Corona zeigt, wie leicht ein Unternehmen in die Krise rutschen kann; um die Herausforderungen bewältigen zu können, ist ein Krisenfahrplan vonnöten. Denn neben innerbetrieblichen Problemen und Fehlkalkulationen kann auch die allgemeine Wirtschaftslage zur Herausforderung werden. Politische und gesellschaftliche Ausnahmesituationen wie Handelskriege oder Pandemien beeinflussen den Absatzmarkt stark und verursachen in manchen Branchen einen Wirtschaftseinbruch. Das führt uns die aktuelle, inzwischen länger als ein Jahr andauernde, Ausnahmesituation sehr deutlich vor Augen. Ist es um die Liquidität schlecht bestellt, genügt häufig schon eine kurze Flaute, um ein Unternehmen in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Wie aber bleibt man entscheidungs- und handlungsfähig, wenn der Boden unter den Füßen verloren geht?
Den Kopf nach altbekannter Vogel-Strauß-Methode in den Sand zu stecken, ist keine Lösung, glaubt Roland Schreiber von der Steuerberatungsgesellschaft Eventus in Wolfenbüttel. Seien die Probleme identifiziert, gelte es, sofort aktiv zu werden, um den Turnaround zu schaffen: „Wichtig ist, Krisen rechtzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln. Je nach Krisenart ist die mögliche Reaktionszeit wichtig. Krisen entwickeln sich meist über mehrere Punkte, von der strategischen Krise über die Erfolgskrise zur Liquiditätskrise, die dann im schlimmsten Fall zur Insolvenz beziehungsweise Liquidation führt.“ Folgende Vorgehensweise kann in einer Krise helfen:
Krisenfahrplan vorbereiten
Betriebswirtschaftliche Entscheidungen in einer Krise sind oftmals hart – aber überlebensnotwendig. Der erste Schritt ist deshalb, dass die Krise akzeptiert wird. Sie sollte als Chance für eine bessere Zukunft betrachtet werden. So können Marktveränderungen in Krisen auch neue Türen öffnen. Unternehmen, die es schaffen, ihre Chancen zu erkennen und ihre Produkte und Dienstleistungen anzupassen, haben die Möglichkeit, den Umständen entsprechend als Gewinner aus der Krise zu wachsen. Im Zuge der Coronakrise ist beispielsweise die Videokonferenz-Software „Zoom“ an der Börse mehr wert als die fünf größten Fluglinien zusammen. Sehen Sie die Gelegenheit, aus Fehlern zu lernen und gestärkt aus der Krise hervorzukommen. Es gilt: Je eher Sie eine Krise bearbeiten, desto größer sind Ihre Handlungsmöglichkeiten.
- Führungsrolle wahrnehmenEine Führungskraft allein kann keine Krise allein lösen, sie hat Vorbildfunktion und sollte darüber hinaus Akteur für nachhaltige Lösungen sein. Sie steht in Krisensituationen in einer besonderen Verantwortung. Motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, Prozesse und Aufgaben auf das Wesentliche zu fokussieren. So schaffen Sie einen gemeinsamen Ausweg aus der Krise.
- Krisenplan erstellenErstellen Sie möglichst frühzeitig einen Krisenplan, der aus Szenarien besteht, die zum Ausweg aus der Krise führen und Aktionspläne und Checklisten beinhaltet. Erstellen Sie möglichst frühzeitig einen Krisenplan, der aus Szenarien besteht, die zum Ausweg aus der Krise führen und Aktionspläne und Checklisten beinhaltet.Sind Sie bereits mitten in der Krise? Setzen Sie Prioritäten: Wie kann der Schutz meiner Mitarbeiter sichergestellt werden, was wäre unser „Worst Case“, wie können wir Kosten und vor allem das Schadensausmaß für unser Unternehmen reduzieren? Welche Prozesse sind außerdem überlebensnotwendig? Einen ersten Schritt zur Besserung stellt eine Liquiditätsoptimierung dar. Ermitteln Sie die Zahlungsströme und erstellen Sie Gewinn- und Verlustprognosen für die nächsten Monate. Hiervon ausgehend können Sie Sparpotenziale erkennen und schnellstmöglich nutzen. Überprüfen Sie vor allem folgende Punkte:
- Im Einkauf lassen sich Bestellungen gegebenenfalls bündeln, um günstige Konditionen von Lieferanten zu nutzen.
- Lagerbestände möglichst klein halten, denn sie verursachen hohe Kosten.
- Überprüfen Sie Nebenkosten wie Energie- oder Telekommunikationskosten. Suchen Sie nach besseren Tarifen. Auch im Bereich der Versicherungen können sich Sparpotenziale ergeben. Oft lassen sich diese im Rahmen einer unabhängigen Beratung erkennen.
- Passen Sie Werbung und Marketing den Gegebenheiten an und fokussieren Sie sich auf die Zielgruppe.
- Führen Sie Gespräche mit Vermietern und Banken zu besseren Vertragskonditionen.
