Direkt zum Inhalt
IT-Sicherheit 7. November 2022

Modernes Parkraummanagement für Ostseebad Eckernförde

Bürger und Touristen im Ostseebad Eckernförde profitieren vom IoT-Projekt Dparkingpartner, das hocheffizientes Parkraummanagement ermöglicht.

Bürger und Touristen im Ostseebad Eckernförde profitieren vom IoT-Projekt Dparkingpartner, das hocheffizientes Parkraummanagement ermöglicht.
Bürger und Touristen im Ostseebad Eckernförde profitieren vom IoT-Projekt Dparkingpartner, das hocheffizientes Parkraummanagement ermöglicht.

Das Ostseebad Eckernförde optimiert im Rahmen eines Pilotprojekts mit Internet-of-Things-(IoT)-Technologie den öffentlichen Parkraum und touristische Verkehrsflüsse. Impulsgeber für die neue, digitale Parkraumlösung war Dataport, ein großer norddeutscher IT-Dienstleister für die öffentliche Verwaltung. In Sachen IoT-Plattform wurde er vom Beratungsunternehmen IT-Novum aus Fulda unterstützt. Ein wichtiger Meilenstein des Parkraumprojekts Dparkingpartner ist seit Dezember 2021 erreicht: Die gleichnamige Smartphone-App leitet die Eckernförder Autofahrer und die Touristen, die das Ostseebad besuchen, zuverlässig auf freie Parkplätze.

Parkplätze als knappe Ressource

Parkplätze sind in vielen Kommunen eine knappe Ressource. In Eckernförde ist das nicht anders. Zusätzlich erschwert die Position als beliebtes Strandbad die Situation: Der touristische Verkehr ist im Sommer so stark, dass sich (vermeidbare) Staus bilden – durch die ineffiziente Parkplatzsuche. Besonders neuralgische Punkt sind die Kreuzung, an der sich die B76 aus Kiel und die B203 aus Rendsburg treffen und auch die Einfahrt zur Preußerstraße an der B76, die die Zufahrt zu den Parkplätzen am Strand darstellt. Gelegentlich mussten hier die Verantwortlichen nach der Devise „mit Schranken gegen den Sommerstau“ handeln, um den touristischen und parkplatzsuchenden Verkehr überhaupt noch beherrschen zu können. Im Frühling 2021 trat Dataport darum mit seiner Idee für eine Parkraummanagement-Lösung auf IoT-Basis an die Stadtverwaltung heran.

Dataport ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AÖR), gegründet mit dem Ziel, die Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben. Der Trägerverbund von Dataport besteht aus den Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Sachsen- Anhalt sowie den Steuerverwaltungen von Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Die beiden größten der vielen norddeutschen Dataport-Standorte befinden sich in Altenholz bei Kiel und in Hamburg. 2020 erwirtschafteten rund 4.000 Mitarbeiter Umsätze von 900 Mio. EUR.

Die IoT-Plattform für das kommunale Parkraummanagement

Anzeige

„Dataport hatte schon 2019 begonnen, eine IoT-Plattform zu schaffen, zusammen mit IT-Novum“, erklärt Sebastian Lieschke, bei Dataport Projektleiter für die IoT-Plattform. „Seitdem haben wir die Architektur verfeinert und Use Cases konkretisiert.“ Eines dieser Anwendungsszenarien ist die Verkehrs- beziehungsweise Parkraumüberwachung. So wurde die IoT-Plattform auch für eine Stadt wie Eckernförde relevant. Im Frühling 2021 ergab eine detailliertere Bedarfsumfrage in Sachen Parkraummanagement in Eckernförde, dass die Kommune neben der Erfassung der Parkplatzbelegung inklusive Smartphone-App mit Verfügbarkeitsinformationen auch noch andere Komponenten benötigen würde. Erforderlich waren zudem ein Dashboard zur verwaltungsinternen Entscheidungsfindung, Analyse und Planung sowie LED-Anzeigetafeln, die die Verkehrsteilnehmer während ihrer Fahrt über offene Parkmöglichkeiten informieren sollten.

