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Verbände 20. März 2024

Die BVSW Wintertagung 2024 im Rückblick

Geopolitik, moderne Technologien und die aktuelle Sicherheitslage in Deutschland waren Themen der BVSW Wintertagung 2024 am bayerischen Spitzingsee. 

Caroline Eder und Johannes Strümpfel begrüßten die Teilnehmenden auf der BVSW Wintertagung 2024.
Caroline Eder und Johannes Strümpfel begrüßten die Teilnehmenden auf der BVSW Wintertagung 2024.

Vom 6. bis 8. März 2024 hat in diesem Jahr die 12. BVSW Wintertagung in Folge stattgefunden. Mehr als 150 Teilnehmende kamen dafür am bayerischen Spitzingsee zusammen, um sich über aktuelle Sicherheitstrends sowie Entwicklungen am Markt zu informieren und auszutauschen.  „Durch die Vielzahl paralleler Krisen in der Welt gewinnt die Unternehmenssicherheit an strategischer Bedeutung und wird zunehmend zum Business Enabler“, sagt Johannes Strümpfel, Vorstandsvorsitzender des BVSW. Das Themenspektrum umfasste in diesem Jahr deshalb unter anderem Innere Sicherheit, geopolitische Auswirkungen auf die Sicherheit von Unternehmen sowie aktuelle technische Innovationen und deren Bedeutung für die Sicherheit.

Der erste Abend war der bayerischen Sicherheitslage und der Polizeiarbeit in Bayern gewidmet. Gast auf dem Podium war der bayerische Landespolizeipräsident Michael Schwald, demnach Bayern ein sicheres Bundesland sei. Besondere Bedeutung, um die Sicherheit in Bayern zu gewährleisten, hätte die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und der Polizei, um den vielen und sich rasch wandelnden Kriminalitätsphänomen gemeinsam begegnen zu können. Diverse Kooperationen und Maßnahmen hätten sich bereits bewährt, dennoch bestehe noch Raum für eine noch intensivere Zusammenarbeit.

Fokusthemen Wintertagung: Geopolitik und die deutsche Sicherheitslage

Am zweiten Kongresstag spielte die Geopolitik und ihre Auswirkungen auf die Sicherheit von Unternehmen eine tragende Rolle. Insbesondere die aktuellen weltweiten Entwicklungen werden von Unternehmen zunehmend als Risikofaktor wahrgenommen und wirken sich zudem auf deutsche Unternehmen und ihren Geschäftsbetrieb aus. Um einen kontinuierlichen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, müssen Unternehmen vermehrt auf geopolitische Rahmenbedingungen reagieren und diese stärker in ihren Managementprozessen berücksichtigen. Welche geopolitischen Ereignisse die Welt derzeit am meisten bewegen, erläuterte zu Beginn des zweiten Tages Prof. em. Dr. Günther Schmid. Russland und China seien maßgebliche Treiber für die Destabilisierung des Westens auch in Sicherheitsfragen, da sie eine neue Machtverteilung und die Abkehr von westlichen Werten anstreben. Als Beispiel nannte Schmid den Aufbau von Konkurrenzinstitutionen wie der BRICS-Gruppe als Gegenentwurf zur G7. Durch den Zuwachs solcher autokratischer Regimes wie in China und Russland befinde sich die Demokratie weltweit auf dem Rückzug.

Afrika, die neue geopolitische Arena?

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China und Russland stehen dennoch vor eigenen Herausforderungen: In China schrumpft die Bevölkerung, und die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, während Russland unter der Abwanderung gut ausgebildeter Menschen leidet. Afrika steht deshalb auf der Agenda solcher Nationen, denn auch, wenn sich das Bevölkerungswachstum in Afrika etwas verlangsamt hat, soll die Bevölkerung bis 2100 auf knapp 4 Mrd. Menschen anwachsen, mit einem enorm hohen Anteil junger Menschen. Der Wirtschaftswissenschaftler und Afrika-Experte Prof. Dr. Robert Kappel von der Universität Leipzig erklärte im Kontext dieses Sachverhalts zum Ende des zweiten Kongresstages in seinem Vortrag , dass die Lücken, die durch das mangelnde Engagement der westlichen Welt in Afrika entstanden seien, mittlerweile durch Maßnahmen von Ländern wie China, Russland, Indien oder der Türkei in Form von wirtschaftlichen, politischen und militärischen Ambitionen auf dem Kontinent aufgefüllt werden. China investiere unter anderem bereits seit Langem in den Aufbau der Infrastruktur, Russland unterhält diverse militärische Kooperationen. Die BRICS-Staaten nehmen somit mehr und mehr Einfluss auf Afrika, worauf Europa laut Kappel eine Antwort finden muss. 

Drohnen und KI: Chance und Gefahr?

Ein weiterer Schwerpunkt der BVSW Wintertagung lag auf der zunehmenden Entwicklung und dem Einsatz moderner Technologien wie Drohnen und KI. Dr. Ulrike Franke, Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations in Paris, zeigte mit ihrem Vortrag „Drohnen und Künstliche Intelligenz - Wie verändert sich die Kriegsführung?“, dass Drohnen mittlerweile nicht mehr nur in militärischen Konflikten eingesetzt werden. Es seien nun auch private Unternehmen aufgrund der neuen Technologien vermehrt in kriegerische Auseinandersetzungen involviert. Beispielhaft erklärte sie das anhand der Bereitstellung von Satelliten-Internet in der Ukraine durch Starlink.

