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Unternehmen 4. April 2023

Chancen und Risiken von Drohnen

Wie sich der Einsatz von Drohnen in Industrie und Sicherheitswirtschaft lohnen kann – und welche Gefahren von ihnen ausgehen.

Zahlreiche Drohnentypen, oft mit bereits eingebauter Kamera, sind auf dem Markt erhältlich.
Zahlreiche Drohnentypen, oft mit bereits eingebauter Kamera, sind auf dem Markt erhältlich.

Drohnen kommen mittlerweile nahezu in allen Bereichen der Wirtschaft, bei Behörden, privaten Organisationen und auch in der Landwirtschaft zum Einsatz. Ihr vielfältiges Einsatzspektrum gibt den Nutzern derzeit zahlreiche Möglichkeiten der Anwendung – von Lagebilderstellung über Inspektionsaufgaben bis hin zum Transport und Perimeterschutz. Doch wo sich Chancen einer Technologie bieten, gibt es auch immer Risiken, die zu adressieren sind.

Drohnen in den Händen von Hobbypiloten gibt es seit Jahren und erfreuen sich wachsender Beliebtheit.  Was anfangs noch mit Bastelaufwand verbunden war, um bestimmte Konfigurationen zu erzielen, ist heute überwiegend bereits fertig im Handel verfügbar. Doch auch in der Wirtschaft und bei Behörden wie Polizei und Rettungskräften oder dem THW haben Drohnen längst Einzug gehalten. Über 45.000 Drohnen werden derzeit in Deutschland laut dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) kommerziell genutzt, Tendenz steigend (siehe Kasten). Drohnen haben dabei in den letzten Jahren insgesamt an Akzeptanz in der Bevölkerung gewonnen. Laut einer Befragung von Yougov im Auftrag des Verbands Unbemannte Luftfahrt (VUL) vom April 2022 befürworteten 51 % der Befragten die Nutzung ziviler Drohnen. Das sind sieben Prozentpunkte mehr als 2019, während gleichzeitig die Skepsis gesunken ist: 28 % lehnen die zivile Nutzung ab, gegenüber 40 % im Jahr 2019. Vor allem in der humanitären Hilfe werden Drohnen positiv gesehen, aber auch bei Inspektionsaufgaben oder dem Einsatz in der Landwirtschaft (jeweils mit über 75 % Akzeptanz). Kritischer sieht es vergleichsweise bei der Beobachtung der Sicherheit im öffentlichen Raum aus, hier liegt die Zustimmung bei nur 57 %, ein leichter Rückgang im Vergleich zu 2019 mit 60 %.

Vorteile für die Sicherheitswirtschaft

Drohnen sind mittlerweile auch in der Sicherheit (Security) ein effektives Mittel, um Mitarbeiter bei Routineaufgaben zu entlasten. Laut Anbietern von Dienstleistungen mit Drohnen können Unternehmen bis zu 80 % Kosten einsparen, wenn diese etwa für aufwendige Inspektionsaufgaben Drohnen einsetzten. Nahezu für jeden Einsatzzweck, von der Überprüfung von Rohrleitungen oder Innenräumen bis hin zu Tragwerken lassen sich Drohnen in unterschiedlichster Größe und Konfiguration nutzen.

Der große Vorteil der Drohne liegt auf der Hand: Aus der Luft kann sie Aufnahmen bei Tag und auch bei Nacht liefern und damit innerhalb weniger Stunden Bilder von Objekten, Landschaften und Gelände erzeugen, was früher nur vergleichbar mit einem Hubschrauber möglich gewesen wäre – oder gar nicht. „Grundsätzlich eignen sich Drohnen (und andere Robotik, wasser-/landgestützt), um gerade im Falle von Unglücken dort eine rasche Lageinspektion vornehmen zu können, wo es sich um lebensfeindliche Umgebungen dreht, wie im Falle von Bränden (an Infrastrukturen, Gebäuden, Wäldern), Kraftwerkskatastrophen wie Fukushima oder bei Chemieunfällen. Intelligente Drohnen können dabei teils autonom in Gebäude und Tunnel eindringen und Bild-/Video-Aufnahmen vornehmen“, erklärt Markus Müller vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung. Im Security-Bereich sind Drohnen mit ihren optionalen Sensoren gerade für den Perimeterschutz und für Bestreifungen geeignet. Die Überprüfung von Alarmen ist mit ihnen in kürzester Zeit möglich und lässt sich auch automatisieren. Der Pilot oder ein Verantwortlicher entscheidet dann anhand der Bilder vom Ereignisort über weitere Maßnahmen.

