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Brandschutz 3. Juli 2023

50 Jahre Brandschutztechnik im PROTECTOR

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des PROTECTOR beleuchtet ein Rückblick fünf Jahrzehnte Brandschutztechnik und ihre Entwicklungen.

Der PROTECTOR berichtet seit 50 Jahren über die Entwicklungen der Brandschutztechnik.
Der PROTECTOR berichtet seit 50 Jahren über die Entwicklungen der Brandschutztechnik.

Die Idee des Brandschutzes ist beinahe so alt wie die Gefahr durch Feuer. Jedoch ist Letztere durch das Fortschreiten der technischen Entwicklung bis heute wesentlich gemindert worden. Anlässlich des PROTECTOR-Jubiläums greifen wir einige Meilensteine und Trends der letzten 50 Jahre noch einmal auf und blicken zurück auf die technischen und gesetzlichen Entwicklungen.

Die Geschichte des Brandschutzes präsentiert einem zunächst etwas widersprüchlich. Einerseits scheint sich in den letzten fünf Jahrzehnten vieles grundsätzlich gewandelt zu haben, anderseits sind die Veränderungen im Detail oft weniger gravierend als zunächst gedacht. Hinzu kommt, dass Änderungen in diesem Bereich selten sprunghaft verlaufen, sondern beinahe schleichend stattfinden – und stets auch wohlüberlegt. Nur einige der aus heutiger Sicht maßgeblichen Trends lassen sich an konkreten Jahreszahlen festmachen, andere haben sich in überlappenden Phasen und Wellen entwickelt beziehungsweise durchgesetzt.

Erste Umbrüche an der Melderfront

Als der PROTECTOR im Jahr 1973 gegründet wurde, hatte der Brandschutz – auch der technische Brandschutz – schon eine lebhafte Geschichte hinter sich und manifestierte sich in der Praxis in einer Fülle an Technologien, Bauformen und Lösungsansätzen. Das beginnt schon bei den Meldern, die zu diesem Zeitpunkt in vielfältigen Ausprägungen verfügbar waren. Neben den sehr häufig eingesetzten Ionisationsmeldern gab es seit etwa 1950 erste automatische Temperaturmelder auf dem Markt, die stetig weiterentwickelt wurden. Mitte der 60er wurden auch optische Rauchmelder in Form von Streulichtmeldern entwickelt und in unterschiedlichsten Varianten vertrieben.

Diese entpuppten sich schon bald als willkommene Alternative zu den unter Umweltgesichtspunkten fragwürdigen Ionisationsmeldern. Denn diese nutzen nach wie vor ein – zwar schwaches, aber dennoch strahlendes – radioaktives Element im Inneren. Nach und nach wurden sie deshalb von optisch arbeitenden und aus gesundheitlicher Sicht unbedenklichen Meldern abgelöst. Zu diesem Umbruch trug auch die Tatsache bei, dass strahlende Elemente in Europa immer stärkeren Reglementierungen unterworfen wurden, so dass Ionisationsmelder schlicht unattraktiv und schwer verkäuflich wurden – verboten sind sie entgegen landläufiger Meinung jedoch nicht und finden etwa in den USA noch stärkeren Einsatz als hierzulande. Ebenfalls in den 70ern begannen Rauchmelder in Form von batteriebetriebenen Varianten in den Haushalten Einzug zu halten. Sie funktionierten praktischerweise Stand-Alone ohne zugehörige Zentrale und aufwändige Verkabelung.

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Mikro, aber clever

Mit dem Übergang in die 80er fand auch die Mikroprozessortechnik verstärkt Einzug in die Brandmeldesysteme. Die Anlagen setzten – statt wie noch Anfang der 70er auf Elektromechanik und Relais – nun auf Halbleiter-Elemente und immer dichter werdende integrierte Schaltkreise. Das brachte eine wesentliche Beschleunigung mit sich und auch eine erhöhte Flexibilität, weil die Systeme nun mittels Software programmierbar waren und nicht mehr fest verdrahtet. Der Grundstein für die intelligenten Systeme heutiger Zeit war gelegt.

