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Brandschutz 7. November 2023

Effiziente Entrauchung im Aufzugsschacht 

Wie der Verlust an Heizenergie durch den Aufzugsschacht mittels Entrauchungsklappen effektiv vermieden werden kann.

Um die verschiedenen Betriebssituationen erfassen zu können, wurden drei Mehrfamilienhäusern der GWH ausgewählt, die weitgehend baugleich sind, aber bezüglich der Entrauchungsklappen im Aufzugsschacht unterschiedlich betrieben werden.
Um die verschiedenen Betriebssituationen erfassen zu können, wurden drei Mehrfamilienhäusern der GWH ausgewählt, die weitgehend baugleich sind, aber bezüglich der Entrauchungsklappen im Aufzugsschacht unterschiedlich betrieben werden.

Heute sind viele Mehrfamilienhäuser mit Aufzügen ausgestattet. Zum einen sind sie notwendig, um einen barrierefreien oder -armen Zugang zu den Wohnungen zu ermöglichen, zum anderen sehen die Landesbauordnungen vor, dass ab vier oberirdische Geschosse oder mehr als 13 Metern Höhe Aufzüge zu installieren sind. Sie sind damit elementarer Bestandteil eines Großteils der Mehrfamilienhäuser. Aber wie verhält es sich bei Aufzügen mit der Energieeffizienz? Dabei geht es hier nicht um den Stromverbrauch, sondern um den Verlust an Heizenergie durch den Aufzugsschacht.

Betrachtet man die Konstruktion eines Aufzugsschachts, so findet man an der obersten Stelle eine Öffnung, die gesetzlich vorgeschrieben ist. Diese muss 2,5 Prozent des Schachtquerschnittes betragen und mindestens 0,1 Kubikmeter groß sein. Sie dient zur Entrauchung des Schachtes im Brandfall. Durch die Öffnung strömt kontinuierlich Luft aus dem Gebäude ins Freie, diese Luft gelangt durch die geschlossenen Türen des Aufzugs in den Schacht. Um die Energieverluste zu quantifizieren, die durch die Öffnung ins Freie strömen, hat die GWH Wohnungsbaugesellschaft mbH Hessen und der Aufzugsspezialist Simplifa die EBZ Business School beauftragt, entsprechende Messungen an den Aufzügen in Mehrfamilienhäusern durchzuführen. Hintergrund der Untersuchungen war die Frage, ob durch von Entrauchungsklappen, welche die Öffnung im Normalfall verschließen, nennenswerte Energiemengen eingespart werden können. Diese Möglichkeit ist in den Landesbauordnungen ausdrücklich vorgesehen. 

Verschiedene Konzepte der Entrauchung

Um die verschiedenen Betriebssituationen erfassen zu können, wurden drei Mehrfamilienhäusern der GWH ausgewählt, die weitgehend baugleich sind, aber bezüglich der Entrauchungsklappen unterschiedlich betrieben werden. Alle Gebäude verfügen über einen Aufzug mit insgesamt zehn Haltestellen und jeweils einem Zugang (Keller, EG und acht OGs). Außerdem haben sie die gleiche Anzahl an Wohnungen und werden auf die gleiche Art mit Wärme versorgt. Eine Lüftungsanlage ist nicht vorhanden.

Für die Untersuchungen wurden die drei Gebäude mit zusätzlicher Messtechnik ausgestattet, um die Energieverluste in den unterschiedlichen Betriebssituationen erfassen zu können. Erfasst wurden die Luftgeschwindigkeit in der Entrauchungsöffnung, die Temperatur der ausströmenden Luft sowie die Außentemperatur. Über den Volumenstrom und dem Temperaturunterschied der ausströmenden Luft und der Außentemperatur lassen sich die Lüftungsverluste berechnen, da angenommen werden kann, dass die ausströmende Luft im Gebäude durch Außenluft ersetzt wird, welche sich wiederum im Gebäude erwärmt.

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Messtechnische Untersuchung

Folgende Betriebsszenarien wurden im Zeitraum vom 23.2.23 bis zum 9.3.23 messtechnisch untersucht:

  • Gebäude BGR6: Keine Klappe vorhanden
  • Gebäude BGR26: Erste Woche – Klappe geöffnet, zweite Woche – Klappe geschlossen, Öffnung alle zwölf Stunden zu Überprüfungszwecken
  • Gebäude BGR4: Klappe geschlossen, Öffnung alle zwölf Stunden zu Überprüfungszwecken

Wie stark die Entrauchungsklappe wirkt, wird deutlich, wenn man die Luftströmung in den Aufzugsschacht mittels Smoke Pen sichtbar macht. Es zeigte sich deutlich, wie der Volumenstrom bei einer geschlossenen Entrauchungsklappe abnahm. Die Luft wird aus dem Treppenhaus abgesaugt, die Nachströmung findet unter anderem aus den Wohnungen statt, da die Wohnungseingangstüren nicht luftdicht sind.

