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Wirtschaftsgrundschutz 22. Oktober 2018

Starke Säulen

Die Herausforderungen an den Wirtschaftsschutz werden nicht weniger. Im Gegenteil: Es gibt immer wieder neue Angriffsformen, denen Unternehmen und Behörden begegnen müssen. Welche Rolle hier der „Wirtschaftsgrundschutz“ spielen könnte, bei dem Wirtschaft und Politik eng verzahnt sind, wollte PROTECTOR & WIK von Volker Wagner, dem ASW-Vorstandsvorsitzenden, wissen.

Die Sicherheitspartnerschaft in NRW war unter anderem Thema einer Podiumsdiskussion auf der Security in Essen.
Die Sicherheitspartnerschaft in NRW war unter anderem Thema einer Podiumsdiskussion auf der Security in Essen.

PROTECTOR & WIK: Herr Wagner, welche Eindrücke haben Sie von der Security 2018 mitgenommen? Wie hat sich die Messe verändert?

Volker Wagner: Mein Highlight war, dass es unseren ASW-Kollegen aus NRW gelungen ist gleich zwei Landesminister von einem Besuch der Messe zu überzeugen. Neben Innenminister Reul war auch Prof. Pinkwart, Minister für Digitales und Wirtschaft, Teilnehmer der Podiumsdiskussion zum Thema Wirtschaftsschutz. Natürlich war sichtbar, dass einige große Hersteller von Sicherheitslösungen dieses Mal nicht auf der Messe vertreten waren. Meine persönliche Terminauslastung hatte sich dadurch aber nicht reduziert. Die ASW-Community war wieder einmal stark vertreten.

Die Messe hat ja dem Thema Wirtschaftsschutz zusammen mit der Cybersicherheit einen breiteren Raum gegeben. Ist das Konzept aufgegangen?

Wir waren ja als ASW mit unserem Stand gemeinsam mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz in der neuen Cybersicherheitshalle vertreten. Ich finde, damit hat die Messe, auch mit dem Cybersicherheitsforum und hochkarätigen Rednern wie dem BSI Präsidenten Arne Schönbohm, den neuen Schwerpunkt gut gesetzt. Aber zugegebenermaßen fehlen noch viele großen IT-Sicherheitsfirmen unter den Ausstellern.

In den vergangenen zwei bis drei Jahren hat es ja verschiedene Aktivitäten gegeben, um den Wirtschaftsschutz zu stärken. Wie sieht es beispielsweise mit der Initiative Wirtschaftsschutz aus? Im vergangenen Jahr hatten Sie noch gefordert, dass deren Bekanntheitsgrad gesteigert werden muss. Ist das eingetreten?

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Die klare Antwort lautet: nein. Hier muss noch mehr getan werden. Ich wünsche mir hier mehr Anstrengungen seitens der Bundesregierung.

Und was ist aus dem Beauftragten für den Wirtschaftsschutz geworden, den Sie ebenfalls im vergangenen Jahr gefordert hatten?

Auch hier sind wir offensichtlich noch nicht am Ziel.

Der ASW Bundesverband ist ja zusammen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mit dem Projekt Wirtschaftsgrundschutz aktiv geworden. Fassen Sie das Projekt doch bitte kurz zusammen.

Am besten lässt es sich mit einem Zwei- Säulen-Modell erklären. Gefahren und Maßnahmen können nicht in rein technische oder nicht-technische „Schubladen“ gesteckt werden. Die Welt ist durch technologische Entwicklungen und die Digitalisierung komplexer geworden. Serverräume finden sich in realen Unternehmensgebäuden, und Laptops werden in den Aktentaschen von Geschäftsreisenden durch die Welt getragen. Es bedarf eines engen Verwebens von Schutzmaßnahmen, sowohl in der informationstechnologischen Abwehr als auch in den „analogen“ Sicherheitsbereichen eines Unternehmens. Zusammen bieten der IT-Grundschutz und der Wirtschaftsgrundschutz zwei starke Säulen, auf denen ein solides Schutzniveau von Unternehmen und Institutionen aufgebaut werden kann.

Haben Sie aus der Wirtschaft schon Rückmeldungen erhalten? Wie ist der Wirtschaftsgrundschutz angenommen worden? Gibt es schon erste „Erfolgsmeldungen“?

Ja, wir haben mehr Anfragen aus der Wirtschaft und werden im Interesse einer weitgehenden Verbreitung des Wirtschaftsgrundschutzes unter bestimmten Bedingungen erlauben, die Wirtschaftsgrundschutz-Texte in eine Software, die die Grundschutz-Vorgehensweise automatisiert abbildet, einzubinden. Dabei wird es sich um ein Lizenzmodell handeln. Aber keine Sorge wegen der Kosten, es besteht unsererseits keine Gewinnerzielungsabsicht.

Kommen wir noch einmal zur anderen Säule, dem IT-Grundschutz. Wie sieht es denn mit der „Baustelle“ Cybersicherheit aus? Hat sich hier etwas in den Unternehmen – Stichwort Sensibilisierung – geändert?

Aus meiner Sicht hat das Bewusstsein für die Cyberrisiken deutlich zugenommen. Nach holbedarf besteht noch in der Umsetzung konkreter Maßnahmen.

Werden die beiden Themen Wirtschaftsschutz und Cybersicherheit von der aktuellen Regierung entsprechend gewertschätzt und unterstützt?

Die Verbesserung der Cybersicherheit stellt einen erkennbaren Schwerpunkt im Regierungsprogramm dar. Ich finde, hier werden die richtigen Akzente gesetzt. Stichworte für geplante Aktivitäten sind hier: die personelle Stärkung des BSI, das IT-Sicherheitsgesetz 2.0, die Agentur für Innovationen in der Cybersicherheit und der Aufbau eines IT-Sicherheitsfonds. Zum Thema Wirtschaftsschutz erwarte ich noch mehr.

Zum Abschluss die berühmte Frage nach den drei Wünschen, die Sie offenhaben …

Ich wünsche mir erstens noch mehr neue Mitglieder für unsere ASW, zweitens technische Security-Innovationen, die begeistern. Drittens habe ich auch noch einen konkreten Wunsch. Ab dem 1. Januar 2019 übernimmt Herr Dr. Christian Endreß kommissarisch die Geschäftsführung des ASW Bundesverbandes. Er übt diese Funktion zusätzlich zu seinen Aufgaben als Geschäftsführer des ASW NRW aus. Ich bedanke mich von ganzem Herzen bei Christian Endreß für seine Bereitschaft, beim Vorstand des ASW NRW für die großartige Unterstützung und bitte alle ASW-Mitglieder um tatkräftige Mithilfe von Herrn Endreß bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben.

Annabelle Schott-Lung

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