Mitte der 80er kamen auch erste Ansaugrauchmelder auf den Markt, die vor allem zur Sicherung von EDV-Räumen Einsatz fanden und finden. Sie saugen Luftproben an und detektieren Rauch sowie Hitze in Sekundenschnelle. Sie wurden später auch als diskrete Lösung weiterentwickelt, die in architektonisch anspruchsvollen Umgebungen eingesetzt wird.

In Sachen Löschsysteme waren in den 80ern neben Wasser-Sprinklern oder Schaumsystemen vorwiegend CO2-Löschanlagen und Halon-Löschsysteme im Einsatz. In den späten 80er Jahren gab es aufgrund von Umweltbedenken jedoch bei letzteren ein massives Umdenken. Das bis dato sehr beliebte Halon-Löschverfahren geriet angesichts der drohenden Erderwärmung und einem sich vergrößernden Ozonloch in die Kritik. 1987 beschlossen die wichtigsten Industrieländer eine schrittweise Einstellung der Produktion des ozonschädigenden Halons. 1991 trat in Deutschland schließlich die FCKW-Halon-Verbotsverordnung in Kraft und erschwerte den Einsatz von Halon in Gaslöschanlagen erheblich. Seit 2004 gilt auch ein EU-weites Verbot von halonbetriebenen Löschgeräten. Halon ist als Löschmittel seitdem nur noch in Ausnahmefällen für militärische Anwendungen zugelassen. In der industriellen Anwendung wurde das Gas durch natürliche oder chemische Löschmittel sowie durch Wasserfeinsprühsysteme abgelöst.

Entwicklungsschub für die Brandschutztechnik in den 90ern

Anfang der 90er hatten sich softwarebasierte und flexibel programmierbare Brandmeldezentralen samt adressierbaren Meldern durchgesetzt. Die angeschlossenen Melder konnten in beliebige Gruppen zusammengefasst werden und wurden selbst auch immer leistungsfähiger und intelligenter. Sie lieferten nicht mehr nur eine Information „Alarm oder nicht Alarm“, sondern konnten kontinuierlich hinsichtlich Trends und für Diagnosezwecke ausgewertet werden. Der Grad der Selbstüberwachung nahm zu.

Auch bei den Löschsystemen tat sich etwas: Mitte der 90er verlagerte sich ein Trend hin zum Ansatz „Vermeiden statt Löschen“. Erste Firmen brachten Systeme zur Brandvermeidung mittels Inertgas auf den Markt. Hierbei wurde durch ein spezielles Gemisch – meist Stickstoff, Sauerstoff und Argon – eine Umgebung geschaffen, in der kein Feuer entstehen konnte. Vor allem für Rechenzentren und andere sensible Bereiche waren und sind solche Lösungen prädestiniert. Ende der 90er folgten weitere Lösungen, die mit effektiver Sauerstoffreduktion arbeiten und so ebenfalls Brände im Keim ersticken. Die Räume sind dennoch ständig begehbar, denn das System ist für den Menschen unschädlich.

Ein Problem von Brandmeldern – vor allem beim Einsatz unter schwierigen Bedingungen – war damals die relativ hohe Empfindlichkeit gegenüber Täuschungsgrößen und Umwelteinflüssen. Schon Mitte bis Ende der 90er kam deshalb das Konzept der Mehrkriterienmelder auf. Sie waren als Kombination von verschiedenen Meldern in einem Gehäuse auch mit einer gewissen internen Intelligenz ausgestattet. Diese wertete lokal die Informationen verschiedener Sensoren aus. So konnten etwa optischer Rauchsensor und Wärmesensor gekoppelt und auf den jeweiligen Einsatzort kalibriert werden. Einige Hersteller erweitern dies später sogar um eine Redundanz aus zwei Rauch- und zwei Wärme-Sensoren, um eine noch größere Ausfall- und Täuschungssicherheit zu erreichen.

