Direkt zum Inhalt

Moderne IP-Architekten

Wenn es um die Planung von Videoüberwachungsanlagen geht, muss man sich in der Regel zwischen zwei grundsätzlichen Architekturen entscheiden: der zentralen und der dezentralen. Doch wo liegen die jeweiligen Vor- und Nachteile der Ansätze, und für wen ist welche Lösung am besten geeignet?

Teilnehmer am zweiten Tag des PROTECTOR Forums Videoüberwachung (von links): Albert Unterberger, Carsten Eckstein, Roland Bauer, Dr. Magnus Ekerot, Frank Marcus Schille, Gregor Schnitzler, Franz-Josef Eberle, Katharina Geutebrück, Thomas Kleesch, Markus
Teilnehmer am zweiten Tag des PROTECTOR Forums Videoüberwachung (von links): Albert Unterberger, Carsten Eckstein, Roland Bauer, Dr. Magnus Ekerot, Frank Marcus Schille, Gregor Schnitzler, Franz-Josef Eberle, Katharina Geutebrück, Thomas Kleesch, Markus

Aller Ansatz ist schwer – so könnte das Leitmotiv der Diskussion während des PROTECTOR Videoforums zum Thema zentrale und dezentrale Systemarchitektur lauten. Denn bevor es an die Vorzüge und optimalen Anwendungsgebiete der unterschiedlichen Lösungen gehen kann, steht zunächst eine Definitionsfrage im Raum: Was ist im ursprünglichen Sinne dezentral und zentral, und lassen sich beide Ansätze wirklich einwandfrei voneinander trennen?

Dr. Magnus Ekerot von Mobotix steht der dezentralen Herangehensweise näher. Er versucht sich an einer Abgrenzung: „Der dezentrale Ansatz ist natürlich einer der Ecksteine unserer Philosophie. Dabei gilt ganz allgemein, dass alle notwendigen Komponenten, Applikationen und Aufgaben dezentral ausgeführt werden. Die Intelligenz und Rechenleistung sitzt also in der Kamera und nicht in einem Server. Die Kamera erledigt unabhängig von diesem Bildverarbeitung, Ereignisdetektion, Aufzeichnungsmanagement, lokale Speicherung, Zugriffskontrolle sowie Bereitstellen von Streams für Smartphones oder Tablets und dergleichen mehr.“

Uwe Kühlewind von Bosch Sicherheitssysteme skizziert dagegen den traditionellen Ansatz: „Das klassische zentrale Modell basiert darauf, dass man eine sehr leistungsfähige Zentralentechnik hat und dafür weniger intelligente Komponenten und Kameras in der Peripherie. Das hat – insbesondere bei großen Anlagen – historische Gründe. Denn in Analogzeiten waren solche Systeme im Grunde immer zentral aufgebaut. Wenn solche Systeme nun aktualisiert und auf IP umgerüstet werden, verfolgt man deshalb oft diesen zentralen Ansatz. Außerdem hat das natürlich in Großprojekten noch andere praktische Vorteile hinsichtlich Management und Wartung.“

„Man kann nicht pauschal sagen, dass kleine Systeme dezentral sind und große Systeme zentral. Es ist in der Tatsache so, dass größere Systeme, wie beispielsweise Flughäfen, oft zentral sind, weil sie aus der analogen Welt kommen. Und der zentrale Ansatz ist mehr oder weniger eine Weiterentwicklung der alten analogen Architektur. Das heißt aber nicht, dass man es nicht auch dezentral lösen könnte. Außerdem gibt es in der Praxis häufig auch Mischformen aus zentralen und dezentralen Teilen.“
Dr. Magnus Ekerot, CSO, Mobotix AG

„Analyse ist für mich einer der Punkte, der für einen dezentralen Ansatz prädestiniert ist. Sie ist dezentral in der Kamera sehr gut aufgehoben, weil dort mittlerweile auch die Ressourcen vorhanden sind. Ein anderes Thema ist die Aufzeichnung, hier spielt die Entscheidung zentral oder dezentral eine wesentliche Rolle. Vor allem bei größeren Projekten kann man die Aufzeichnung häufig nicht mehr ohne weiteres zentral bewerkstelligen. Da ergibt eine Dezentralisierung auf Recorder-Seite Sinn, während die Verwaltung nach wie vor zentral erfolgt.“
Carsten Eckstein, Produktmanager Kernapplikation, SeeTec AG

Anzeige

Intelligenz oder Funktion?

Es scheint nahe zu liegen, bei dezentralen Ansätzen im gleichen Atemzug von „Intelligenz“ in den Kameras zu sprechen. Doch dies könnte irreführend sein, einerseits, weil dieses Schlagwort häufig mit Videoanalyse gleichgesetzt wird, und andererseits in den Kameras auch für andere Zwecke eine recht beachtliche Rechenleistung gebraucht wird. Auch Dr. Magnus Ekerot erkennt die Problematik der Begrifflichkeiten: „Wenn wir über Intelligenz in den Endgeräten sprechen, liegt die Diskussion über Analyse sehr nahe, aber für mich ist Teil der Definition des dezentralen Ansatzes, dass wir eine Intelligenz unabhängig von einer Analyse in die Kamera einbauen. Im Grunde ist sie heute ein Computer mit einer steigenden Rechenleistung.“

Katharina Geutebrück von der Geutebrück GmbH plädiert daher für eine eindeutigere Bezeichnung: „Wir sollten der Klarheit wegen statt von Intelligenz von Funktionen sprechen, die eine Kamera heute selbstständig übernehmen kann. Der Begriff Intelligenz ist zu nah mit der Videoanalyse verbunden, als dass er die Vielzahl der in der Kamera verfügbaren Funktionalitäten wirklich treffend beschreibt.“ Dem stimmt auch Roland Bauer von Funkwerk Video Systeme zu: „Abgesehen von der Videoanalyse, die heute auch dezentral eine große Rolle spielt, ist es wichtig zu entscheiden, wie viel Intelligenz – oder besser smarte Funktionalität – man in die Endgeräte hineinbringen kann. Denn klar ist, je mehr aufwändige Funktionen man auslagert, desto weniger muss man in leistungsfähige Server in der Zentrale investieren – gleiches gilt natürlich umgekehrt genauso.“

1 - 2 - 3 nächste Seite

Passend zu diesem Artikel