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Alles, immer und von überall?

Dank intelligenter und ständig vernetzter Kommunikationsgeräte sind auch komplexe technische Systeme heute portabler und flexibler denn je. In der Zutrittskontrolle bringt dies Vorteile, kann jedoch auch Risiken schaffen.

Teilnehmer des ersten Tages des PROTECTOR Forums Zutrittskontrolle 2014.
Teilnehmer des ersten Tages des PROTECTOR Forums Zutrittskontrolle 2014.

Zu Beginn des diesjährigen Forums Zutrittskontrolle stand zunächst einmal eine Bestandsaufnahme in Sachen Mobilität und Apps an. Moderator Boris Stamm fühlte den Teilnehmern auf den Zahn: „Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich mobiler Zutrittskontrolle? Lohnt es sich, Lösungen für Smartphones und Tablets anzubieten? Oder werden solche Apps sogar schon vorausgesetzt und von Anwenderseite eingefordert?“

Rainer Füess von Tisoware stimmt zu, dass dies ein Trend ist: „Das Thema Mobile Computing ist in aller Munde, und bezogen auf unser Angebot ist es so, dass wir bereits mobile Lösungen im Sicherheitsbereich anbieten, genauso auch für Human Ressources und den Industriebereich. Es ist festzustellen, dass diese im Mittelstand tatsächlich noch weniger nachgefragt werden, wobei es auch hier einige Anwendungsbeispiele gibt, bei denen sie sehr nützlich sind – zum Beispiel Alarmmeldungen oder Live-Bilder für den Manager unterwegs. Das sind Dinge, die in der Praxis bereits genutzt werden. Dennoch entwickeln wir unsere Anwendungen im mobilen Bereich stets weiter, um dem Trend gerecht zu werden.“

Vielseitig nutzbar

Jürgen Alz von Bosch Sicherheitssysteme sieht gleich zwei Anwendungsfelder für mobile Apps: „Wir nutzen das Mobile Computing in zweierlei Hinsicht: Wir bieten es einerseits für den Servicebereich an, um damit Projektierung und andere Service-Aufgaben zu erleichtern. Andererseits bieten wir Anwendern darüber auch zahlreiche Funktionen des Alarm-Managements an. Die sind heute schon in Form einer App für unseren Kunden verfügbar und werden von diesen genutzt.“

„Man muss nur zehn Jahre zurückschauen, damals haben die mobilen Anwendungen schon langsam in die Zeitwirtschaft Einzug gehalten. Das hat Urlaubsanträge und Zeitkorrekturen vereinfacht und ist mittlerweile Standrad in diesem Umfeld. In der Sicherheitstechnik braucht es wohl auch deshalb noch etwas länger, um sich durchzusetzen, weil man immer auch an die Sicherheit der Systeme denken muss. Aber ich denke auch das wird man lösen in den nächsten Jahren, so dass die Verbreitung steigt.“
Robert Karolus, Produkt Manager Interflex Datensysteme GmbH & Co. KG

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„Ich habe auch das Gefühl, dass wenn wir uns den Sektor Sicherheit anschauen, viele noch recht konservativ eingestellt sind. Es geht nicht nur um Geräte und smarte Applikationen, sondern auch darum, dass die Menschen und die Unternehmen mitziehen müssen. Ich denke, dass sich die Technik schneller weiterentwickelt, als wir in der Lage sind, es organisatorisch abzubilden.“
Wilfried Joswig, Geschäftsführer, VfS – Verband für Sicherheitstechnik e.V.

„Ich bin der Meinung, dass die Welten immer mehr verschmelzen werden – der mobile Teil mit dem der klassischen Anwendung. Wir haben deshalb schon eine Lösung entwickelt, die auf allen Endgeräten die gleiche Oberfläche hat, am PC, am Tablet und am Smartphone. Mit einem solchen responsive Design hat der Anwender nur noch eine Oberfläche, in der er sich immer sofort zurecht finden. In Zukunft wird hier kaum noch eine klassische Trennung stattfinden, weil es um die Funktion geht und nicht um das Gerät, auf der man sie zur Verfügung stellt.“
Rainer K. Füess, Prokurist – Leiter Partnervertrieb und Marketing, Tisoware

„Wenn die Applikationen generalisiert werden, so dass man sie auf verschiedenen Geräten nutzen kann, muss man sich dennoch Gedanken machen, wie hat man den Zugang zu den jeweiligen Geräten sichert. Dabei spielt es keine Rolle, ob es nun ein PC oder ein Tablet ist, die Unternehmen müssen sich Maßnahmen überlegen, wie man auch mobile Technik sicher nutzt. Dazu fehlt es momentan aber auch etwas an den nötigen Investitionen in die Infrastruktur.“
Michael Wanka, Regional Sales Manager DACH Region, HID Global GmbH

Sven Däberitz von Intrakey bestätigt den Trend ebenfalls: „Wir haben seit einem Jahr Apps für Zeiterfassung, Zutritt und den Fuhrparksektor. Hier gibt es ein sehr differenziertes Bild der Nachfrage. Manche interessieren sich kaum dafür, andere setzen das als selbstverständlich voraus, letztere sind meistens kleine innovative Mittelständler, die solche Apps verlangen.“