Brandschutz im neuen Jahrtausend

Auch das neue Jahrtausend brachte weitere Neuheiten im Bereich des Brandschutzes. In Sachen Brandfrüherkennung profitierte man von sinkenden Preisen bei Thermalkameras. Die Infrarot-Thermografie bot ideale Prävention durch sehr rasche Erkennung auch von verdeckten Schwelbränden – vor allem für großflächige Anlagen oder Recyclinghöfe eine völlig neue und nützliche Sicherheitsmaßnahme.

Weitere klassische Melderformen kamen ebenso auf den Markt, darunter auch solche, die auf chemische Größen wie Gase oder Aerosole in der Luft reagieren. Und ein weiterer Trend verstärkte sich: Funkvernetzte Melder kamen in immer neuen Varianten zum Einsatz. Diese machen eine aufwändige Verdrahtung überflüssig, was nicht nur in denkmalgeschützten Gebäuden ein essenzieller Vorteil ist.

Auch im privaten Umfeld kamen Rauchmelder nun fast flächendeckend zum Einsatz. Denn 2003 wurden in Deutschland erste Gesetze zur Rauchmelderpflicht in den Bauordnungen der jeweiligen Bundesländer festgelegt. Rheinland-Pfalz begann 2003, es folgen schrittweise weitere Länder.

Ebenfalls ab Mitte bis Ende der 2000er Jahre nahm das Segment der Sprachalarmierung weiter Fahrt auf. Zusätzlich beflügelt durch neue Normen in diesem Bereich kamen die Systeme verstärkt zum Einsatz. Die Sprachalarmierung bietet eindeutige Vorteile gegenüber der Signalisierung mit Sirenen und Blitzleuchten. Menschen reagieren in Notsituationen darauf besser und es sind Ansagen in mehreren Sprachen möglich – nicht nur für Schulen eine interessante Lösung.

Außenansicht Edge Suedkreuz Berlin.
Brandschutz für Holz-Hybrid-Gebäude
Wie im Edge Suedkreuz in Berlin wirksamer Brandschutz in einem Holz-Hybrid-Gebäude realisiert wird.

Die neuesten Trends ab Ende der 2000er betrafen wieder das Systemdesign und die Architektur von Lösungen. Dem generellen Trend der Integration von immer mehr Gewerken in die Gebäudetechnik oder übergreifende Managementsysteme konnte sich auch die Brandmeldetechnik nicht entziehen. Ein Treiber des Zusammenwachsens war und ist auch die zunehmende Umstellung auf IP-basierte Systeme, wie es schon zuvor in der Videotechnik geschehen war. Immer häufiger werden heute Brandschutzkomponenten mittels Netzwerkverkabelung angebunden und kommunizieren über Ethernet.

Neue Normen, neue Löschmethoden im PROTECTOR

Ab 2010 gab es im Bereich Brandschutz eine Vielzahl weiterer technologischer Entwicklungen, die dazu beitragen, Brände schneller zu erkennen und zu bekämpfen. Gleichzeitig haben sich auch die gesetzlichen Anforderungen im Bereich Brandschutz weiter verändert. Im Jahr 2012 trat die neue Brandschutznorm DIN EN 13501-1 in Kraft, die europaweit einheitliche Klassifizierungskriterien für Bauprodukte im Hinblick auf ihre Reaktion auf Feuer festlegt. Die Norm regelt, welche Klassen von Bauprodukten in welchen Bereichen eingesetzt werden dürfen und wie hoch ihr Brandverhalten sein muss.- Eine wichtige Entwicklung im Jahr 2013 war die flächendeckende Einführung von Rauchmeldern in deutschen Wohnungen. Seitdem müssen in allen Wohnräumen sowie in Fluren, die zu Aufenthaltsräumen führen, Rauchmelder installiert werden. Im Jahr 2014 wurden neue Vorschriften für den Brandschutz von Fassaden eingeführt. Diese sollen sicherstellen, dass Fassaden im Brandfall nicht zur Brandbeschleunigung beitragen. Hierfür müssen Fassaden bestimmte Brandschutzanforderungen erfüllen und im Zweifelsfall durch Brandversuche nachgewiesen werden.

