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Funktechnik in der JVA Vechta 5. September 2013

Personennotsignal und Ortung

Personennotsignalanlagen (PNA) sind elementarer Bestandteil der technischen Sicherheitsmaßnahmen in Justizvollzugsanstalten. Bei der Erneuerung der PNA in der JVA Vechta ging man mit einem teils Dect-basierten (Digital Enhanced Cordless Telecommunications) System erstmals neue Wege.

Die JVA Vechta wurde ab 1903 erbaut und bietet Platz für 330 Gefangene.
Die JVA Vechta wurde ab 1903 erbaut und bietet Platz für 330 Gefangene.

Die PNA ist eine funktechnische Einrichtung, über deren Endgeräte Mitarbeiter der JVA in jeder Situation erreichbar sind und geortet werden können. Sie reagiert selbständig bei unsachgemäßem Gebrauch und ist daher in Situationen wie bei einem Übergriff von Gefangenen auf die Bediensteten ein geeignetes Gefahrenabwehr- und Warnsystem.

Die Euromicron Systems GmbH hat nach den Planungen und Ausschreibungen der Siganet GmbH die Personennotsignalanlage der JVA Vechta im laufenden Betrieb erneuert. Im Auftrag des Staatlichen Baumanagement Osnabrück-Emsland (SBOE) hatte Siganet die Planungen übernommen. Die Ascom-Anlage überzeugte den Bauherren durch die einfache und kostengünstige Installation in den zum Teil aus dem 19. Jahrhundert stammenden Gebäuden.

Weniger Kabel durch Dect-Ortung

Eine wichtige Rolle bei der Auftragsvergabe spielte die Kompetenz in der Dect-Ortung. Gerade bei Bestandsbauten reduziert sich damit der Verkabelungsaufwand gegenüber der sonst üblichen LF-Lokalisierung (Low Frequency, Niedrigfrequenz) erheblich. Die LF-Lokalisierung erfordert umfängliche Schlitz- und Erdarbeiten zur Verlegung der Induktionsschleifen, die an alten, besonders massiven Bestandsbauten sehr zeit- und kostenintensiv sind.

Euromicron Systems hatte bereits 2010 das erste Dect-System in der JVA Werl in Nordrhein-Westfalen installiert. In Niedersachsen gab es bislang nur LF-basierte Lösungen und somit wurde der Auftrag in Vechta zum Pilotprojekt. „Das Ergebnis hat uns überzeugt“, sagt Michael Ahrling, von der Justizvollzugsanstalt Vechta. „Nicht zuletzt die reibungslose Zusammenarbeit zwischen Siganet, der Euromicron Systems und dem Hersteller Ascom haben erheblich zur erfolgreichen Realisierung des Sicherheitssystems beigetragen“, so Ahrling.

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Zukunftssicher in alten Gebäuden

Die JVA Vechta bietet Platz für rund 330 Gefangene. Die Gebäude wurden ab 1903 erbaut und in den 1970er Jahren saniert. „Bereits bei der Übernahme der Planung waren wir uns bewusst, dass das Projekt einige Herausforderungen parat hält, für die es innovative Lösungen zu finden galt“, erläutert Roger Deters, Projektleiter und Prokurist beim Planungsbüro Siganet.

Auf dem Gelände der JVA entstanden im Laufe der Jahrzehnte Werkstätten, die Pforte, eine Krankenstation und ein Schulgebäude. Zudem befinden sich auf dem Gelände ein Sportplatz, Freistundenhöfe und weitere Nebengebäude. Die alte PNA war zum Teil über 20 Jahre alt und im Laufe der Zeit immer wieder erweitert worden. Die induktiven Ortungssender waren zum Teil noch älteren Datums. „Die Kombination aus LF- und Dect-Ortung versprach eine zukunftssichere und robuste PNA, die auch in den alten Gebäuden wirtschaftlich sinnvoll zu installieren war“, so Deters. „Im Rahmen der Angebotsprüfung wurden neben der Wirtschaftlichkeit auch die Referenzen geprüft, da war schnell klar, dass als ausführendes Unternehmen die Euromicron mit ihrer Dect-Kompetenz den Zuschlag erhält.“

Zentrales Managementsystem

Die Erneuerung und Einführung der flächendeckenden Personennotsignalanlage erfolgte im laufenden Betrieb. Sie sollte den Tagesablauf in der JVA möglichst wenig stören und die Technik unauffällig integrieren. „Mit unserer technischen Lösungskompetenz im PNA-Umfeld verlief die Ausleuchtung der Standorte für die Dect- und die Ortungssender, inklusive der Montageplanung für die Umsetzung der strukturierten Verkabelung absolut reibungslos. Schnell konnte unser Team das Vertrauen der JVA-Leitung in Vechta gewinnen“, betont der Leiter der Systemtechnik der Euromicron Systems in Hannover.

Für die flächendeckende Dect-Anbindung der Telefonie und die kombinierte Dect- beziehungsweise LF-basierte Lösung für die Ortungssender realisierte Euromicron eine IP-Netzwerkstruktur, die die Anbindung an die Server ebenso ermöglicht, wie die Anbindung an das zentrale Managementsystem der Alarmierung und Ortung. Die Kopplung an die vorhandene TK-Anlage wurde über einen S2M-Anschluss umgesetzt.

„Die besonderen örtlichen Gegebenheiten, die aktuellen Blitzschutznormen, insbesondere aber die besonderen Sicherheitsbestimmungen in der Justiz mussten dabei permanent beachtet werden. Die PNA entspricht zudem den Anforderungen der berufsgenossenschaftlichen Richtlinie BGR 139 für die Sicherung von Personen an gefährlichen Einzelarbeitsplätzen“, betont der zuständige Projektmanager der Euromicron Systems. Insgesamt wurden 95 Dect-Basisstationen, 179 Ortungssender und 275 Personennotsignalgeräte installiert oder angeschlossen. Zwischen sechs und zwölf Euromicron-Mitarbeiter waren zehn Monate lang in das Projekt eingebunden.

Die Realisierung erfolgte in enger Abstimmung mit dem staatlichen Baumanagement, dem Planungsbüro Siganet und der Herstellerfirma Ascom. Diese Umsetzung bietet der JVA Vechta einige Vorzüge gegenüber anderen Lösungen: So erlaubt die Euromicron Lösung neben dem Personenschutz auch die Nutzung der Geräte für die Mobiltelefonie. Zudem wurde durch die Kombination der Dect- und LF-Ortung die Dauer der Umbaumaßnahmen erheblich verkürzt, der Verkabelungsaufwand minimiert und die Bestandsbauänderung reduziert. Die Arbeitseinschränkungen der JVA-Mitarbeiter waren auf ein Minimum beschränkt. „Die homogene Gesamtlösung auf technisch neuestem Stand erfüllt unsere sehr individuellen Anforderungen optimal. Das komplexe System hat sich im Betrieb als stabil und zuverlässig erwiesen. Es ist bedienungsfreundlich und hat während der Installation den Tagesablauf nur unwesentlich gestört“, urteilt Michael Ahrling von der JVA Vechta.

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