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Brandschutz 14. Juni 2023

Produktionsausfälle in der Industrie verhindern

Ein Brand in einem Industriegebäude kann großen Sachschaden und kostspielige Produktionsausfälle verursachen. Doch es gibt Lösungen, mit denen das Risiko gesenkt werden kann.

Fernzugriff erleichtert die Instandhaltung von Brandmeldeanlagen. Die neue DIN EN 50710 schafft dafür inzwischen einen klaren normativen Rahmen.
Fernzugriff erleichtert die Instandhaltung von Brandmeldeanlagen. Die neue DIN EN 50710 schafft dafür inzwischen einen klaren normativen Rahmen.

Gerade in Zeiten von globalen Lieferketten und Just-in-time Produktionen haben längere Betriebsunterbrechungen und Produktionsausfälle oft fatale Folgen. Darüber hinaus sorgen regelmäßige Erweiterungen, Neu- und Umbauten für eine starke Diversifikation der industriellen Gebäudestruktur, die oft auch unterschiedlichen Anforderungen unterliegen. Welche Antworten hat der anlagentechnische Brandschutz darauf?

Leben und Sachwerte zu schützen und Produktionsausfälle gering zu halten, sind die wichtigsten Schutzziele für die Betreiber von Industriebauten. Doch durch Brände wird jährlich ein volkswirtschaftliches Vermögen von mehreren Milliarden Euro vernichtet. Weil mit industriellen Arbeiten oftmals ein hohes Brandrisiko einhergeht, spielt der Brandschutz eine wichtige Rolle. Allerdings steht dieser vor Herausforderungen, weil je nach Industrieunternehmen unterschiedlichste Brandgefahren und Rahmenbedingungen vorliegen. Beispiele dafür sind in der metallverarbeitenden Industrie Heißarbeiten wie Schweißen, Schneiden oder Löten, die durch hohe Temperaturen oder Funkenflug zu brandgefährlichen Situationen führen können. In vielen Betrieben entstehen zudem gefährliche Gase oder andere brennbare und giftige Stoffe. Teilweise können diese auch Explosionen auslösen und Mitarbeitende unmittelbar gefährden. Entsprechend viel gibt es bei der Planung des Brandschutzes zu beachten. Gerade bauordnungsrechtliche Vorgaben müssen für jedes Bauvorhaben individuell betrachtet und ausgelegt werden, weshalb fast immer individuelle Lösungen gefragt sind.

Relevante Normen und Richtlinien

Zunächst gibt die Muster-Industriebau-Richtlinie Orientierung und regelt die zu erfüllenden Mindestanforderungen. Sie beschreibt beispielsweise die Anforderungen an Rettungswege, die Größe der Brandabschnitte, wann zur Unterstützung der Brandbekämpfung auch eine Rauchableitung erfolgen muss.

Die bauordnungsrechtliche Besonderheit dieser Richtlinie besteht darin, dass es sich nicht um eine Sonderbauverordnung handelt, wie beispielsweise bei der Versammlungsstättenverordnung, sondern um eine als technische Baubestimmung eingeführte technische Regel, die zu beachten ist. Damit ein Industriebau als Sonderbau behandelt wird, müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

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  • Die Grundfläche des Gebäudes muss größer 1.600 Quadratmeter sein
  • oder die Höhe muss mindestens 30 Meter betragen
  • oder es ist ein anderer Sonderbau-Tatbestand aus §2 (4) der Musterbauordnung bzw. der entsprechenden Regelung der zutreffenden Landesbauordnung erfüllt.

Das Muster muss in den einzelnen Bundesländern noch als Landesgesetz umgesetzt werden und beschreibt die Anforderungen eher allgemein. Konkretere Angaben findet man in den jeweiligen Normen und Richtlinien. Für die Planung und Ausführung des anlagentechnischen Brandschutzes im Industriebau sind unter anderem die folgenden Normen zu beachten:

  • Normenreihe DIN 14675 Brandmelde- und Sprachalarmierungsanlagen
  • DIN VDE 0833-1 Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch und Überfall
  • DIN VDE 0833-2 Festlegungen für Brandmeldeanlagen
  • DIN 14677-1: Instandhaltung von elektrisch gesteuerten Feststellanlagen für Feuerschutz und Rauchschutzabschlüsse/Feststellanlagen für Feuerschutzabschlüsse im Zuge von bahngebundenen Förderanlagen – Teil 1: Instandhaltungsmaßnahmen.
Thomas Litterst, Leiter Normen und Richtlinien bei Hekatron Brandschutz.
„Brände bedrohen schnell die Existenz“
Interview mit Hekatron zu Auswirkungen und Ursachen von Industriebränden und wirksame Schutzmaßnahmen.