Im Bereich der Brandbekämpfung gab es 2015 eine interessante technologische Entwicklung in Form von Hochleistungsschaum zur Brandbekämpfung. Der Schaum kann bei Bränden in Gebäuden und Fahrzeugen eingesetzt werden und ermöglicht es, Brände schneller und effektiver zu löschen.

Im Jahr 2016 wurde eine neue Ausgabe der Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) veröffentlicht. Sie greift Erfahrung aus mehr als dreißig Jahren Tunnelbetrieb, technische Weiterentwicklungen sowie aktuelle Erkenntnisse abgeschlossener nationaler und internationaler Forschungs- und Entwicklungsvorhaben auf und macht unter anderem auch Vorgaben zur korrekten Belüftung im Brandfall.

Zunehmende Intelligenz im Brandschutz

Eine wichtige technologische Entwicklung im Jahr 2017 war die Einführung von Brandschutzkleidung mit integrierten Sensoren. Diese Kleidung erkennt Hitze und Rauch frühzeitig und alarmiert den Träger, bevor eine Gefahr besteht. Dies kann dazu beitragen, die Sicherheit von Feuerwehrleuten und anderen Einsatzkräften zu erhöhen.

Im Jahr 2018 wurden neue Vorschriften für den Brandschutz von Großveranstaltungen eingeführt. Hierbei handelt es sich um eine Ergänzung der bereits bestehenden Versammlungsstättenverordnung, die insbesondere den Brandschutz von temporären Veranstaltungen wie Festivals oder Konzerten regelt.

Seit 2019 halten auch intelligente Analyse und Künstliche Intelligenz (KI) Einzug in Brandmeldeanlagen. Diese Systeme können mithilfe von Algorithmen und Sensoren Brände schneller erkennen und genauer lokalisieren als herkömmliche Brandmeldeanlagen dies bisher vermochten.

Im Jahr 2020 wurde schließlich eine neue Norm für den Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien eingeführt. Da diese Batterien ein hohes Brandrisiko darstellen, müssen sie in bestimmten Anwendungsbereichen mit Brandschutzmaßnahmen geschützt werden. Die Norm DIN EN 50604-1 legt hierfür Anforderungen an den Brandschutz von Lithium-Ionen-Batterien fest.

Sensoren, Drohnen, Roboter

Eine spannende Entwicklung im Jahr 2021 war die Einführung von sogenannten „Smart Firefighting“-Produkten. Hierbei handelt es sich um Lösungen, die den Einsatz von Feuerwehren bei Bränden effektiver gestaltet. Man nutzt Sensoren, Drohnen und andere smarte Technologien, um Feuerwehrleute schneller und sicherer an den Einsatzort zu bringen und die Brandbekämpfung zu optimieren. Damit einher ging wenige später auch die Einführung von Feuerwehrrobotern. Diese Roboter können bei Bränden eingesetzt werden, um gefährliche Bereiche zu erkunden und zu löschen. Sie sind mit Kameras, Sensoren und Löschmitteln ausgestattet und können von Feuerwehrleuten ferngesteuert werden.

Im Jahr 2022 wurden auch neue Vorschriften für den Brandschutz von Wohngebäuden eingeführt. Hierbei handelt es sich um die neue „Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) 2022“, die Anforderungen an den Brandschutz von Wohngebäuden regelt. Sie enthält unter anderem Vorschriften zu diversen Aspekten des baulichen Brandschutzes.

In den letzten fünf Jahrzehnten hat sich im Bereich Brandschutz viel getan. Neue smarte Technologien verbessern die Branderkennung sowie -bekämpfung und erhöhen die Sicherheit von Feuerwehrleuten. Gleichzeitig wurden auch neue gesetzliche Anforderungen eingeführt, die den Brandschutz von Veranstaltungen und Wohngebäuden weiter verbessern. Ein Ende der Weiterentwicklung ist längst nicht in Sicht, weshalb wir beim PROTECTOR das Thema weiterhin aufmerksam begleiten werden.

Michael Gückel, Redaktion PROTECTOR

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