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Sicherheitsmanagement-Studiengänge professionalisieren

Um die auf die Herausforderungen in unserer Gesellschaft reagieren zu können, braucht es eine Professionalisierung der Sicherheitswirtschaft durch Sicherheitsmanagementstudiengänge.

Eine Vernetzung der professionalisierten Sicherheitsmanagementstudiengänge ist wünschenswert. 
Eine Vernetzung der professionalisierten Sicherheitsmanagementstudiengänge ist wünschenswert. 

Die Herausforderungen auf dem Gebiet der Sicherheit sind in den letzten Jahren immer vielfältiger und komplexer geworden – Sicherheitsmanagementstudiengänge müssen daher professionalisiert werden: Terrorismus, Naturkatastrophen, Cyberattacken, Pandemien, Wirtschaftsschutz, Schutz von Kritischen Infrastrukturen, Spionage, Sabotage und - nicht zu vergessen - die Phänomene der Alltagskriminalität.

Der Umgang mit diesen Risiken erfordert ein professionelles Sicherheitsmanagement beim Staat, in der Wirtschaft und in den Kommunen mit entsprechend ausgebildeten Sicherheitsfachkräften. „Sicherheit“ ist ein eigenständiges Berufsbild geworden. Das zeigt eindrucksvoll der „Studienführer Sicherheit“, der erstmals im Jahr 2014 vom Forschungsforum Öffentliche Sicherheit an der Freien Universität Berlin herausgegeben wurde. Wurden 2013 noch 82 Studiengänge aufgelistet, so sind das in der Version 3.0 aus dem Jahr 2022 insgesamt 152 Studiengänge, davon sind 55 Bachelor und 96 Masterstudiengänge. Der Studienführer zeigt die große Dynamik im Berufsfeld „Sicherheit“. Er zeigt die Professionalisierung der Branche, die notwendig ist, um die auf die vielfältigen Herausforderungen in einer „Risikogesellschaft“ adäquat zu reagieren. Studiengänge auf dem Gebiet des Sicherheitsmanagements gibt es heute unter anderem an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Bremen, an der Northern Business School in Hamburg und an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin (HWR).

Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin

Die führende Hochschule auf dem Gebiet des Sicherheitsmanagements ist die HWR. Um die Jahrtausendwende regte der damalige Berliner Innensenator Dr. Ehrhard Körting (SPD) an, eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe einzurichten, um die Entwicklung eines Studiengangs Sicherheitsmanagement voranzutreiben. Körting erkannte, dass die Bedeutung privater Sicherheitsdienstleister in Zukunft zunehmen würde, da sich die Schere zwischen den Sicherheitsbedürfnissen der Gesellschaft und den Handlungsmöglichkeiten des Staates weiter öffnen wird. Wichtig sei deshalb die Qualifizierung privater Sicherheitsdienstleister. Das Qualifikations- und Kompetenzprofil der privaten Sicherheitskräfte sei ein wichtiger Faktor für die Qualität der Inneren Sicherheit.

Zum Wintersemester 2005/2006 startete der Sicherheitsmanagement-Bachelor-Studiengang am Fachbereich 5 „Polizei und Sicherheitsmanagement“. Dieser Fachbereich ist bundesweit einzigartig. Er bildet 1.500 Studierende für den gehobenen Dienst bei der Berliner Polizei und rund 350 angehende Sicherheitsmanager in drei Studiengängen für die Sicherheitswirtschaft aus. Rund 140 Studierende sind im Bachelorstudiengang Sicherheitsmanagement, über 120 Studierende sind im Masterstudiengang International Security Management. Die Unterrichtssprache ist Englisch. Dieses Portfolio wird durch den berufsbegleitenden Master-Studiengang „Sicherheitsmanagement“ der Berlin Professional School an der HWR mit 89 Studierenden vervollständigt. Über 40 Professoren und Lehrbeauftragte lehren und forschen hier im Bereich der Sicherheit. Das Profil der HWR wird abgerundet durch das Forschungsinstitut für Öffentliche und Private Sicherheit (FÖPS Berlin). Es bündelt seit 2013 die sicherheitsbezogenen Forschungsaktivitäten der HWR. Dem FÖPS gehören 40 Hochschullehrer aus einer Vielzahl von Wissenschaftsdisziplinen an, hinzu kommen fast 20 wissenschaftliche Mitarbeitenden. 

