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Brandschutz 18. September 2023

E-Autos und der Brandschutz in Parkhäusern

Immer mehr E-Autos werden in Deutschland zugelassen. Wächst mit deren Zunahme auch die Gefahr? Und was bedeutet das für den Brandschutz in Tiefgaragen und Parkhäusern?

 Im Brandfall kann ein Feuer schnell von Fahrzeug zu Fahrzeug springen
 Im Brandfall kann ein Feuer schnell von Fahrzeug zu Fahrzeug springen

Der Absatz von E-Autos (Vollelektrisch und Hybrid-Fahrzeuge) nimmt weltweit zu.  Spitzenreiter ist China, gefolgt von Europa und den USA. Betrug der Anteil an Elektroautos 2020 am gesamten Automarkt gerade vier Prozent, sind es 2022 bereits 14 Prozent und für 2023 wird laut IEA-Prognose ein Anstieg auf 18 Prozent erwartet.

Auch in Deutschland sind E-Autos auf dem Vormarsch. Bis Juni 2023 sind laut ADAC etwa 31,7 Prozent mehr E-Autos zugelassen worden als im Vorjahreszeitraum und auch hybride Varianten legen zweistellig zu. Noch liegt allerdings der Anteil von E-Autos an allen Neuzulassungen bei nur gut 16 Prozent. Und im Bestand aller Autos in Deutschland ist der Anteil an E-Autos und Hybriden nach wie vor äußerst gering. Von den in Deutschland Ende 2022 zugelassenen 48,5 Mio. Fahrzeugen sind gerade mal 2,1 Prozent E-Autos und 4,8 Prozent Hybride (Plug-in und sonstige).

.Die enorme Hitze in Verbindung mit verbauten Kunststoffen lassen Fahrzeuge nicht selten vollständig ausbrennen.
.Die enorme Hitze in Verbindung mit verbauten Kunststoffen lassen Fahrzeuge nicht selten vollständig ausbrennen.

Trotz des aktuellen noch sehr niedrigen Gesamtanteils werden künftig immer mehr E-Autos auf den Straßen unterwegs sein. Eine Frage, die Experten immer wieder beschäftigt, ist die nach dem Brandschutz im Zusammenhang mit E-Autos und deren Brandverhalten, da überwiegend ein Lithium-Ionen-Akku die Energie bereitstellt. Die Beantwortung ist auch wichtig für die Betreiber von Parkhäusern und Tiefgaragen, da hier gegebenenfalls der bauliche und anlagentechnische Brandschutz betroffen sein könnte.

Neuer Entwurf der Muster-Garagenverordnung (M-GarVO)

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Die letzte Änderung der M-GarVO stammt aus dem Jahr 2008, sie basiert jedoch weitgehend auf der Fassung Anfang der 1990er Jahre. Seitdem hat sich nicht nur die Fahrzeugzahl in Deutschland deutlich erhöht, die Tendenz geht oft auch zu größeren, schwereren und leistungsstärkeren PKW. Diese Entwicklung führt auch zu einer Erhöhung der Brandlasten in Parkhäusern und Tiefgaragen. Seit September 2020 gibt es einen Entwurf der M-GarVO, der diesem Umstand Rechnung tragen soll. Eine der wesentlichen Änderungen steht in § 12 des Entwurfs (Kasten). Experten sehen hier einen Systemwechsel, weg von Rauch- hin zu Brandabschnitten. Demnach sind Brandwände gemäß § 30 Abs. 1 der Musterbauordnung (Brandwände müssen auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung feuerbeständig sein und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen) entsprechend der erlaubten Nutzflächen zu errichten. Die Abschlüsse für Öffnungen in Wänden sollen ebenfalls feuerbeständig ausgeführt sein, um neben einer Verrauchung vor allem eine Brandausbreitung zu verhindern.