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Es gibt bereits viele Beispiele aus Industrie und Behörden

Die BASF, die 2022 von der zuständigen Luftfahrtbehörde die Genehmigung erhalten hat, Drohnen auch im BVLOS-Modus einsetzen zu dürfen, setzt Drohnen auf ihrem Hauptstammsitz in Ludwigshafen ein. Gesteuert werden diese laut dem Hersteller Azur von einer Leitstelle, die Drohne selbst startet von einer eigenen Plattform. Die Drohne ist durch ihre Basis in 30 Sekunden einsatzbereit. Die Drohne vom Typ Skeyetech ist vollständig automatisiert und kann dank ihrer KI automatisch starten, eine sichere Navigation auf der Grundlage von Live-Berechnungen durchführen und präzise landen. Theoretisch erfordert sie damit keine Pilotenausbildung für das Sicherheitspersonal und keine Flugkenntnisse. Gleichwohl wird sie aber ständig überwacht und handelt damit auch nicht „autonom“.

In Braunschweig hat 2022 die Feuerwehr im Rahmen eines Projekts zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit einer Drohne experimentiert, die live Luftbilder von Einsatzstellen liefern soll, noch bevor der erste Feuerwehrwagen vor Ort ist. Die Drohne hat eine Reichweite von bis zu acht Kilometern, soll etwa fünf Minuten am Einsatzort bleiben und dann zurückkehren. Ein Pilot steuert die Drohne und überwacht ihren Flug bis zum Ziel, während die Kollegen im Einsatzfahrzeug Zugriff per Tablett auf die Kameras der Drohne haben und sich so ein Lagebild noch vor ihrem Eintreffen verschaffen können.

Landwirte nutzen Drohnen etwa Fernerkundung von Flächen, um den Gesundheitszustand der Pflanzen durch Kameras mit Farbfiltern zu detektieren.  Rettungsdienste, Hilfsorganisationen und die Polizei setzen sie zur Suche von Vermissten, zur Sicherung von Schadensereignissen oder Beobachtung von Menschenmassen ein. Die Deutsche Bahn nutzt Drohnen bereits seit 2015 zur Kontrolle der Infrastruktur und von Baustellen. Zum Einsatz kommen zur Kontrolle des knapp 33.500 km langen Streckennetzes auch große Drohnen vom Typ „Trinity F90+“, die optisch eher an ein kleines Segelflugzeug erinnert und eine Flügelspannweite von etwa 2,40 m hat. Sie ist in der Lage, bis zu 700 Hektar pro Flug, der bis zu 90 Minuten dauert, mit ihrem Kamerasystem zu kartographieren. Die Bahn nutzt die Drohnen unter anderem, um festzustellen, ob Bäume zu nah an Gleisanlagen stehen und aus Sicherheitsgründen (Stürmen) vorsorglich gefällt werden müssen.

Drohnen eignen sich sehr gut für Inspektionsaufgaben im industriellen Umfeld.
Drohnen eignen sich sehr gut für Inspektionsaufgaben im industriellen Umfeld.

Sensoren und Kameras für jede Mission

Der Nutzen von Drohnen ergibt sich neben ihren Flugeigenschaften vor allem aus der mitgeführten Nutzlast in Form von Kameras und Sensoren. Je nach Größe der Drohne und ihrem Einsatzzweck bieten Hersteller eine Vielzahl an Paketen und Einzellösungen an. Landwirte, Agraringenieure und Rohstoffproduzenten nutzen häufig Multispektralkameras an Drohnen, um den Boden und Pflanzen zu analysieren oder Schädlinge zu erkennen. Hierfür werden Kameras mit hoher Auflösung benötigt, die beispielsweise eine Bildauflösung von zwei Zentimetern (0,8 Zoll) bei 60 m erzielt. Für die Photogrammetrie sind Kameras geeignet, die über eine hohe Megapixel-Auflösung verfügen, um Geländedaten zu erstellen oder für Inspektionsaufgaben, bei denen es um das Erkennen feinster Details geht.