Und Michael Wienke von Honeywell ergänzt: „Wir bieten unseren Kunden heute ebenfalls die Möglichkeit, auf dem Tablet, beziehungsweise mit einer App, die Sicherheitssysteme zu verwalten. Das hängt auch mit einem weiteren Bereich zusammen, bei dem ich Chancen und auch konkrete Nachfragen sehe. Das betrifft den Ansatz, komplette Datenbanken in die Cloud auszulagern. Das sorgt für weitere Flexibilität und schafft die Möglichkeit, die Daten dort auch von einem Dienstleister verwalten zu lassen.“

Nutzen differenzieren

Dass alle diese Anwendungen Potenzial haben, glaubt Hartmut Beckmann von Uhlmann & Zacher: „Für den Anwender bringt das deutliche Vorteile, vor allem hinsichtlich Zeitersparnis. Der Anspruch hat sich in den letzten Jahren massiv geändert: Es geht in der praktischen Anwendung von Sicherheitssystemen immer darum, möglichst schnell Informationen zu bekommen, um angemessen entscheiden zu können. Das findet auch in der Sicherheitsbranche immer stärker auf Basis mobiler Lösungen statt.“

Damit wird bereits deutlich, dass sowohl das Bild der Nachfrage auf Kundenseite, als auch die Nutzungsszenarien von mobilen Zutrittskontroll-Apps differenziert zu betrachten sind. Volker Kraiss von Kraiss & Wilke Security Consult versucht, dies zu veranschaulichen: „Bezogen auf die Sicherheitstechnik und auf die Zutrittskontrolle sind die Möglichkeiten relativ klar einzugrenzen. Die eine Möglichkeit ist das Informationsmanagement, bei dem aus dem System heraus Informationen und Alarme auf mobile Geräte gesendet werden. Die zweite Möglichkeit ist die Pflege und Datenaktualisierung, bei der Anwender von mobilen Geräten aus Daten in die Systeme eingeben oder anpassen können. Darüber hinaus können Systemlieferanten im Bereich Service und Fernwartung von mobilen Geräten aus, egal wo man sich gerade befindet, in ein System einloggen, Service betreiben und in gewissem Umfang auch reparieren. Kürzere Wiederherstellungszeiten des Sollzustands sind die Folge beziehungsweise der Nutzen.“

Wartung aus der Ferne

Gerade der letzte Punkt birgt gleich doppelt Potenzial: nämlich für Anwender und Errichter. Jürgen Schneider von Nedap Technology Partner erklärt: „Die Vorteile des Fernservice und des Supports über das Netz sind nicht von der Hand zu weisen – vorausgesetzt, dass es für den Kunden ausreichend sicher umgesetzt wird, etwa über VPN-Zugänge. Dann bringt es für beide Seiten Vorteile. Derjenige, der den Service erbringen muss, kann schneller arbeiten und auch direkter eingreifen. Und demjenigen, der den Service benötigt, wird schneller geholfen. Man muss auch realistisch sein, denn Reaktionszeiten von unter vier Stunden kann man sonst kaum bezahlbar einhalten. Somit ist die Fernwartung als Bestandteil der mobilen Welt durchaus etwas, wo Potenzial und auch Interesse vorhanden ist.“

Hier ergeben sich weitere Vorteile, wie Sven Däberitz anmerkt: „Wenn es um die Diskussion geht, ob man – auch aus Sicherheitsgründen – eine Fernwartung zulässt, sollte man auch die Kostenseite betrachten. Denn es macht schon einen großen Unterschied, ob man immer einen teuren Techniker vor Ort einsetzen muss oder ob dieser einfach eine Stunde online an dem Problem arbeitet, was wesentlich effizienter und günstiger zu haben ist.“

Rainer Füess ergänzt: „Es betrifft einerseits die Kosten aber auch den Faktor Zeit. Man muss immer sehen, ob denn ein Techniker gerade verfügbar ist. Die Online-Sitzung könnte er vielleicht schnell einschieben, wohingegen eine lange Anfahrt eventuell nicht sofort eingeplant werden kann. Das Problem ist also meist online schneller gelöst, als wenn Servicepersonal erst zum Kunden fahren muss.“

Cui bono, App?

Trotz dieser einerseits nachvollziehbaren Vorzüge vernetzter und mobiler Systeme gibt es auch fragwürdige Ansätze und Ideen, wie Moderator Boris Stamm anmerkt: „Für mich stellt sich immer wieder die Frage, für welche Anwender die mobile Welt wirklich einen entscheidenden Mehrwert bietet. Schließlich ist nicht alles, was technisch möglich ist, auch praktisch sinnvoll. Nehmen wir einmal den Administrator, der auch noch wenn er im Urlaub unter Palmen liegt, das System administrieren soll. Wie sieht es mit der Nachfrage aus?“

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