- Effektive KommunikationSpeziell in Krisenzeiten ist gerade die Kommunikation von enormer Bedeutung. Denn die Menschen suchen in Krisenzeiten Sicherheit und Verlässlichkeit. Das gilt für die Mitarbeiter, die eigenen Kunden und alle weiteren Stakeholder: Sie alle benötigen ein Gefühl der Sicherheit und möchten aktuell, ehrlich und umfassend informiert sein. Unternehmen, die dies erkennen und richtig mit den Zielgruppen kommunizieren, schaffen Vertrauen. Die Kommunikation nach innen und außen sollte klar, konsistent und transparent bleiben. Wählen Sie also eine Person im Unternehmen, die als „Krisensprecher“ fungiert. Nicht-Handeln, mangelhafte Transparenz oder gar Unwahrheiten führen zu Unglaubwürdigkeit und fehlendem Vertrauen.Folgende Grundsätze der Krisenkommunikation sollten Sie beherzigen:
- schnell (aktiv und frühzeitig),
- wahr (sachlich, transparent und wahr),
- verständlich (kurz, einfach, unkompliziert, bildhaft),
- konsistent (einheitlich, koordiniert und kontinuierlich).
- Mitarbeiter informierenEines der wichtigsten Schritte in der Krisenbewältigung ist die interne Kommunikation. „Wir schaffen den Ausstieg aus der Krise!“ – das muss deutlich den Mitarbeitern im Unternehmen kommuniziert werden, denn in Krisenzeiten entstehen Ängste. Führungskräfte, die ehrlich und kontinuierlich informieren und kommunizieren, geben ein Sicherheitsgefühl und schaffen so langfristig Vertrauen. Eine erfolgreiche interne Kommunikation zeigt sich im Teamwork und in der Fähigkeit, miteinander zu sprechen und sich aufeinander verlassen zu können.Um die Gehälter für Mitarbeitende zu stemmen und möglichst auf Entlassungen verzichten zu können, sollte auf alle bestehenden Instrumente zurückgegriffen werden. Hierzu gehört etwa die Kurzarbeit, aber auch eine gute Personalentwicklung. Mit fairen Löhnen und attraktiven Arbeitsbedingungen können Sie Krisen behandeln, ohne erfahrene Mitarbeiter zu verlieren. Es gilt, zukunftsorientiert zu handeln und die Firma attraktiv für Mitarbeiter und Bewerber zu gestalten. Insbesondere junge Menschen und Eltern haben oft Prioritäten, auf die ohne eine Gehaltserhöhung eingegangen werden kann. Nutzen Sie die Möglichkeiten von familienfreundlichen Arbeitszeiten, einer guten Work-Life-Balance, unternehmensinternen Ausbildungen und Förderungen oder steuer- und sozialabgabenfreien Sachzuwendungen.
Die Reißleine ziehen: Sanierung, Insolvenz und Schutzschirm für Unternehmen
Ihr Unternehmen ist dabei, ins Straucheln zu geraten und Sie benötigen Erstberatung in Sachen Insolvenzrecht? Zögern Sie nicht, sich über Ihre Pflichten und Möglichkeiten im Falle einer Insolvenz zu informieren. Je früher Sie handeln, desto höher sind die Sanierungschancen.
Auch zur Vermeidung persönlicher Haftung sollten sich Unternehmer, Geschäftsführer, Selbstständige, Vorstände und Aufsichtsräte möglichst schon vor Eintritt einer Krise mit ihren Verpflichtungen und Handlungsalternativen auseinandersetzen. Eine Möglichkeit hierzu bieten die kostenlosen Insolvenzsprechtage der IHK Braunschweig.
Kunden, Partner und Medien nicht vergessen
In einer Krise darf nicht die Kommunikation nach außen verloren gehen, im Gegenteil: Bei der externen Kommunikation bewährt sich proaktive, kontinuierliche und vor allem positive Kommunikation. Als Krisenmanager müssen Sie das Steuer in die Hand nehmen, um Imageschäden und Gerüchte zu verhindern. Zeigen Sie Ihren Kunden regelmäßig, dass Sie weiter für Sie da sind. Nutzen Sie dafür Ihre Website, Social-Media-Kanäle, Newsletter oder Pressemitteilungen.
Und, ganz wichtig: Nehmen Sie rechtzeitig Kontakt mit Ihren Finanzierungspartnern auf. Besprechen Sie die Situation proaktiv und erarbeiten Sie gemeinsam Lösungen, die das Unternehmen wieder auf die Erfolgslinie bringen. Auch Vertreter unserer regionalen Banken unterstreichen dies.
Aus der Krise lernen und Visionen entwickeln
Eine klare Vision der Führung für die Zeit nach der Krise ist für die Menschen im Unternehmen strategisch notwendig und hoffnungsgebend. Eine Unternehmensvision sollte dabei immer in einer positiven Aussage formuliert werden. Sie soll motivierend und richtungsweisend auf die Menschen im Unternehmen wirken. Überlegen Sie genau, warum Sie beim letzten Mal in eine Krise geraten oder gescheitert sind und wie Sie diese Schwierigkeiten bereits bei der Gründung hätten vermeiden können. Besprechen Sie im Team, was aus der Krise gelernt wurde und wie diese Fehler bei der nächsten Krise vermieden werden können.
Der Beitrag wurde bereits auf dem Portal der IHK Braunschweig veröffentlicht.
Alexander Gündermann, Assessor, Abteilungsleiter der Abteilung „Wirtschaft“ in der Industrie- und Handelskammer Braunschweig (IHK)