Manche Kameras haben zusätzlich Laserentfernungsmesser mit an Bord. Natürlich sind auch zahlreiche Systeme für den Einsatz bei Nacht verfügbar oder wetterunabhängig. Wärmebildkameras eignen sich für thermografische Untersuchungen von Photovoltaikanlagen, unzugänglichen Gebäuden, Starkstromleitungen sowie im Feuerwehr-, Rettungsdienst und Polizeieinsatz. Drohnen lassen sich auch mit Lidar-Sensorik ausrüsten, die in widrigen Wetterbedingungen wie Nebel detaillierte Umgebungsdaten liefert und damit auch für den mobilen Perimeterschutz aus der Luft sinnvoll sein kann. Und die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) testet unter anderem Drohnen mit Sensoren, die die Gaskonzentration über einer undichten Stelle an einer Pipeline per Fernmessung erkennen sollen.

Die verwendete Sensorik entscheidet neben den Flugeigenschaften der Drohne letztlich auch über deren Preis. Während es für Hobbypiloten kleine Drohnen für 150 Euro und weniger gibt, die mit einer kleinen Kamera ausgestattet sind, liegen die Kosten für den Profi- und industriellen Anwendungsbereich weit höher.

Mit der Drohne ist es im industriellen oder landwirtschaftlichen Bereich alleine meist aber nicht getan. Hinzu kommen entweder noch Kosten für die erforderliche Sensorik, sofern die Drohne nicht bereits über sie verfügt, und Kosten für die Bildauswertung, Wartung und gegebenenfalls Schulung. Da kann ein Komplettparket schon mal über 10.000  Euro kosten.

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Neue Regularien und Ende der Übergangsfrist für Drohnen

Die Ende Dezember 2020 in Kraft getretene EU-Drohnenverordnung hat für Hersteller und Betreiber ein ganzes Set an neuen und einheitlichen Regeln mit sich gebracht, um die Nutzung und die Herstellung von Drohnen rechtlich zu vereinheitlichen, mit einigen wenigen landesspezifischen Besonderheiten. Hierzu gehört etwa in Deutschland die Haftpflichtversicherungspflicht für eine Drohne. Unabhängig von einer gewerblichen oder privaten Nutzung, gilt nun die Einteilung in einer der drei Kategorien „open“, „specific“ oder „certified“. In der „Open“-Kategorie, die für den privaten Nutzer die relevanteste ist, finden sich Drohnen bis maximal 25 Kilogramm (kg) Gewicht wieder, die eine Flughöhe von 120 Metern nicht übersteigen dürfen. Es gibt vier Klassen, in die die Hersteller ab dem 1.1.2024 verpflichtend ihr Drohnen klassifizieren müssen:

  •     C0: Drohnen unter 250 Gramm (g) Abfluggewicht
  •     C1: Drohnen von 250 Gramm bis unter 900 g Abfluggewicht
  •     C2: Drohnen ab 900 Gramm bis unter 4 Kilogramm Abfluggewicht
  •     C3 und C4: Drohnen ab vier Kilogramm bis unter 25 kg Abfluggewicht.