Schnelle Alarmierung, unmittelbare Brandbekämpfung

Die Alarmierung ist ein wesentlicher Bestandteil des Brandschutzes – von ihrer Ausfallsicherheit hängen Menschenleben ab. Hier sind häufig objektspezifische Lösungen erforderlich, was eine aktive Auseinandersetzung mit dem Alarmierungskonzept bedeutet. Im industriellen Umfeld eignen sich Lösungen, die auch robusten Anforderungen an Laut- und Lichtstärke standhalten. Für den Schutz von Menschen, Gebäuden und Sachwerten ist eine frühzeitige Alarmierung und schnelle Brandbekämpfung entscheidend, denn bereits in sechs bis acht Minuten kann sich ein Feuer sehr weit ausgebreitet haben. Besonders vorteilhaft sind deshalb Brandmeldezentralen mit Löschansteuerung. Die Kombination dieser Systeme kann eine Brandausweitung eindämmen, noch bevor die Feuerwehr im Haus ist.

Branddetektion mit Hindernissen

Eine besondere Herausforderung bei der Branderkennung in industrieller Umgebung ergibt sich aus den vielfältigen Störfaktoren und Brandgefahren, die bei der Produktion oder Lagerung auftreten können. Hier kommen Standardlösungen schnell an ihre Grenzen. Empfehlenswert ist daher der Einsatz von Sonderbrandmeldern, die passgenau für die Anforderungen des jeweiligen Bereichs ausgewählt werden. Denn betriebsbedingte Nebeneffekte, wie zum Beispiel Staub in einem Sägewerk, Dampf in einer

Wäscherei oder Gase in Stallungen, erschweren die Detektion von Bränden um ein Vielfaches. Diese müssen als solche erkannt werden und dürfen keinen Alarm auslösen. In Umgebungen mit stark verschmutzter Luft sind linienförmige Rauchmelder besonders störgrößenresistent. Sie eignen sich zudem für hohe Hallen. Auch hier steht der Brandschutz vor besonderen Herausforderungen, weil unter der Hallendecke häufig Wärmepolster auftreten.

Linienförmige Wärmemelder für extreme Bedingungen

In Lackierereien, Ex-Bereichen oder Gefahrgutlagern können sich durch Gase, Dämpfe, Nebel oder Staub in Verbindung mit Luft explosionsartige Gemische bilden. Hier bieten linienförmige Wärmemelder Sicherheit, die hochresistent gegen Verschmutzung und äußere Einflüsse sind. Sie sind auch in Bereichen mit schwankenden oder extremen Temperaturen einsetzbar, wie zum Beispiel in Ladezonen, die gerade im Winter hohe Temperaturunterschiede aufweisen. In Gießereien, Trocknungskabinen und Großbäckereien ist es dagegen sehr heiß. Linienförmigen Wärmemelder können durch zahlreiche Einstellmöglichkeiten optimal an diese Umgebungsbedingungen angepasst werden.

Sicherheit durch Instandhaltung

Allein mit der richtigen Planung und Installation der passenden Brandmeldetechnik ist es allerdings nicht getan. Um Menschen und Sachwerte bestmöglich zu schützen, steht bei der Brandmeldetechnik von Zeit zu Zeit Instandhaltung an, denn Umgebungsbedingungen und Alterung der Komponenten beeinflussen die Einsatzdauer und Funktionalität der Systeme. Die normativ geforderten, zyklischen Instandhaltungsmaßnahmen ernst zu nehmen, sorgt für Sicherheit. Nachlässigkeit dagegen kann sich im Ernstfall empfindlich rächen – für Errichter oder Betreiber geht es dann auch um die Haftungsfrage.

Thomas Litterst, Leiter Normen und Richtlinien bei Hekatron Brandschutz, Hekatron Vertriebs GmbH.

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