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Compliance im Ausland 29. August 2012

Verzwickte Herausforderung

Die Einhaltung von Recht und Gesetz sowie interner Regeln und Anweisungen auf internationaler Ebene sollte in jedem Unternehmen selbstverständlich sein. Das ist leichter gesagt als getan.

Ein Compliance Officer steht schon beinahe mit einem Bein im Gefängnis, wenn er die internationale Gesetzgebung nicht beachtet.
Ein Compliance Officer steht schon beinahe mit einem Bein im Gefängnis, wenn er die internationale Gesetzgebung nicht beachtet.

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Berufung zum Compliance Officer: Sie reduzieren jetzt die Haftungsrisiken für das Unternehmen. Sie bewahren es vor Regelverstößen und daraus entstehenden Schäden. Sie kennen selbstverständlich alle relevanten, nationalen Gesetze. Gewissenhaft und erfolgreich haben Sie Verhaltensrichtlinien im Unternehmen entwickelt und implementiert, kontrollieren deren Einhaltung. Sie klären Verdachtsfälle und sorgen dafür, dass Fehlverhalten sanktioniert wird.

Weltweit agieren

Nun wird Ihr Wirkungsbereich vergrößert. Sie müssen jetzt auch noch ganz selbstverständlich weltweit agieren. Doch Sie stellen schnell fest, dass es nirgendwo auf der Welt gleich zugeht, und geraten heftig unter Leistungsdruck, denn allein die Übernahme des Amtes des Compliance Officers begründet ihre persönliche zivil- und strafrechtliche Haftung.

Compliance hat in dem Teilbereich der Korruptionsbekämpfung durch den zum 1. Juli 2011 in Kraft getretenen UK Bribery Act eine besondere Bedeutung erlangt. Unter Strafe gestellt sind sowohl die aktive als auch passive Bestechung im Geschäftsverkehr wie auch die ausländischer Amtsträger. Unter Strafe gestellt ist ferner der unterlassene Aufbau einer Organisation zur Verhinderung von Bestechung in beziehunsweise durch Unternehmen.

Es ist ein Irrglaube zu meinen, dass dieser UK Bribery Act ausschließlich britische Firmen beträfe. Der UK Bribery Act ist nicht nur dann eröffnet, wenn sich ein in England ansässiges Unternehmen auf Korruptionshandlungen eingelassen hat, sondern bereits dann, wenn sich das Unternehmen in England wirtschaftlich betätigt, wie Experten erklären. Im Prinzip genügt schon eine Lieferung über den Kanal.

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Der Clou liegt darin, dass natürlich nicht nur Korruptionstaten nach dem Act geahndet werden können, sondern alle entsprechenden Handlungen weltweit. Ein deutsches Unternehmen mag folglich im Hinblick auf seine Geschäftsbeziehungen mit den Briten absolut korrekt handeln und eine perfekte Compliance-Struktur geschaffen haben, macht sich aber nach dem Act strafbar, wenn dergleichen in Bezug auf Geschäfte mit einem Drittland fehlt. Es könnte deshalb vor einem englischen Gericht belangt werden.

Unternehmen können sich von dem Vorwurf der Bestechung im Geschäftsverkehr nur exkulpieren, wenn sie nachweisen, dass sie eine wirksame Organisation zur Verhinderung von Bestechung im Unternehmen geschaffen haben. Besonders tückisch im Bribery Act ist zudem der Unterlassungstatbestand, nämlich keine ausreichende Vorsorge in der Unternehmensorganisation für die Korruptionsbekämpfung übernommen zu haben. Die Verantwortung hierfür hat der Compliance Officer, der das zivil- und strafrechtliche Haftungsrisiko trägt.

Für einen Entlastungsbeweis reicht es nach Juristeneinschätzung nicht aus, dass Compliance-Strukturen mit entsprechender Ächtung der Korruption existieren. Bei Geschäftspartnern genügt es zum Beispiel auch nicht mehr, wenn die eigenen Anti-Korruptions-Regelungen zum Gegenstand des Vertrages gemacht werden. Freisprechen kann sich ein Unternehmen nur dann, wenn es sich zudem durch eine besondere Due Diligence, also der Einholung von Hintergrundinformationen zum künftigen Geschäftspartner, kundig gemacht hat.

Das Gesetz fordert zudem eine ständige Mitarbeiterschulung zur Korruptionsverhinderung sowie ein umfassendes und ständiges Monitoring hinsichtlich der Sicherstellung und Kontrolle der Einhaltung aller Compliance-Richtlinien.

Informationen vernetzen

Für den Compliance Officer bedeutet die Übernahme des Amtes – will er nicht in eine umfängliche Haftungsfalle hineinlaufen – seine Zuständigkeiten und Befugnisse klar zu definieren, die Position ausreichend budgetieren zu lassen und mit Hilfe von Fachleuten in den unterschiedlichsten Bereichen zusammenzuarbeiten, um seinem Auftrag gerecht werden zu können: dem Schutz des Unternehmens.

Volkmar Seidel, Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Steuerrecht, KDM Sicherheitsconsulting

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