Eine Genehmigung für den Betrieb ist nicht notwendig. Die Kategorie „open“ ist ferner abhängig vom Gewicht in drei Unterkategorien unterteilt (A1, A2 und A3), die die Art der Nutzung näher definiert (Flugmanöver) und dafür Regeln aufstellt, inklusive den Anforderungen an einen „Führerschein“. In A1 für die Klassen C0 und C1 mit einem Abfluggewicht unter 900 g dürfen keine Menschenansammlungen überflogen werden, höchstens einzelne Personen und dies nur in der Klasse C0 (unter 250 g). Nur in der Klasse C0 ist auch kein Drohnenführerschein erforderlich. Die Unterkategorie A2 ist für schwerere Drohnen in der Klasse C2 (900 g bis vier kg) vorgesehen und erfordert einen Mindestabstand von 30 Metern zu unbeteiligten Personen, der nur bei Low-Speed-Mode unterschritten werden darf. In A3 fallen schließlich die großen und schweren Drohnen der Klassen C2, C3 und C4 von 900 g bis 25 kg maximalem Abfluggewicht. Die Drohne muss mindestens mit einem Abstand von 150 Metern zu Wohn-, Gewerbe-, Industrie- oder Erholungsgebieten betrieben werden und es dürfen sich keine unbeteiligten Personen im Fluggebiet aufhalten.

Für Bestandsdrohnen ohne Klassenkennzeichnung gelten Übergangsfristen. Bis zum 31. Dezember 2023 gilt für Drohnen bis 500 g die Unterkategorie A1. Für solche mit einem Gewicht zwischen 500 g und zwei Kilogramm gilt ein Trainingsnachweis der Unterkategorie A2 und ein Abstand von 50 Metern zu Menschen. Für Drohnen ab zwei Kilogramm bis unter 25 kg gilt die Unterkategorie A3. Für alle Drohnen ab 250 g ist ein EU-Kompetenznachweis erforderlich. Es gilt dann entweder der kleine Drohnenführerschein (A1/A3) oder das EU-Fernpilotenzeugnis - der große Drohnenführerschein (A2) mit bereits erworbenen EU-Kompetenznachweis.

Per Gesetz müssen Drohnen bestimmter Kategorien (C1 bis C3) ferner sowohl über eine Funktion zur Geo-Sensibilisierung verfügen, als auch eine Fernidentifizierung ermöglichen. Beim Geo-Sensibilisierung sendet die Drohne ein Signal an den Piloten, dass ein gesperrter Luftraum angeflogen wird, bei der Fernidentifizierung werden unabhängig davon permanent die Drohnenkennung (Remote ID), den Standort, die Höhe, die Geschwindigkeit, den Standort und die Position der Kontrollstation/des Piloten sowie die Zeitmarke sendet.  Diese Daten können prinzipiell von jedem mit einem Mobiltelefon empfangen und gelesen werden. Manche Hersteller integrieren sogar bereits eine Geofencing-Funktion, bei der vorprogrammierte gesperrte Lufträume durch die Drohne selbst erst gar nicht angeflogen werden können.

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„Spezielle“ Kategorie für Profis und komplexe Anwendungen

Die „offene“ Kategorie verdeutlicht, mit welchen Drohnen ohne größeren Aufwand betrieben werden dürfen. Für viele Anwendungen im Sicherheits- oder Safety-Bereich reicht das aber nicht aus. Neben den erlaubten Mindestabständen zu Personen ist auch die in der offenen Kategorie zwingende permanente Sichtverbindung VLOS (Visual Line Of Sight) ein Problem, wenn es etwa um die Inspektion komplexer Industrieanlagen geht oder die Sichtverbindung durch das Gelände nicht immer gegeben ist. Für den Flug außerhalb der Sichtweite BVLOS (Beyond Visual Line Of Sight) und andere Manöver gibt es die „Spezielle“ Kategorie. Um eine Genehmigung zu erhalten, kann der Nutzer entweder eine vorausgefüllte Risikoanalyse für Standard-Missionen (STS) mit zertifizierter Drohne nutzen, eine vorausgefüllte Risikoanalyse für Standard-Missionen mit nicht-zertifizierter Drohne (PDRA), oder eine umfangreiche Risikoanalyse durchführen, wenn keines der Szenarien zutrifft (SORA). Dies ist vor allem dann relevant, wenn der Einsatzzweck und das Gebiet Standardszenarien nicht zulassen, etwa im urbanen Umfeld oder in dicht bebauten Industrieanlagen. Hier ist immer eine Einzelfallprüfung notwendig. Mit einem Light UAS Operator Certificate (LUC) kann ein Unternehmen sogar eine Zertifizierung beantragen, um Missionen selbst genehmigen zu können. Ein LUC erlaubt aber nicht automatisch bereits den Flugbetrieb eines UAS in der speziellen Kategorie. Der Inhaber eines LUC darf gewisse Aufgaben entsprechend der eingeräumten Privilegien übernehmen, die sonst von einer Behörde ausgeübt würden. Ein LUC lohn sich dann, wenn ein Unternehmen Änderungen an bestehenden Betriebsgenehmigungen oder neuen Betriebsgenehmigungen bei der Behörde beantragt, Deklarationen erstellt oder dies plant. Die dritte Kategorie „Certified“ ist für Drohneneinsätze vorgesehen, bei denen das vorliegende Risiko vergleichbar ist mit jenem in der bemannten Luftfahrt ist. Dies gilt etwa für Drohnen, die Gefahrgüter oder Personen transportieren oder für den Flug über Menschenansammlungen mit Drohnen von über drei Metern Größe.