Nachdem das Projekt zum innerstädtischen Parkraummanagement den Ausschuss für Wirtschaft und Finanzwesen der Stadt passiert hatte, gab die Eckernförder Ratsversammlung am 17. Juni 2021 grünes Licht für die Beteiligung am Pilotprojekt. Ein wichtiger Aspekt war dabei die Erfassung der Belegung der mehreren hundert strandnahen Parkplätze auf dem Exer und der Preußerstraße. Die verschiedenen Ansätze wurden auf ihre technische Realisierbarkeit, Wirtschaftlichkeit und in Sachen Datenqualität geprüft. Letztlich fiel die Entscheidung, jeden einzelnen Stellplatz mit einem Sensor zu versehen. Die Vorteile der Sensorausstattung gegenüber anderen Erfassungsmethoden liegen in der höheren Genauigkeit bei der Auslastungsbestimmung sowie der konkreten Identifizierung beispielsweise von E-Ladesäulen und barrierefreien Parkplätzen. Ein weiterer Vorzug: Die Sensoren lassen sich – anders als Zählschleifen – ohne Erdbauarbeiten und ohne eigene Stromversorgung installieren.

Ein Sensor für jeden Stellplatz

Die meisten der inzwischen mehr als 450 installierten Sensoren – ihre Zahl soll noch auf 500 steigen – stammen von den Herstellern Bosch und Libelium. Beide Modelle arbeiten nach dem Prinzip eines Schwingkreises mit Spule und Kondensator. Das heißt, sie messen die Metallmasse, die sich über ihnen befindet. Und sie sind widerstandsfähig genug, um direkt auf dem Beton beziheungsweise Asphalt befestigt zu werden – sei es durch Aufkleben oder Verschrauben.

„Die Karbonkarosserie eines BMW I3 machte uns bei der Erfassung anfangs Probleme“, berichtet Amir Al-Anesi, der bei Dataport für das Parkplatzprojekt verantwortlich ist, „aber wir konnten die Sensoren entsprechend konfigurieren. Im Prinzip eichen sich die Sensoren selbst.“ In einem weiteren Projektschritt sollen später auch Fahrzeug-Zählschleifen kontinuierlich Daten an das System liefern.

Open Source für Smart City-Projekte

Was die IoT-Plattform für die Sammlung und Verarbeitung der Verkehrsdaten anging, hatte sich Dataport schon 2019 die Unterstützung von IT-Novum gesichert. IT-Novum zählt zu den führenden deutschen Beratungshäusern für den Einsatz flexibler Open Source-Lösungen in Business-Kontexten. „Die Spezialisten von IT-Novum gehören bei uns jetzt schon fast zum Inventar“, sagt Sebastian Lieschke. „Wir haben ein sehr kooperatives Verhältnis.“ Das Know-how des Fuldaer Dienstleisters war bei Entwicklung und Weiterentwicklung der IoT- Plattform von Dataport unentbehrlich: „Wir haben beispielsweise beim Einsatz der Software ThingsBoard massiv vom Wissen von IT-Novum profitiert, und nicht nur dort.“

Thingsboard ist eine Open Source-Lösung, die die unmittelbare Visualisierung von Sensor-, Streaming- und echtzeitnahen Daten gestattet. Sie ist heute ein wichtiger Bestandteil der IoT-Plattform. Auch bei anderen offenen Technologien, die für die Lösung genutzt wurden (zum Beispiel die Event- Streaming-Plattform Kafka oder Cassandra, das No-SQL-Datenbankmanagementsystem für Big Data-Szenarien) kommt das Know-how der Spezialisten von IT-Novum zum Tragen. „Offene Standards, Technologien und Lösungen entwickeln sich aktuell zu Defacto-Standards für IoT- und Smart City-Szenarios. Wir haben daher bewusst in der Anwendungsarchitektur auf eine zukunftsfähige und leistungsstarke Kombination aus Open Source-Technologie gesetzt“, sagt Alexander Keidel, der Projektleiter bei IT-Novum. „Auch in diesem Projekt in Eckernförde hat sich der Open Source-Ansatz aus meiner Sicht bewährt, um komplexe Anforderungen abzudecken zu können.“

IoT-Plattform mit Cloud-Architektur

Die Datenquellen wie etwa Parkplatzsensoren und Zählschleifen sind über ein API-Gateway, das über entsprechende Sicherheitsfeatures verfügt, an die Plattform angebunden. Zunächst reichert ein Data Processing die Daten an und bereitet sie auf. Das ist essenziell, weil all die verschiedenen Datenquellen und Sensoren ihre Echtzeitinformationen in unterschiedlichen Formaten liefern. Das Data Processing leitet die aufbereiteten Daten an eine Message Queue weiter. Diese Message Queue namens Rabbit MQ, die für Echtzeitfähigkeit sorgt, sammelt alle Daten und vervielfältigt sie für die nachgelagerten Systeme. Sie stellt sie ihnen allerdings so zur Verfügung, dass sie sich die Daten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit von der Message Queue abholen können und nicht unnötig und proaktiv belastet werden.