In Parkhäusern stehen immer mehr größere Fahrzeuge, die eine erhöhte Brandlast aufgrund von Kunststoffanteilen haben. Diese haben in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. US-amerikanischen Untersuchungen zufolge hat sich der Kunststoffanteil zwischen 1976 und 2016 von 80kg auf 160 kg verdoppelt. Dies führt im Brandfall zu einer größeren Hitze- und Rauchentwicklung. Dem trägt auch die Forderung in der M-GarVO nach einem angepassten Rauch- und Wärmeabzug Rechnung. Geschlossene Großgaragen müssen unter anderem für den erforderlichen Rauch- und Wärmeabzug eines jeden Brandabschnittes Öffnungen ins Freie haben, die insgesamt mindestens 1000 cm² je Einstellplatz groß sind. Zudem müssen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, die sich bei Raucheinwirkung selbsttätig einschalten, mindestens für eine Stunde einer Temperatur von 300 °C standhalten. Präzisiert in der  M-GarVO sind ebenfalls Angaben zu Löschanlagen und Brandmeldeanlagen, entsprechend den neu definierten Brandabschnittsgrößen. Unabhängig vom Antrieb sind Brände unter Beteiligung von mehreren Fahrzeugen in Garagen für die Einsatzkräfte schwer zu kontrollieren. Zur Verhinderung solcher Großbrandereignisse muss eine Ausbreitung auf benachbarte Fahrzeuge durch frühzeitige Alarmierung und Branddetektion nach Möglichkeit verhindert werden.

Der Einsatz von Löschdecken wird von verschiedenen Feuerwehren in der Praxis erprobt.
Der Einsatz von Löschdecken wird von verschiedenen Feuerwehren in der Praxis erprobt.

Brandlast und das Verhalten von Lithium-Ionen-Akkus

Die größte Brandgefahr geht – wie häufig spektakuläre Einzelfallberichte in Medien aufzeigen sollen – vom Akku eines E-Autos aus. In diesem Zusammenhang taucht immer wieder der Begriff des „Thermal Runaway“ auf, also das „thermische Durchgehen“ der Zellen eines Batterieakkus. Dabei handelt es sich um eine temperaturbedingte und unaufhaltsame Kettenreaktion, die innerhalb weniger Millisekunden die im Akku gespeicherte Energie freigibt, da nach und nach alle Zellen eines Batteriepacks davon erfasst werden. Die Temperatur steigt dabei rasant auf mehrere hundert Grad Celsius, die Folge können Stichflammen oder auch eine Explosion sein.

Um einen solchen Brand erfolgreich zu löschen, ist es notwendig, dem Akku mittels Kühlung durch Löschwasser mehr Energie zu entziehen, als er freisetzten kann. Andernfalls kommt es immer wieder zu neuen Entzündungen innerhalb der Zellen einer Batterie. Je nach Akkugröße kann damit auch insgesamt eine höhere Brandlast einhergehen. Bei einem Tesla-S summiert sich diese für einen 100-kwh-Akku-Pack (ca.750 kg schwer) auf rund 360 Megajoule (MJ). Die Batterie selbst hat eine Brandlast von etwa 3.600 MJ, was dem zehnfachen der elektrochemischen Energie entspricht. Im Vergleich dazu hat ein Diesel mit 60 l Tankfüllung eine Brandlast von 2.400 MJ. „Allerdings gelten etwa für Nutzfahrzeuge wie E-Busse ganz andere Werte. Brennt ein solcher Bus in einem Busdepot mit den derzeitigen Abständen zwischen den Fahrzeugen, kann der betroffene Brandabschnitt des Depots als Totalverlust angesehen werden“, erläutert Dipl.-Ing. (FH) Peter Bachmeier, Leitender Branddirektor und Vorsitzender des Fachausschusses Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz der deutschen Feuerwehren.

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E-Autos und deren Brandgefahr

Mit steigender Zahl von E-Autos auf den Straßen sind diese auch häufiger in Parkhäusern und Tiefgaragen anzutreffen. Hinzu kommt der Ausbau der Ladeinfrastruktur für die Fahrzeuge. Im Unterschied zu Verbrennern und deren Brandbekämpfung gilt es bei E-Autos weitere Faktoren zu beachten. Sollte es bei einem Brand während eines Ladevorgangs kommen, sollte die Ladeinfrastruktur spannungsfrei geschalten werden. Ist die Fahrzeugbatterie vom Brand betroffen, muss diese nach dem Löschen zusätzlich gekühlt werden, um Rückzündungen zu vermeiden. Hierfür müssen entsprechend Zeit, Mittel und Kapazitäten eingeplant werden. Als Löschmittel kommt hier vor allem Wasser in Frage, im Gegensatz zu Bränden bei Verbrennern, wo Schaum das erste Mittel der Wahl ist. Von diesen Faktoren abgesehen, unterscheidet sich der Brandrisiko eines E-Autos aber nicht im Gegensatz zur landläufigen Meinung von dem eines Verbrenners (Tabelle). Auch die Brandeintrittswahrscheinlichkeit liegt bei einem E-Auto nur aufgrund seines Antriebs nicht höher als bei einem Verbrenner.