Das Abfangen mittels Fangnetz ist ein hochkomplexer Prozess.
Das Abfangen mittels Fangnetz ist ein hochkomplexer Prozess.

Bedrohungen durch Drohnen und ihre Abwehrmöglichkeiten

Der Einsatz von Drohnen an sich unterliegt immer gewissen Risiken, weswegen die Regularien dazu dienen, dieses so weit wie möglich insbesondere für Unbeteiligte zu minimieren. Ganz anders verhält es sich, wenn Drohnen missbräuchlich genutzt werden. Ihre Eigenschaften, die sie zu ausgezeichneten Helfern in der Luft machen, sind es auch, die sie für nicht legale Zwecke attraktiv machen. Die Szenarien reichen vom Ausspionieren von Industrieanlagen und Kritis-Einrichtungen, bis hin zu Abhöraktionen von Büros und dem Transport illegaler Substanzen oder Gütern, etwa in JVAs. Ein hohes Risiko, selbst ohne kriminelle Energie, besteht vor allem in der Nähe von Flughäfen. Allein 2022 kam es an deutschen Flughäfen zu 134 Behinderungen des Flugverkehrs durch Drohnen. Hobby-Drohnenpiloten, die Nahaufnahmen von Flugzeugen erhaschen wollen, sind hier eine ebenso große Gefahr für den Flugbetrieb, wie ein theoretisch zielgerichteter Einsatz gegen Gebäude oder Maschinen im An- und Abflug oder auf dem Rollfeld. Dringt eine Drohne in den Sperrbereich ein, muss der Flughafenbetrieb eingestellt werden, auch wenn es sich „nur“ um ein Versehen gehandelt hat – einen Pilotenfehler etwa. Um diesen Gefahren zu begegnen und Informationen über alltagstaugliche Maßnahmen zur Drohnenabwehr zu gewinnen, ist 2019 das auf drei Jahre angelegte Projekt „Falke“ unter Führung der Helmut-Schmidt-Universität (HSU) Hamburg ins Leben gerufen worden. Beteiligt sind unter anderem die Bundespolizei, die DFS Deutsche Flugsicherung, der Flughafen Hamburg sowie die Unternehmen Frequentis und Hensoldt.

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Eine „unkooperative“ Drohne wirksam abzufangen, ist alles andere als einfach

