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Perimeter Protection 2018 8. Dezember 2017

Ein Tag im Knast

Anlässlich der bevorstehenden Perimeter Protection luden die Messe Nürnberg und der VfS Anfang Oktober zur Vorpressekonferenz in die Justizvollzugsanstalt Lenzburg in der Schweiz ein, mit anschließender Besichtigung des Gefängnisses, in dem etwa zehn Prozent Schwerstkriminelle einsitzen, die eine lebenslange Haftstrafe verbüßen.

Der Gefängnishof der JVA Lenzburg.
Der Gefängnishof der JVA Lenzburg.

Die JVA Lenzburg, etwa eine Autostunde von Zürich entfernt, befindet sich im ländlichen Kanton Aargau. Sie besteht aus einer Strafanstalt für den geschlossenen Vollzug sowie einem Zentralgefängnis für Untersuchungshaft.

Platz für 380 Gefangene bietet die Anstalt insgesamt. Damit ist sie das zweitgrößte Gefängnis der Schweiz, ein äußerst traditionsreiches Gefängnis dazu. In den Gängen hängen noch Plakate der Feierlichkeiten zum 150-jährigen Jubiläum der 1864 eröffneten Strafanstalt, es muss ein großes Event gewesen sein. Der Aargauer Justizdirektor hielt die Eröffnungsrede, es gab eine Sonderausstellung und das 352 Seiten dicke Buch „Damals in Lenzburg“ wurde vorgestellt.

Schon bei seiner Eröffnung vor 153 Jahren, galt Lenzburg als eines der modernsten Gefängnisse Europas, erzählt Marcel Ruf, der die JVA seit 2004 leitet und bereits mit seiner bloßen Anwesenheit Autorität ausstrahlt: Groß, schlank, aufrechter Gang, Anzug und Krawatte sitzen. Fester Händedruck, strenger Blick, wie man sich einen Gefängnisdirektor vorstellt. Dabei sei dieser Job nie sein Ziel gewesen, betont Marcel Ruf. Ursprünglich komme er aus der Privatwirtschaft. Zufällig habe er damals die Stellenausschreibung der JVA entdeckt, die einen „Sicherheitsverantwortlichen mit Führungserfahrung und technischen Fähigkeiten“ suchte. „Eigentlich konnte ich mir gar nicht vorstellen, jemals in einem Gefängnis zu arbeiten“, gesteht er. Aus „Jux und Neugier“ bewarb er sich dennoch auf die Stelle, und nach zwei Vorstellungssprächen packte ihn die Faszination für die vielfältigen Aufgaben der Gefängnisarbeit. „Man hat mit Menschen zu tun, mit den Gefangenen, wie den Mitarbeitenden, mit Bauen, mit Architektur, mit Technik“.

Ordnung, Regeln, Disziplin

Die Führung durch die JVA beginnt im Hochsicherheitstrakt. Auf dem Weg dorthin überquert man den großflächigen Gefängnishof mit viel Grünfläche, einer Tischtennisplatte und Betonbänken. Wie von der Schweiz gewohnt, ist es auch hier auffallend sauber. Kein Müll am Boden, keine ausgetretenen Zigarettenkippen auf dem Pflasterstein. Aber auch keine Häftlinge sind zu sehen. „Die sind jetzt alle in ihren Zellen“, sagt Marcel Ruf: „Mittagsruhe“. Die Gefangenen hätten zwar mehrmals am Tag die Gelegenheit, sich im Freien aufzuhalten, zum Arbeiten oder zur Freizeitbeschäftigung. Der Alltag spiele sich jedoch überwiegend in den Zellen ab, unter der Woche 15 Stunden, 18 an den Wochenenden. Der Knastablauf richte sich nach einem strengen Zeitplan, auf dessen Einhaltung viel Wert gelegt werde, betont Ruf. Wer morgens um 7:15 Uhr beispielsweise nicht alles erledigt, sein Bett gemacht und die Zelle aufgeräumt habe, der bleibe den ganzen Tag drin, 23 Stunden lang.

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Im Hochsicherheits-bereich landen diejenigen Gefangenen, die sich nicht nur weigern, Regeln zu befolgen, sondern die auch gewalttätig geworden sind, gegenüber dem Gefängnispersonal, gegenüber Mithäftlingen oder gegenüber beiden. Mindestens sechs Monate verbringen sie dann hier in Isolationshaft. Zwei Vollzugsbeamte haben über Monitore im Kontrollraum rund um die Uhr den Zellengang im Blick, und nicht nur diesen. Auch in jeder Eintrittszelle hängt eine Kamera. „Ohne Analysefunktionen oder ähnliches, in den Kameras steckt keine Intelligenz“, versichert Marcel Ruf, während er eine der mehrfach verriegelten Stahltüren öffnet. „Die Kameras dienen vor allem dem Schutz der Mitarbeiter, die sich einen ersten Eindruck vom Zustand des Gefangenen machen können, bevor sie eine Zelle betreten“.

Angebracht in der linken hinteren Ecke, erfasst eine dieser Kameras den gesamten Zellenraum. Es gibt ein Bett, einen Fernseher, eine offene Toilette. Die Armaturen des Waschbeckens sind vandalismussicher, ein Fenster, das sich nicht öffnen lässt, gewährt durch Panzerglas Ausblick auf die Gefängnismauer. Immer wieder schaltet sich summend die Lüftung ein, es riecht nach kaltem Rauch.

Elf Quadratmeter misst eine dieser Zellen, das bedeutet sehr wenig Platz. Machen könne man hier natürlich nicht viel, erklärt der Direktor, aber das sei schließlich auch der Sinn, die Gefangenen hätten Zeit und Ruhe, nachzudenken und zu sich zu kommen, und vielen würde die vorübergehende Trennung vom Knastalltag wirklich gut tun.

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