Daten des nordamerikanischen Versicherungsdienstleisters „AutoinsuranceEZ“ zeigen für 2022, dass von 100.000 verkauften Fahrzeugen, statistisch gerade mal 25 gebrannt haben, im Vergleich zu 3.474 Hybridautos und 1.530 Verbrennern. Auch eine schwedische Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Von 2018 bis 2022 kam es nach Behördenangaben zu insgesamt 81 Elektroauto-Bränden in Schweden. Für 2022 allein bedeutet dies mit 23 Autos einen Anteil von 0,004 Prozent aller E-Fahrzeuge. Bei Verbrennern liegt die Quote bei 0,076. Bei den Statistiken ist allerdings zu berücksichtigen, dass die E-Autos in der Regel deutlich jünger sind, als die Masse der Verbrenner auf den Straßen. Eine echte Vergleichbarkeit wäre also nur unter Autos verschiedener Antriebsarten gleichen Alters gegeben. Dennoch bleibt unter dem Strich, dass E-Autos kein größeres Brandrisiko darstellen als Verbrenner.

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Architekten, Feuerwehren und Abschleppunternehmen müssen sich umstellen

Fakt ist, dass die Brandbekämpfung von E-Autos sich nicht komplexer gestaltet als bei herkömmlich angetriebenen Fahrzeugen. Somit gibt es auch keinen Grund, warum E-Autos nicht in (Tief-)Garagen abgestellt werden dürften, sofern diese geltende baurechtlichen Vorschriften genügt. Die höhere Brandlast insgesamt ist dem ansteigenden Kunststoffanteil zuzurechnen, während der Akku zwar punktuell eine größere Brandlast darstellt, aber die Gesamtbrandlast dadurch nur unwesentlich steigt. „Und die eigentliche Herausforderung beginnt erst nach dem Löschen, wenn ein E-Auto weiterhin gekühlt und abtransportiert werden muss“, so Bachmeier.

Die Bergung und Entsorgung nach Beendigung der Gefahrenabwehr ist allerdings keine primäre Aufgabe der Feuerwehr, sondern obliegt den Abschleppunternehmen und Entsorgern. Und dies bringt  in der Praxis nach wie vor Herausforderungen mit sich, für welche Lösungen zu erarbeiten sind. Hier sind in erster Linie die Hersteller und Verbände zusammen mit den Entsorgern gefragt. Abschleppunternehmen brauchen geeignete Transportmittel, um nicht vollständig ausgekühlte E-Autos transportieren zu können und auch eine entsprechend geeignete Standfläche auf dem Geländes des Unternehmens. Auch müssen Mitarbeiter entsprechend qualifiziert sein, etwa als Fachkraft im Bereich der Hochvoltsysteme. Feuerwehren stehen vor allem vor der Frage, wie Brände schnell an Orten einzudämmen sind, wo es keine ausreichende Versorgung mit Löschwasser gibt.

Auch hier folgt beispielsweise die M-GarVO einer Forderung der Feuerwehr nach trockenen Steigleitungen die bei der Brandbekämpfung in unterirdischen und sehr hohen Garagen das Löschwasser schnell und an den notwendigen Treppenräumen zur Verfügung stellen können. Brennt ein E-Auto an Orten ohne unmittelbaren Zugang zu Hydranten, muss die Feuerwehr sich künftig darauf einstellen, mehr Löschwasser mit sich zu führen. Da können schon mal bis zu 11.000 Liter für eine Brandbekämpfung inklusive Kühlung benötigt werden, wie verschiedene Beispiele belegen. Auch Löschdecken oder Vakuum-Container, wie die Schweizer Feuerwehr erprobt, könnten eine Lösung für die Kühlproblematik und einen „Thermal Runaway“ sein.

Die Elektrifizierung des Straßenverkehrs schreitet kontinuierlich voran. Neben dem Ausbau der notwendigen (Lade-)Infrastruktur gilt es auch, die Themen rund um die Sicherheit des Betriebs von E-Autos zu adressieren. Je mehr E-Autos unterwegs sind, desto höher die statistische Wahrscheinlichkeit von Unfällen und Bränden. Hierauf müssen sich alle Beteiligten, die mit Brandbekämpfung und Bergung zu tun haben, einstellen, um im Ernstfall gewappnet zu sein (HL).

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