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Anforderungen an künftige Sicherheitsmanager

Oberstes Ziel ist die Vermittlung und Herausbildung der notwendigen beruflichen Handlungskompetenzen, die sowohl wissenschaftlichen Ansprüchen als auch den praktischen Anforderungen des Berufsfeldes Sicherheit gerecht wird. In allen Sicherheitsmanagement-Studiengängen an der HWR werden die ökonomischen Grundlagen von Sicherheitsgewährleistung sowie der strategisch-systematische Umgang mit Risiken und Krisen gelehrt. Dazu gehören Risikomanagement und Business Continuity Management. Hinzu kommen relevante safety- und security-Aspekte der Unternehmenssicherheit, wie Informationsschutz, Security Awareness und Krisenkommunikation. Wichtig ist auch die Analyse der rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen. Wie entwickelt sich der Sicherheitsmarkt und welche neuen Marktchancen ergeben sich daraus? Der Arbeitsschutz wird im Studium häufig vernachlässigt. Die Vermeidung von Arbeitsunfällen ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung für die Unternehmen, sondern in Zeiten des Arbeitskräftemangels besonders wichtig, um Fehlzeiten und damit Kosten zu vermeiden. Die zahlreichen Schulungsmaterialien der Gesetzlichen Unfallversicherung geben dazu wertvolle Hinweise. Durch deren Anwendung lässt sich auch die Qualität der Dienstleistung Sicherheit verbessern. Die Grundzüge der Sicherheitsanalyse und der Sicherheitstechnik gehören ebenfalls in das Curriculum des Sicherheitsmanagementstudiums. Integrierte Sicherheitslösungen werden immer wichtiger.

An Sicherheitsmanager werden immer höhere Anforderungen gestellt. Interdisziplinäre Kriminalwissenschaften gehören dabei zu den „Future Skills“.
Interdisziplinäre Kriminalwissenschaften als Future Skills für Sicherheitsmanager
An Sicherheitsmanager werden immer höhere Anforderungen gestellt. Interdisziplinäre Kriminalwissenschaften gehören dabei zu den „Future Skills“.

Make or Buy

Bei der Anwendung der Risiko-/Krisenforschung auf die betriebliche Organisation von Sicherheit sind die ökonomischen Implikationen zu beachten. Das beinhaltet auch die Entscheidung über „make or buy“: Wahrnehmung der Sicherheitsaufgaben mit eigenen Inhouse-Kräften oder Fremdvergabe (Outsourcing) an Sicherheitsdienstleister. Die Vergabe hat zwei Seiten: Angebotserstellung und Auftragsvergabe. Dazu gehört die Kenntnis der spezifischen Kostenfaktoren, die in ein Angebot einfließen. Das sind vor allem die tarifvertraglichen oder gesetzlich vorgegebenen Lohnkostenbestandteile, die je nach Dienstleistung bis zu 90 Prozent des Preises ausmachen. Deshalb müssen die Grundzüge der einschlägigen Tarifverträge für das Sicherheitsgewerbe genauso bekannt sein wir die sonstigen Kostenfaktoren. Mit der Erarbeitung des „Bestbieterkonzeptes“ sind transparente und nachprüfbare Kriterien für die Auftragsvergabe entwickelt worden. Sie ermöglichen eine Gewichtung von Qualität und Preis. Einschlägige Normen und Standards erleichtern die Auftragsvergabe.

Vernetzung der professionalisierten Sicherheitsmanagementstudiengänge wünschenswert

Die staatlichen und privaten Hochschulen, die Studiengänge „Sicherheitsmanagement“ anbieten, leisten einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung der Sicherheitsbranche und damit auch zur Inneren Sicherheit in Deutschland. Eine stärkere Vernetzung der Hochschulen mit ihren ehemaligen Absolventen ist anzustreben. Aber auch die Zusammenarbeit der Hochschulen untereinander ist ausbaufähig. Ein guter Ansatz bietet das Netzwerk Conris, dem 14 Hochschulen in 11 Ländern angehören. Ziel muss es sein, die Studiengänge im Bereich des Risiko-, Security- und Safety-Managements breiter bekannt zu machen und im Hinblick auf die Herausforderungen der Zukunft permanent weiterzuentwickeln.

Prof. Dr. Harald Olschok, Honorarprofessor für das Gebiet Sicherheitswirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin

 

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