 „Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Drohnen-Abwehrsystems mit standardisierten Schnittstellen für Flughäfen unter besonderer Berücksichtigung der Kommunikations- und Meldeketten“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Gerd Scholl von der HSU. Was als Projektauftrag überschaubar klingt, zieht eine komplexe Analyse der an einem Flughafen ineinandergreifenden Prozesse nach sich. Wie lassen sich unterschiedliche Teilsysteme wie beispielsweise Verkehrslagen (Radardaten, UTM-Daten), Verifikationssysteme und Drohnen-Abwehrsysteme koppeln und welche Schnittstellen sind dafür notwendig? Die Probleme beginnen beim Thema Abwehr erstmal bei der Ausgangslage – der Detektion. „Es geht nicht darum, irgendetwas zu erkennen – das System muss eine Drohne zweifelsfrei erfassen und absolut zuverlässig sein“, erklärt Dr. Ralf Heynicke, Projektleiter an der HSU. Ansonsten würde ein Fehlalarm, ausgelöst durch einen Vogel, den Flughafenbetrieb unter Umständen stilllegen. Und da Drohnen mitunter einen Radarquerschnitt eines Vogels aufweisen, ist dies durchaus eine technische Herausforderung. In einem Umkreis von 1,5 Kilometern um das Flughafengelände gilt eine gesetzliche Flugverbotszone (No-Fly-Zone). Ein Detektionssystem, das aus Kameras und Radar besteht, erfasst Drohnen bereits außerhalb dieses Bereichs, bis zu 18 km weit entfernt. Nähert sich eine Drohne dem Flughafen, muss es schnell gehen. Eine Drohne kann bis zu 60 km/h und schneller fliegen, also 16 m/s und darüber. Es dauert also etwa 95 Sekunden, bis eine Drohne den Zaun eines Flughafens erreicht hätte. Und erst ab hier darf die Bundespolizei tätig werden, sprich, aktive Gegenmaßnahmen ergreifen, um die Drohne abzufangen – wenn sie den Zaun überfliegt.

Unabhängig vom Detektionssystem bleibt dann noch zu klären, wie sich eine Drohne abfangen lässt. Und hier sind technische und rechtliche Herausforderungen gleichermaßen zu klären. Zunächst müssen Szenarien definiert werden, in denen ein tatsächliches Abfangen relevant ist und wie dies zu bewerkstelligen ist. Verschiedene Hersteller von Drohnenabwehrtechnologien bieten inzwischen hierzu zahlreiche Optionen an: Jammer, die die Funkfrequenz der Drohne stören soll, Projektilwaffen, um eine Drohne abzuschießen, die Übernahme der Steuerung der Drohne, der Einsatz von Fangnetzen, oder der Beschuss mit einem Laser oder durch Wasserwerfer. „Von all diesen Abwehrmethoden ist nicht nur das Abfangen einer Drohne durch eine andere mittels Fangnetz die technisch erfolgversprechendste, sondern auch eine, die sich rechtlich im derzeitigen Rahmen bewegt“, so Dr. Heynicke. Denn alle anderen Arten des Abfangens sind derzeit nicht oder nur bedingt durch deutsche Gesetzte gerechtfertigt und wenn, so haben hier nur die Behörden wie die Polizei das Recht, solche Maßnahmen zu ergreifen. Bedeutet: für den Einsatz in der Wirtschaft, um etwa ungebetene Spionagedrohen aus der Luft zu holen, muss der Gesetzgeber sich um die „weißen Flecken“ in der Rechtslage kümmern. Auch für diesen Einsatzzweck gelten zunächst die eingangs beschrieben Regularien. Hautproblem ist vor allem das Risiko von Kollateralschäden, sei es durch den Abfangprozess selbst oder weil die abgefangene Drohne nicht kontrolliert zu Boden gebracht werden kann.

Daher setzt man im Projekt Falke auf eine „Counter-Drohne“, die eine andere mittels Fangnetz in der Luft einfängt und mit ihrer „Beute“  wieder sicher landet. Damit das gelingt, muss die Abfangdrohne sich selbst steuern können, um sich gegenüber der anderen Drohne überhaupt in eine günstige Netz-Abschussposition zu begeben – ein Mensch könnte diese Manöver nicht ausführen. Hier kommt eine KI ins Spiel, die mithilfe der Daten aus der Detektion und den Sensoren der Drohne sich selbstständig lenkt. Der Pilot gibt nur noch im günstigsten Moment die Bestätigung, dass die andere Drohne abgefangen werden darf. Feldversuche am Hamburger Flughafen hierzu verliefen erfolgreich. Ein solches System könnte bei entsprechender Infrastruktur (etwa Startplattformen oder Boxen für die Abfangdrohnen) innerhalb weniger Sekunden nach Detektion einer nicht-autorisierten Drohne einsatzbereit sein. Die Bundespolizei schätzt die Kosten laut Bundesregierung auf etwa 30 Millionen je Flughafen für ein stationäres System zur Drohnenabwehr. Eine mobile Drohnenabwehr wird mit ca. 13 Mio. Euro jährlich veranschlagt.