Im Gebäude BGR6 (ohne Entrauchungsklappe) konnte in den Messzeitraum eine durchschnittliche Verlustleistung von 2,2 kW nachgewiesen werden, im Gebäude BGR 4 lagen die Verluste während des Zeitraumes bei 0,16 kW. Im Gebäude BGR 26 lagen die Verluste in der ersten Woche (Entrauchungsklappe geöffnet) bei 1,3 kW, in der zweiten Woche (Entrauchungsklappe geschlossen) bei 1,3 kW. Es zeigt sich, dass das Schließen der Entrauchungsklappe einen signifikanten Einfluss auf die Lüftungsverluste hat.

Für die Untersuchungen wurden die drei Gebäude mit zusätzlicher Messtechnik ausgestattet, um die Energieverluste in den unterschiedlichen Betriebssituationen erfassen zu können.
Für die Untersuchungen wurden die drei Gebäude mit zusätzlicher Messtechnik ausgestattet, um die Energieverluste in den unterschiedlichen Betriebssituationen erfassen zu können.

Schwankungen durch Luftdichtigkeit

Die Schwankungen zwischen den Gebäuden lassen sich durch die unterschiedliche Luftdichtheit der Treppenhäuser und der Wohnungseingangstüren erklären. In jedem Falle gilt, dass die Verluste mit sinkenden Außentemperaturen zunehmen. Treibende Größe ist die Temperaturdifferenz zwischen der Luft im Aufzugsschacht und der Außentemperatur. Im Aufzugsschacht wurden im Mittel Temperaturen zwischen 18,5 und 20,8° C  gemessen, die Außentemperaturen im Messzeitraum betrugen im Durchschnitt vier Grad Celsius, wobei diese in den zwei Wochen deutlich schwankten. Dies ermöglichte es, die Abhängigkeit der Verluste von der Außentemperatur beziehungsweise von der Temperaturdifferenz (Aufzugsschacht zu Außentemperatur) deutlich zu machen. Die Verluste nehmen mit steigender Temperaturdifferenz zu. So werden im Gebäude BGR26 bei ca. 0° C Außentemperatur Verluste von 1,9 kW, im BGR 6 sogar Verluste von 2,8 kW erreicht. 

Rechnet man die Lüftungsverluste der Schachtentrauchung auf eine komplette Heizperiode hoch, so hat das Gebäude BGR 6 Verluste von 8.636 kWh, das Gebäude BGR 26 circa 5.280 kWh. Mit Entrauchungsklappen betragen die geschätzten Verluste des Gebäudes BGR 26 etwa 976 kWh, das Gebäude BRG 4 kommt auf Verluste von 693 kWh. Eine andere Zahl ist vermutlich noch aufschlussreicher: In BGR6 ließe sich durch eine Entrauchungsklappe der Jahresenergieverbrauch einer Wohnung einsparen.

Ganzheitliche Analyse von Liegenschaften

Bei einer ganzheitlichen Analyse von Liegenschaften zur Steigerung der Energieeffizienz fallen Aspekte auf, die man bisher nicht im Fokus hat. Dass die Luftdichtigkeit von Gebäuden ein wesentlicher Einflussfaktor für den Energieverbrauch ist, ist vielen bekannt. Dass der Aufzugsschacht an oberster Stelle eine gesetzlich vorgeschriebene Öffnung für die Rauchableitung im Falle eines Brandes und zur Belüftung hat, weniger. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass es selbst in Mehrfamilienhäusern dadurch zu nennenswerten Energieverlusten durch den Aufzugsschacht kommt. Diese Verluste lassen sich durch Entrauchungsklappen wirksam senken. Vorteil dieser Maßnahme ist, dass hiermit Einsparungen ohne Komforteinschränkungen möglich sind.

Prof. Dr.-Ing Viktor Grinewitschus, Professor für Energiefragen der Immobilienwirtschaft, EBZ Business School; Oliver Roßhoff, wissenschaftlicher Mitarbeiter der EBZ-Business School

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