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Standardisierung 13. Oktober 2015

Zukunft der Sicherheitstechnik

Vernetzung ist in der Sicherheitstechnik ein zentraler Trend, denn integrierte Sicherheitslösungen bieten eine hohe Kosteneffizienz und einen reduzierten Administrationsaufwand. Voraussetzung für deren Realisierung ist die Nutzung von offenen Plattformen und standardisierten Protokollen.

Zutrittskontrolle mit Smartcard und Lesegerät von HID Global.
Zutrittskontrolle mit Smartcard und Lesegerät von HID Global.

Standards wie die Onvif-Spezifikation OSDP (Open Supervised Device Protocol), Bacnet (Building Automation and Control Networks) oder OPC (OLE for Process Control) ermöglichen in der Informations- und Kommuni-kationstechnik sowie Gebäudeautomation die Konzeption konvergenter Lösungen. Das betrifft gerade auch den Bereich der Sicherheitstechnik, beispielsweise mit einer möglichen standardisierten Verknüpfung von Zutrittskontrol- lund Videoüberwachungssystemen und deren Vernetzung mit Einbruchmeldeanlagen. Eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung vernetzter, integrierter Systeme ist zudem die stärkere Verbreitung IP-basierter Sicherheitsprodukte. Ein Indiz hierfür ist der deutlich steigende Marktanteil von IPKameras. Und auch bei Einbruchmelde-anlagen finden sich inzwischen Lösungen mit integriertem IP-Übertragungsgerät zur direkten Anbindung an Gebäude-managementsysteme.

Status quo im Sicherheitsbereich ist allerdings auch, dass unterschiedliche Systeme vielfach noch autark betrieben werden. Das Resultat ist zunächst ein hoher Administrationsaufwand. Auch unter Kostengesichtspunkten sind derartige Lösungsansätze in der Regel nicht optimal. Abhilfe schaffen die genannten konvergenten Lösungen auf der Basis offener Standards.

OSDP etabliert sich

Was sich in der IT bereits seit Längerem abzeichnet, also der Einsatz offener, standardisierter Systeme, wird zunehmend auch den klassischen Sicherheitsbereich erfassen. Bei Videosystemen ist diese Entwicklung bereits Realität: hier hat sich Onvif als der De-facto-Standard etabliert, den die Mehrheit aller wichtigen Anbieter von IP-Videoprodukten mittlerweile unterstützt. Die Onvif-Schnittstelle stellt eine herstellerneutrale Lösungskompatibilität sicher, die zum Beispiel den Anschluss einer Videokamera an ein Überwachungssystem ermöglicht.

Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch im Bereich der Zutrittskontrollsysteme ab. Hier kristallisiert sich OSDP als neuer Standard heraus, der die Kommunikation zwischen Controller und Lesegerät regelt. In der Vergangenheit dominierten Wiegand- und Clock/Data-Schnittstellen, die aber eine Reihe von Schwächen aufweisen. Sie bieten lediglich eine serielle unidirektionale Kommunikation, und alle Kartenleser müssen jeweils über eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung mühsam einzeln angeschlossen werden. Die maximale Kabelanschlusslänge liegt bei jeweils nur 150 Metern. Im deutschsprachigen Markt werden darüber hinaus oft auch RS-485-Schnittstellen genutzt, die in der Regel proprietäre, herstellerabhängige Kommunikationsstrukturen aufweisen.

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OSDP hingegen basiert auf einer standardisierten RS-485-Schnittstelle und unterstützt eine bidirektionale Kommunikation, das heißt, es ist auch eine Überwachung der Lesegeräte oder die Durchführung automatischer Firmware-Updates möglich. Die Leser können in einer Entfernung von bis zu 1.200 Metern angeschlossen werden. Dabei gibt es auch keine Beschränkung auf Punk-tzu- Punkt-Verbindungen, sondern es können auch Reihenschaltungen realisiert werden. Die Vorteile, die OSDP mit sich bringt, sind weitreichend, da die OSDP-Spezifikation auf hohe Kompatibilität, Skalierbarkeit und Sicherheit ausgelegt ist. Eine hochsichere bidirektionale Kommunikation ist durch die AES-128-Verschlüsselung gewährleistet, die Hacker-Angriffe erheblich erschwert.

Abgesehen von der einfachen und schnellen Nutzung im Plug-and-Play-Verfahren ist vor allem die Standardisierung von erheblichem Nutzen für Integratoren und Anwender. Sie bietet einen hohen Investitionsschutz, führt zu geringeren Schulungskosten und ermöglicht eine deutlich gesteigerte Flexibilität bei der Lösungsauswahl. Flexibilität heißt, dass die Anwender keine Herstellerabhängigkeit befürchten müssen. Zum Beispiel kann ein Unternehmen dann die für die eigenen Anforderungen am besten geeigneten Controller beziehungsweise Lesegeräte auch von unterschiedlichen Anbietern auswählen und einsetzen. Die zahlreichen OSDP-Vorteile haben auch dazu geführt, dass immer mehr Hersteller heute auf diesen Standard setzen, so auch HID Global.

Standardisierung auf allen Ebenen

Der Trend zur Offenheit und Standardisierung zeichnet sich aber nicht nur auf der Feldebene, sprich hinsichtlich Videokameras und Lesegeräten mit Onvif beziehungsweise OSDP, ab, sondern auch auf der Automatisierungsebene mit den Controllern und der Managementebene mit den entsprechenden Software-Managementlösungen. Auf beiden Ebenen finden sich verstärkt Lösungen, die auf einer offenen Plattform mit dokumentierten APIs (Application Programming Interface) basieren. Außerdem stellen die Anbieter für ihre Lösungen zunehmend auch SDKs (Software Development Kits) zur Verfügung.

Setzen die unterschiedlichen Sicherheitssysteme auf offene Standards, ist auch die Basis für eine konvergente Lösung geschaffen, zum Beispiel mit einer engen Verzahnung von Zutrittskontrolle und Videoüberwachung oder auch im Hinblick auf eine Vernetzung von Zutrittskontroll- und Videoüberwachungssystemen mit Einbruchmeldeanlagen. Die Synergieeffekte, die die Verknüpfung unterschiedlicher Systeme mit sich bringt, reichen von einer vereinfachten Infrastruktur über eine deutliche Reduzierung des Administrationsaufwands bei der Implementierung oder bei Konfigurationsänderungen bis hin zu einer Kostenreduzierung. Nicht zuletzt bedeutet Vernetzung aber auch eine erheblich höhere Sicherheit. Ein Beispiel zeigt dies deutlich: Bei einer engen Integration von Zutrittskontrolle und Videoüberwachung ist es bei einem Brandalarm nicht nur möglich, Videobilder zu nutzen. Gleichzeitig kann durch den unmittelbaren Zugriff auf die Zutrittskontrolldaten schnell festgestellt werden, wie viele und welche Personen sich aktuell im entsprechenden Brandabschnitt aufhalten.

Generell wird der Trend zur Standardisierung auch im Bereich der Sicherheitstechnik nicht aufzuhalten sein. Auch Anbieter von proprietären Lösungen werden sich diesem Trend nur schwer widersetzen können. Denn eines ist klar: Der Markt wird die weitere Entwicklung maßgeblich bestimmen – und die Nachfrage nach proprietären Anwendungen, die zu einer als „Vendor-Lock-in“ bezeichneten Herstellerabhängigkeit führen, wird dabei dramatisch einbrechen, wie im IT-Markt bereits geschehen.

Markus Baba

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