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So werden Drohnen schon vor dem Start geortet
Bei der Ortung von Drohnen unterstützen erprobte Systeme: Das kleinste passt in einen unscheinbaren Koffer und meldet Drohnen im Umkreis von zwei Kilometern.

Technische Entwicklungen schreiten voran, Gesetzgeber hinkt vielerorts hinterher

Drohnen sollen künftig weit stärker in unserem Alltag integriert werden, als das aktuell noch der Fall ist. Auf dem Weg dorthin sind aber noch zahlreiche rechtliche und technische Hürden zu meistern. Immerhin plant die Bundesregierung, mit der Einrichtung eines „U-Space“ den Drohnenverkehr besser in den bestehenden Luftraum zu integrieren. Laut dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fliegen in den sogenannten U-Spaces bemannte und unbemannte Luftfahrtzeuge sicher und koordiniert in einem gemeinsamen Luftraum. Diese Räume dienen der Sichtbarmachung von bemannten Luftfahrzeugen und Drohnen sowie der Umsetzung der erforderlichen Sicherheits- und Verkehrsmanagementmaßnahmen. Damit soll vor allem der kommerzielle Nutzen von Drohnen gefördert werden. Für viele Anwendungen setzt dies etwa den zügigen flächigen Ausbau des 5G Netzes voraus, damit Daten zur Steuerung der Drohnen und für die Bildübertragung überhaupt vernünftig möglich sind. Bislang handelt es sich um Einzellösungen im Rahmen von Projekten, wie der Feuerwehr in Braunschweig. Gleichzeitig müssen aber auch die Regeln für die Nutzung weiter angepasst und insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Umgang mit nicht-autorisierten Drohnen geschärft und angepasst werden.  Nicht nur für Behörden, auch die zivile Wirtschaft hat hier ein großes Interesse dran, sowohl als Nutzer von Abwehrsystemen als auch als Hersteller derselben, um solche Systeme rechtssicher anbieten und betreiben zu dürfen. Insofern muss beobachtet werden, inwieweit der rechtliche Rahmen rund um das Thema Drohnen in all seinen Aspekten mit neuen technischen Entwicklungen Schritt halten kann (HL).

Der Deutsche Drohnenmarkt (Stand 2020)

In Deutschland sind insgesamt weit über 400.000 Drohnen im Umlauf. Der mit 385.500 Drohnen größte Teil davon wird privat genutzt. Der Markt für private Drohnen scheint damit aber gesättigt zu sein, während die kommerzielle Nutzung von Drohnen immer stärkeren Zuspruch erfährt: Der Anteil kommerziell genutzter Drohnen stieg seit 2019 um 138 Prozent auf jetzt 45.200 Drohnen. Aktuell ist der deutsche Drohnenmarkt etwa 840 Millionen Euro groß. Dabei entfallen 738 Millionen Euro auf den kommerziellen und 102 Millionen Euro auf den privaten Drohnenmarkt. Es wird geschätzt, dass die Zahl der Drohnen in Deutschland sich bis 2025 auf rund 450.000 erhöhen wird. Während das Wachstum im Bereich der privaten Nutzung weiter abflachen wird, nimmt die Zahl der kommerziell genutzten Drohnen auf 132.000 zu. Zurzeit wird in Deutschland nur eine von neun Drohnen kommerziell betrieben, 2025 wird es bereits jede dritte Drohne sein. Der deutsche Drohnenmarkt wird bis 2025 von 840 Millionen Euro auf über 1,6 Milliarden Euro anwachsen, was einer jährlichen durchschnittlichen Wachstumsrate von 14,5 Prozent entspricht. Das Wachstum wird vor allem durch den kommerziellen Markt getrieben. In ganz Europa geht die EU-Kommission davon aus, könnte der Markt für Drohnendienste in Europa bis 2030 einen Wert von 14,5 Mrd. Euro erreichen, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 12,3 %, und 145 000 Arbeitsplätze in der EU schaffen.

Hendrick Lehmann, freier Mitarbeiter PROTECTOR

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