Foto: Wikimedia/Francois Reincke
Nach Schätzungen von Experten befinden sich rund 3.000 Überwachungskameras auf deutschen Bahnhöfen.

Sicherheit bei der Deutschen Bahn

Weiche steht auf Videoüberwachung

Die Bahn ist als Personenbeförderungs- und Transportunternehmen ein Teil der „kritischen Infrastrukturen“ des Landes. Sie gehört damit zu den „Organisationen und Einrichtungen mit vitaler Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen" - kein Wunder, dass Sicherheit hier höchsten Stellenwert einnimmt.

Sicherheit für 1,9 Milliarden Reisende, Zigtausende Züge, Bahnhöfe und fast 34.000 Kilometer Schienen, aber auch für 240.000 Mitarbeiter. Da wird rasch plausibel, dass Sicherheitsmaßnahmen wie auf Flughäfen nicht möglich sind.

Sicherheitszentrum und Krisenstab

Das Sicherheitskonzept der Bahn ruht auf drei Säulen: Neben gut ausgebildetem und ständig trainiertem Sicherheitspersonal stehen „umfangreiche technische Hilfsmittel“ – damit sind in erster Liniedie Tausende von Kameras in den Bahnhöfen gemeint – zur Verfügung, und die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei wird ständig verfeinert. Das bereits Mitte 2005 in Berlin eröffnete Sicherheitszentrum der Deutschen Bahn AG, das sich in der Berliner Konzernzentrale in der Köthener Straße befindet, wird von Bahn und Bundespolizei gemeinsam genutzt. Hier überwachen 22 DB-Sicherheitsexperten zusammen mit acht Beamten der Bundespolizeidirektion den gesamten deutschen Schienenverkehr. Sie haben Zugriff auf sämtliche Überwachungskameras auf deutschen Bahnhöfen – nach vorsichtigen Schätzungen von Fachleuten dürften das inzwischen um die 3.000 Stück sein – um bei Zugunglücken und anderen Vorfällen sofort einen zentralen Krisenstab zu alarmieren.

Nervenzentrum des Schienenriesen

Der Berliner Krisenstab tagt im Normalfall einmal im Monat an einem geheimen Ort „in der Nähe des Potsdamer Platzes“, mehr wird aus Sicherheitsgründen nicht verraten. Nur wenige dürfen den Krisenstab einberufen, dazu gehören natürlich der Vorstandschef, sein Pressechef Oliver Schumacher, aber auch die Vorstände und Jens Puls, Leiter Konzernsicherheit der DB AG. Im Ernstfall ist das Krisenzentrum, in dem dann neben den Bahnzuständigen häufig auch Vertreter der Politik sitzen (Innen-, Justiz-, Verkehrsministerium), das Nervenzentrum des Schienenriesen, entsprechend ist es mit modernster Kommunikationstechnik ausgestattet. Das Sicherheitszentrum soll „Gefährdungen aus technischem oder menschlichem Versagen, kriminellen Handlungen, Pandemien und Epidemien verhindern oder die Folgen begrenzen“. Dazu Jens Puls: „Alle wichtigen Informationen laufen bei uns zusammen. 24 Stunden lang, sieben Tage die Woche.“ Dazu gehören auch die Informationen des BOS-Netzes. Die Berichte der Meldestellen oder Geschäftsfelder werden zusammengefasst, vorgetragen und analysiert. Die Vorstände und Chefs der Geschäftsfelder Regional-, Fern- oder Güterverkehr können anschließend auf die jeweilige Situation reagieren.

Das 3-S-Plus Konzept

Auf Bahnhofsebene wird mit dem 3-SKonzept für Sicherheit, Service und Sauberkeit Kundennähe hergestellt. Bereits Mitte der 90er Jahre begann die Bahn einen Teil ihrer rund 5.700 Bahnhöfe aufzumöbeln und mit 3-S-Zentralen auszustatten. Genaues erfährt man nicht, aber es dürften inzwischen etwas unter 100 Bahnhöfe sein, die das Konzept umgesetzt haben. In den Zentralen werden alle Vorkommnisse im Bahnhofsbereich gehandhabt. Hier laufen die Überwachungskameras des Bahnhofes und gegebenenfalls der Region zusammen. Alle 3-S-Zentralen sind an das oben bereits erwähnte bundesweite Sicherheitszentrum in Berlin angeschlossen, wo auch entschieden wird, ob ein Vorkommnis zentral von Berlin aus bearbeitet werden muss. Die Zusammenarbeit zwischen Bahn und Bundespolizei wird auch hier praktiziert. In gemeinsamen Streifen zeigen Bahn und Staat Präsenz und vermitteln das Gefühl der Sicherheit – zumindest in größeren Bahnhöfen.

Vielfalt an Vorkommnissen

Die Palette der Vorkommnisse ist groß. Betrunkene Randalierer sind noch das geringste Problem, auch Großveranstaltungen mit sich bekriegenden Fans sind gut in den Griff zu bekommen. Völlig unberechenbar sind hingegen Selbstmörder, die immer wieder den Bahnverkehr beeinträchtigen. Stundenlang dürfen dann Tausende von Passagieren warten, bis die Überreste der Leichen beseitigt sind. Der gesamte Fahrplan kann dann durcheinander geraten. Häufig sind auch herrenlose Koffer Auslöser von Alarmen, dann müssen die Spezialisten der Polizei nicht nur den Bahnhof evakuieren, sondern auch das Gepäckstück mit einer Wasserkanone öffnen und unschädlich machen.

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