Auch Künstliche Intelligenz kommt mittlerweile in vielen Unternehmen vermehrt zum Einsatz. Welche Risiken das für Unternehmen bedeutet, erläuterte Frank Ewald, Leiter Konzernsicherheit und Krisenmanagement bei der Dt. Post DHL Group. Stimmen oder Personen in Videokonferenzen täuschend echt zu imitieren, stellte sich dabei bereits als unproblematisch heraus und das Gefahrpotenzial nimmt weiter zu. Betrugsmaschen wie der CEO-Fraud ließen sich damit immer schwerer erkennen.

Kritis unter Angriff

Besonders hohen Risiken sind derzeit auch Kritische Infrastrukturen ausgesetzt, wie die anschließende Podiumsdiskussion aufzeigte. Zu Gast waren Dr. Sandra Kreitner, Vizepräsidentin der Gesellschaft für Krisenvorsorge, Rainer Cohrs, Leiter Konzernsecurity Stadtwerke München, Günter Schotten, Geschäftsführer des ASW Bundesverbandes und BR-Journalistin Sabina Wolf. Die Moderation leitete der Kommunikationsexperte Oliver Rolofs. Im Gespräch zeigte sich, dass mit der Zeitenwende das Risiko von Angriffen auf Kritis deutlich gestiegen ist. Vor allem für Unternehmen sei es wichtig, ihre Resilienz-Maßnahmen zu überprüfen und umzusetzen. Besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen sah die Expertenrunde noch Nachholbedarf.

Ransomware-Attacken erlebten in den letzten Jahren starken Zuwachs. KMU sind besonders stark betroffen.
Threat Report 2024: KMU vermehrt bedroht
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) stehen im Fokus beim Diebstahl von Daten und Identitäten, wie Sophos im Threat Report 2024 veröffentlicht hat.

Whistleblower-Schutz und EM-Vorbereitungen

Der dritte und letzte Kongresstag startete mit einem Vortrag zum Thema Whistleblowing von Annegret Falter, Vorsitzende des Whistleblower-Netzwerk e.V. Die Referentin unterstrich die Bedeutung von Whistleblowern anhand einiger gravierender Missstände, die erst durch interne Hinweisgeber aufgedeckt werden konnten und sprach über die Vorteile und Grenzen des neuen Hinweisgeberschutzgesetztes (HinSchG), das im Juli 2023 in Kraft getreten ist und für den besseren Schutz hinweisgebender Personen sorgen soll.

Anschließend erläuterte Markus Stenger, Geschäftsführer der UEFA Euro 2024 GmbH, den Stand der Vorbereitungen rund um die Fußball-Europameisterschaft der Männer. 51 Spiele werden an 10 Austragungsorten in Deutschland an 22 Spieltagen stattfinden. Für einen beschleunigten Einlassprozess soll eine rein onlinebasierte Ticketaktivierung in einer App sorgen. Wie bei jeder Großveranstaltung ist die Frage der Sicherheitskräfte eine Herausforderung, doch Stenger erklärte, dass alle lokalen Vorgaben für den Einsatz von Ordnungskräften erfüllt werden sollen.

BVSW-Blick in die Zukunft

Im Rahmen der Wintertagung wurden außerdem die zwei Studiengänge vorgestellt, an denen der BVSW mitwirkt: 2018 hat der Verband gemeinsam mit der Technischen Hochschule Deggendorf den berufsbegleitenden Bachelor-Studiengang Sicherheitsmanagement gegründet. Mittlerweile beteiligt sich auch das Polizeipräsidium Niederbayern an der Ausbildung des akademischen Nachwuchses. An der Technischen Hochschule Ingolstadt können Interessierte einen Masterabschluss in „Strategy, Global Risk & Security Management“ absolvieren, für den der BVSW die Schirmherrschaft übernommen hat.  

Zum Abschluss des zweiten Konferenztages sprach Dr. Benedikt Franke noch über die Münchner Sicherheitskonferenz, die aufgrund der nach wie vor anhaltenden Kriegssituation außergewöhnlich hochrangig besetzt war. Für den weiteren Jahresverlauf von 2024 hat die Münchner Sicherheitskonferenz geplant, sich mitunter den Herausforderungen im globalen Süden zu widmen.

„Aus den zahlreichen spannenden Vorträgen konnten alle Teilnehmer Impulse für ihre Arbeit mitnehmen. Gleichzeitig boten die Inhalte jede Menge Gesprächsstoff für die Pausen und die Abendessen in entspannter Atmosphäre“, sagt Caroline Eder, BVSW-Geschäftsführerin und federführende Planerin der Wintertagung zum Abschluss.

Das vollständige Programm der diesjährigen Veranstaltung können Sie auf der Webseite des BVSW nachlesen unter: www.bvsw.de/wintertagung23

Die nächste Wintertagung ist bereits in Planung und wird vom 12. bis 14. März 2025 stattfinden.

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