Hinter der Message Queue gibt es eine weitere Komponente für Data Processing und Entity Management – die Open Source-Plattform Thingsboard. Thingsboard stellt die aufbereiteten IoT-Daten in einem Software-Dashboard zur Verfügung, sodass die Nutzer in der Stadtverwaltung auf eine Echtzeitanalyse der Parkplatz- beziehungsweise Verkehrsdaten zugreifen

können. Die Eckernförder Verwaltung erfährt so unter anderem, welche Stellplätze belegt sind, welche barrierefreien Parkplätze für Behinderte noch verfügbar sind, welche E-Ladeplätze genutzt werden und welche Hotspots es aktuell gibt. Später soll die Stadt durch eine weitere Analysekomponente in der IoT-Plattform auch langfristigere Trends identifizieren und strategische Planungen in Sachen Parkplatzmanagement vornehmen können.

Smartphone-App für Verkehrsteilnehmer

Die Endnutzer – die Autofahrer und Autofahrerinnen in Eckernförde – können die Smartphone- App namens Dparkingpartner bereits kostenlos herunterladen. Sie sehen damit sofort, wo es freie Stellplätze gibt. Demnächst wird für Bürger, die die App nicht nutzen wollen, auch ein Online-Dashboard mit den Parkrauminformationen im Bereich des Eckernförder Strands verfügbar sein.

Neben der App und den beiden Dashboards soll es bald noch einen dritten Kanal geben: große LED-Anzeigetafeln zeigen den Verkehrsteilnehmern Parkplatzinformationen nahezu in Echtzeit an. Die Standorte für die zunächst zwei Tafeln sind strategisch gewählt. Ein Display wird an der B76 aus Richtung Kiel stehen (Berliner Straße vor Einfahrt Preußerstraße), das andere an der B203 (Rendsburger Straße vor Lornsenplatz). Verkehrsteilnehmer erfahren so bereits auf den Bundesstraßen, welche Strandparkplätze sie noch ansteuern können. „Diese Tafeln werden wir vermutlich im Frühjahr 2022 installieren, rechtzeitig vor der Sommersaison“, berichtet Amir Al-Anesi. Die Datenanbindung an die IoT-Plattform sei bereits in Arbeit.

Sein Kollege Sebastian Lieschke ergänzt: „Bisher haben wir uns sehr stark um den Eingangskanal gekümmert – jetzt kommt es darauf an, die erforderlichen Akteure mit den Echtzeitdaten zu versorgen, also die IoT-Daten wieder zu nutzen und auszuspielen. Die Experten von IT-Novum helfen uns jetzt dabei, unseren Rohdiamanten zu schleifen.“

Parkraummanagement für unterschiedlichste Kommunen

Der übergreifende Plan von Dataport ist es, ihre IoT-Plattform weitestgehend zu standardisieren, basierend auf den Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Eckernförde. „Zumindest für die Visualisierung der Parkraumdaten wird es dann eine nahezu universelle Lösung geben, die verschiedenste Kommunen nutzen können“, sagt Amir Al-Anesi. Sebastian Lieschke fügt an: „Was aber wohl unterschiedlich bleiben wird, ist die Art der Datenquellen, die anzubinden sind. Da wird unsere IoT-Plattform mehr den Charakter eines modularen Baukastens behalten.“ Neben den Sensordaten von individuell ausgerüsteten Stellplätzen sind beispielsweise auch Dauerzählschleifen, optische Sensoren oder Umweltdaten als Datenquellen denkbar.

Auch beim Pilotprojekt in Eckernförde steht die Anbindung weiterer Parkplätze auf der Agenda für das Jahr 2022. Gegebenenfalls könnte deren Erfassung auch mit Zählschleifen realisiert werden. „Unser klares Ziel ist, Dparkingpartner so weit zu entwickeln, dass es nach dem Pilotprojekt auch anderen Kommunen für ihr innerstädtisches Parkraummanagement zur Verfügung steht“, erklärt Amir Al-Anesi. „Nicht zuletzt für kleinere Kommunen wollen wir die Eintrittshürde für solch eine leistungsfähige IoT-Plattform senken.“

Das Pilotprojekt im Ostseebad Eckernförde demonstriert, welche Mehrwerte ein IoT-basiertes Parkraummanagement hat. Von der verbesserten Verkehrslenkung profitieren die Stadtverwaltung, die Verkehrsteilnehmer und am meisten die Bürgerinnen und Bürger – touristische Besucher eingeschlossen. Das zeigt, dass innovative, Open Source-basierte Technologien eine ressourcenschonende Grundlage für eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität in städtischen Räumen darstellen.

Alexander Keidel, Senior Consultant IoT, IT-Novum GmbH.

Passend zu diesem Artikel