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Messen & Veranstaltungen 21. September 2023

An der Schnittstelle von Mensch und Maschine

Ein neues Fachtagungsformat des VfS bringt Hersteller, Errichter und Berater in den Austausch mit Endkunden. Ein Konzept, das Schule machen könnte.

Die Gruppe der Errichter, Hersteller und Berater um Frederik Hamburg (rechts) von der OSS-Association versetzte sich in die Perspektive der Endkunden.
Die Gruppe der Errichter, Hersteller und Berater um Frederik Hamburg (rechts) von der OSS-Association versetzte sich in die Perspektive der Endkunden.

Auch die Fachtagung Zutritts- und Berechtigungsmanagement begann, wie Tagungen meistens beginnen – mit Vorträgen: Nachdem der Geschäftsführer des Verbands für Sicherheitstechnik (VfS), Wilfried Joswig, Mitte September in Nürnberg die etwa 40 Teilnehmer und Aussteller zu dem neuen Format begrüßt hatte, stellte zunächst der PROTECTOR das Konzept seines Forums Zutrittskontrolle vor. Dabei handelt es sich um Diskussionsrunden, zu denen die Redaktion der Fachzeitschrift jährlich nach München einlädt, um Hersteller, Errichter beziehungsweise Systemintegratoren und Endkunden an einen Tisch zusammenzubringen und mit ihnen Entwicklungen und Trends der Zutrittskontrollbranche zu besprechen. Im Anschluss erläuterte Elvira Tahirovic von der Nordex Group das Security-Konzept des Unternehmens mit Standorten auf der ganzen Welt und erläuterte die Erwartungen und Anforderungen des Windradherstellers. Alexander Frank vom Beratungsunternehmen HSC Security Consult stellte die verschiedenen Dienstleistungen seines Unternehmens vor, und Frederik Hamburg von der OSS Association informierte über den aktuellen Stand in den Bemühungen um einen Standard in der Zutrittskontrolle.

Es war kein Zufall, dass die Redner die gesamte Wertschöpfungskette der Branche repräsentierten. Denn das Ziel war es, die verschiedenen Akteure mit einem neuen Tagungskonzept untereinander ins Gespräch zu bringen. Wie dieses Konzept aussah, wurde am zweiten Tag der Veranstaltung deutlich. Aufgeteilt in zwei Gruppen diskutierten Anwender beziehungsweise Endkunden auf der einen sowie Hersteller und Installateure auf der anderen Seite zunächst, welche Erwartungen und Anforderungen an Sicherheitstechnik im Allgemeinen und Zutrittskontrolltechnik im Besonderen aus Nutzersicht gestellt werden könnten. Anschließend wurden die Ergebnisse verglichen und auf Schnittstellen und mögliche Unterschiede untersucht – mit aufschlussreichen Ergebnissen.

Die Endkundengruppe formulierte sehr konkrete Erwartungen an die Sicherheitstechnik.
Die Endkundengruppe formulierte sehr konkrete Erwartungen an die Sicherheitstechnik.

Workshop bringt Teilnehmer miteinander ins Gespräch

Der Gruppe der Hersteller und Errichter beziehungsweise Systemintegratoren, in der sich auch der PROTECTOR als traditionelle B2B-Zeitschrift befand, kam zunächst die Aufgabe zu, sich in die Endkunden hineinzuversetzen und zu überlegen, welche Erwartungen diese wohl haben würden.  Schnell war man sich in dieser Runde darüber einig, dass für die Nutzer neben der Sicherheit der Komfort, genauer eine nutzerfreundliche, möglichst intuitive Bedienung sicherheitstechnischer Komponenten große Bedeutung habe. Der Spagat zwischen beidem sei aber alles andere als leicht, so der Tenor. Denn die Sicherheit schränke immer notwendigerweise den Komfort ein. Dies gelte auch umgekehrt, bedeute doch Komfort oft Abstriche bei der Sicherheit. Ein Beispiel dafür, das Oliver Brandmeier vom Hersteller SimonsVoss anführte, ist die Verwendung von Apps, die sich auch in der Zutrittskontrolle immer mehr durchsetzt und unter dem Schlagwort Mobile Access eines der bestimmenden Trends der Branche ist, die aber niemals eine hundertprozentige Sicherheit gegen Hackerangriffe bieten könnten.

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Frederik Hamburg warnte davor, das Business zu sehr nach den Wünschen der Nutzer auszurichten. Für diese sei es beispielsweise völlig egal, ob sie sich an oder neben der Türe identifizieren. Für den Errichter aber sei dies eine wichtige Frage, da sie die Entscheidung zwischen der Installation eines Online- oder eines Offline-Systems bedeute: „Gibt man einem Anwender mehrere Möglichkeiten zur Auswahl, entscheidet er sich oft zunächst voller Überzeugung für ‚rot‘. Liefert man ihm dann ‚rot‘, hat er es sich anders überlegt, und sagt: ‚Nein, doch kein ‚rot‘, ich will unbedingt ‚grün‘.“ Letztlich, so die Überzeugung Hamburgs, seien die Nutzer anpassungsfähig. Sie würden diejenigen Lösungen akzeptieren, die man ihnen empfehle.

Als Ulrich Dörr vom VfS die Ergebnisse der Endkunden-Gruppe präsentierte zeigte sich, dass deren Vorstellungen wesentlich konkreter waren, als Einige gedacht hatten und der Komfort-Gedanke in der Prioritätenliste keineswegs ganz oben stand. Wichtiger war den Teilnehmern Support und Service in der Vertriebsphase, die Systemsicherheit, Zertifizierungen und ein nach Möglichkeit herstellerneutrales Baukastenprinzip, das eine funktionale Skalierbarkeit ermöglicht sowie die Freiheit, zu entscheiden, welche Lösung mit welchen Komponenten eingesetzt werden soll.

Nach zehn Jahren und den Zwischenstationen Potsdam (2014 bis 2019) und Kassel (2021 und 2022) begrüßten die VfS-Geschäftsführer Wilfried Joswig (rechts) und Prof. Dr. Clemens Gause Ende April  etwa 300 Teilnehmer zum VfS-Kongress zahlreiche in Leipzig.
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Neues Fachtagungskonzept soll wiederholt werden

Die lebhafte Debatte, die sich im Laufe der Veranstaltung entwickelt hatte, bestätigte Wilfried Joswig in seiner Überzeugung, dass die „Schnittstelle von Mensch und Maschine“ der entscheidende Punkt sei, um die Zutrittsbranche allgemein weiter zu bringen. Das Konzept des neuen Fachtagungsformats soll deshalb idealerweise in einer regelmäßigen Arbeitsgruppe des VfS zum Zutritts- und Berechtigungsmanagement münden. Denn dass der Bedarf an Kommunikation und Austausch in der Branche groß ist, das sei im schon lange aufgefallen, so Joswig: „Wenn sich bei einer Tagung in der Pause eine Menschentraube um einen Teilnehmer bildet, dann können Sie fast sicher sein, dass es sich dabei um einen Endkunden handelt“.

Andreas Albrecht

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