle Rettungswegpläne in den Räumen die räumlichen Gegebenheiten widerspiegeln und daher immer aktualisiert werden. Je nach Ausstellung wird im Vorfeld die Feuerwehr für den vorbeugenden Brandschutz hinzugezogen, um bereits bei der Planung brandschutztechnische und -rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Zusammen mit der Feuerwehr wird etwa geprüft, ob und inwieweit die kabelverlegten Melder ausreichend sind, ob zusätzliche installiert oder bestehende versetzt werden müssen. Auch der Versicherer, gerade bei Ausstellungen mit hochwertigen Exponaten, prüft mit einem umfangreichen Fragenkatalog, ob alle Auflagen und Bestimmungen erfüllt sind.

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Personenrettung hat Priorität

Bei jeder Ausstellung gibt es ferner eine Sicherheitsbegehung, bei der sich alle eigenen und externen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma genauestens mit den räumlichen und (brandschutz)- technischen Gegebenheiten vertraut machen. Ebenso werden Evakuierungs- übungen abgehalten und alle Mitarbeiter regelmäßig jährlich geschult. „Die Evakuierungszeit hängt vom Gebäude ab. Das Zeughaus konnten wir etagenweise in etwa zwölf Minuten komplett räumen“, so Arndt Zimmermann, Leiter der Abteilung Innere Dienste der Reiss-Engelhorn-Museen. Ein Dieselnotstromaggregat versorgt alle Gebäude mit Strom, sollte dieser ausfallen. Gleichzeitig gibt es eine batteriegestützte Versorgung für etwa 30 Minuten, sollte das Aggregat nicht sofort übernehmen, womit eine ausreichend lange Notbeleuchtung gewährleistet wird. Im Alarmfall wird immer das komplette Gebäude geräumt. Dabei werden auch alle Ausstellungsräume genauestens kontrolliert, damit keine Personen zurückbleiben. Das Personal nutzt dabei die umfangreiche Videoüberwachung, um Personen in den einzelnen Räumen zu lokalisieren. Dass im Ernstfall immer komplett evakuiert wird, hängt auch mit der Sicherheit der Exponate zusammen, denn nur so lässt sich verhindern, dass sich im Ernstfall Personen an diesen zu schaffen machen. Denn das Personal ist dann vollständig mit der Evakuierung der Personen beschäftigt und kann sich nicht gleichzeitig um die Sicherheit der Exponate kümmern. Je nach Ausstellung können mehrere Tausend Besucher am Tag im Museum sein. Eine Besonderheit beispielsweise ist die „Lange Nacht der Museen“ der Metropolregion Rhein-Neckar. Hier kann es wegen des freien Eintritts und des Eventcharakters zu besonders hohen Besucherzahlen kommen. Dementsprechend muss gemäß Brandschutzanforderungen darauf geachtet werden, dass sich nicht zu viele Personen gleichzeitig in den Gebäuden aufhalten.

Schutz der Exponate

Für die meisten Exponate ist Wasser mindestens ebenso gefährlich wie Feuer. Besondere Stücke sind daher speziell gesichert, etwa in luftdichten Vitrinen, sodass keine Feuchtigkeit oder im Ernstfall Löschwasser eindringen kann. Je nach Raum und Zweck kommen verschiedene Meldertypen zum Einsatz, teilweise auch in Zwischendecken und an Brandschutztüren. In den Ausstellungsräumen sind das überwiegend Rauchmelder, in den Depots detektieren dagegen thermische Melder. Der Grund hierfür liegt in der Behandlung einiger Exponate, die soweit kontrolliert erwärmt werden, dass Insekten unschädlich gemacht werden. Die thermischen Melder reagieren dementsprechend erst ab 90 Grad Celsius. Ebenfalls im Depot vorhanden sind zweistöckige Rollregalsysteme, in denen ebenfalls Rauchmelder installiert sind, da die Regale beim Bewegen die Melder an der Decke soweit „versperren“ können, dass eine sofortige Detektion nicht gewährleistet wäre. Allein im Depot sind über 300 Brandmelder installiert. Die Aufstellwände in den Räumen bestehen aus Spanplatten, die mit speziellen Lackschichten behandelt werden, um einen gewissen Feuerwiderstand zu erreichen. Ebenso werden die vom Museum selbst teilweise aufwendig gestalteten Ausstellungs- und Dekorationsstücke vollständig mit Lacken behandelt. „Um sicherzugehen, haben wir in einem kleinen Test auch mal behandeltes Stroh eines Dachs versucht anzuzünden“, erläutert Zimmermann „Mit normalen Mitteln ließ sich das Stroh nicht mehr entzünden, die Beschichtung erfüllt ihren Zweck.“

Gemeinsam helfen

Auch wenn Museen detaillierte Risikobewertungen für Gebäude, Ausstellungen und Exponate vornehmen, ist ein Ernstfall nicht grundsätzlich auszuschließen. Für Museen stellt sich neben der Rettung der Menschen dann auch die Frage, wie sich Ausstellungsstücke in einem vertretbaren Rahmen retten lasen, damit sie nicht Opfer von Feuer oder Wasser werden. Zu diesem Zweck haben sich in den letzten Jahren Notfallverbünde geschlossen, denen Institutionen angehören, die Kulturgüter von internationaler, nationaler und regionaler Bedeutung verwahren. Ziel ist es, im Katastrophenfall Exponate und Kulturgüter sachgemäß zu bergen und eine Erstversorgung sowie Zwischenlagerung der geborgenen Objekte zu gewährleisten.

Auch die Feuerwehren sind mit eingebunden, da sie gegebenenfalls als erste mit der Bergung beginnen können und sollen. Diese bringen oft zusätzlich zur Ausrüstung der einzelnen Institutionen weiteres Spezialequipment zur Einsatzstelle. In regelmäßigen Übungen wird das gemeinsame Vorgehen der Verbundmitglieder und der Feuerwehr trainiert. Hierzu benötigt die Feuerwehr vor allem eine Liste mit den Objekten, die Priorisierung bei der Rettung, Aufstellorte und die Eigenschaften, etwa Gewicht, Größe und welche Löschmittel eingesetzt werden dürfen, sofern eine Wahl besteht. Auch die Reiss-Engelhorn-Museen wollen zusammen mit den anderen Museen in Mannheim einen entsprechenden Notfallverbund ins Leben rufen. Hierfür ist die Projektierung noch in diesem Jahr angesetzt. Neben den Museen soll auch die Berufsfeuerwehr Mannheim eingebunden werden. Museen sind Bewahrer von oftmals einzigartigen Kulturgütern, deren Verlust im Brandfall unwiderruflich ist. Es liegt daher nicht nur im Interesse der Museen selbst, sondern auch im kulturellen und gesellschaftlichen Interesse aller, dass die Orte zur Ausstellung und Aufbewahrung für Menschen und auch die Güter so sicher wie möglich angelegt sind. Je enger sich Verantwortliche im Vorfeld mit Behörden und Experten abstimmen, desto umfassender und detaillierter kann der Schutz ausfallen, von dem alle profitieren. HL

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