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Videosicherheit 8. Februar 2024

Videoüberwachung der Zukunft: Intelligent, multispektral und vernetzt

Wie sieht die Videoüberwachung der Zukunft aus? Welche Trends werden die nächsten Jahre prägen?

Ein Blick in die Zukunft: Die Rolle der KI wird in allen Bereichen der Videoanalyse stark zunehmen. Lösungen werden intelligent und vernetzt sein. 
Ein Blick in die Zukunft: Die Rolle der KI wird in allen Bereichen der Videoanalyse stark zunehmen. Lösungen werden intelligent und vernetzt sein. 

In den letzten zehn Jahren haben sich Videoüberwachungssysteme von einfachen Video- und Anzeigesystemen zu intelligenten (teil-)autonomen digitalen Systemen entwickelt, die in der Lage sind, komplexe Aufgaben auszuführen. Heutige Videoüberwachungssysteme integrieren verschiedene Arten von Medien (Ton, Bild, Video) unter einem Dach und nutzen Bild- und Videoanalysealgorithmen wie Klassifikation (etwa neuronale Netzwerke oder stochastische Modelle), Mustererkennung, Entscheidungsfindung und Bildverbesserung. Gängige digitale Überwachungssysteme bestehen somit allgemein aus bildgebenden Geräten, Datenverarbeitungs- und Analysemodulen sowie Speichereinheiten, die alle für den Arbeitsablauf des Systems entscheidend sind. Die Entwicklungen in der Videoüberwachung haben dabei zu Spezialisierungen je nach Anwenderfall und Marktsegment geführt. Es gibt verschiedene Systeme, die speziell auf bestimmte Anforderungen zugeschnitten sind, etwa für den Perimeterschutz, die Indoor- und Outdoorüberwachung, den öffentlichen Raum oder auch den Brandschutz.

Klassifizierung der Systeme

Videoüberwachungssysteme lassen sich basierend auf der Art der aufgenommenen Bilddaten einteilen, was zu Kategorien wie „Ein-Kamera-Systeme", „Mehr-Kamera-Systeme", „Festkamera-Systeme", „Bewegliche Kamera-Systeme" und „Hybridkamera-Systeme" führt. Eine andere Einteilung kann anhand der Anwendungen vorgenommen werden, wie Objektverfolgung, Objekterkennung, ID-Wiedererkennung, benutzerdefinierte Ereignismeldungen oder Verhaltensanalyse. Die Art der genutzten Systemarchitektur, in der das Videoüberwachungssystem arbeitet, ist ein weiteres Kriterium. Dazu zählen beispielsweise gerätebasierte, auf Servern laufende, in Kameras integrierte, cloudfähige und hybride Systeme. Waren früher Überwachungssysteme die meiste Zeit passiv (rein bildgebend und zumeist auf einen Punkt fixiert) eingeschränkt in ihrem Anwendungsbereich, sind heutige Systeme in der Lage, eine Vielzahl an Aufgaben „aktiv“ zu übernehmen.

Wie wird sich Videoüberwachungstechnik weiterentwickeln?

Es ist davon auszugehen, dass die aktuellen Trends und Entwicklungen in der Videoüberwachungstechnik in den kommenden Jahren ausgebaut und flächendeckender zum Einsatz kommen als bisher. Eines der großen Themen betrifft alles rund um die Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI). Sie kommt in der Analyse der Daten entweder in speziellen Anwendungen in der Cloud und eigenen Rechnern oder in den Geräten selbst zur Anwendung, um Bandbreite zu sparen (Edge-Computing). Astute Analytica sieht etwa im Markt für KI und Edge-Computing-Lösungen einen Markt von rund acht Mrd. US-$ im Jahr 2027. 2021 betrug das Volumen dagegen nur etwa 1,4 Mrd. US-$ – hier sehen Experten und Analysten also ein sehr großes Wachstumspotenzial.

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Es ist davon auszugehen, dass künftig die Verarbeitung der Videoanalysedaten wie bei der Verhaltens- oder Bewegungserkennung mehr und mehr in Videokameras und anderen bildgebenden Systemen selbst stattfindet. Spezielle Hardware dient dazu, die Analyseanwendungen weiter zu optimieren. Dies kann etwa mittels MLPU (Machine Learning Processing Unit) umgesetzt werden, die stromsparend spezifische klassische Algorithmen für maschinelles Lernen beschleunigen und die sich besonders für die Objekterkennung in Echtzeit mit nur wenigen gleichzeitigen Objekttypen eignen. Eine DLPU (Deep Learning Processing Unit) erlaubt die stromeffiziente Verarbeitung von Deep Learning-Algorithmen, etwa zur gezielteren Objektklassifizierung.

Cloud, KI und Analyse

AI-Rechenoperationen lassen sich damit offline unabhängig von einer Cloud-Anbindung oder eines externen Servers durchführen. Dies spart nicht nur Bandbreite von den Geräten im Netzwerk, sondern kann auch Reaktionszeiten beschleunigen. Die gesteigerte Präzision der Edge Analytics und die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Objektklassen wie Menschen oder Fahrzeugen zu unterscheiden, können ferner helfen, Fehlalarme zu verringern. Dies resultiert in geringerem Zeitaufwand und weniger Ressourcen, die für die Überprüfung dieser falschen Alarme benötigt werden. Edge Analytics ermöglicht daher eine effizientere und zeitnahe proaktive Reaktion.

Mit VSaaS können Unternehmen je nach Bedarf problemlos Kameras und Speicher hinzufügen und entfernen. Dies ist besonders wichtig für Organisationen mit schwankenden oder wachsenden Sicherheitsanforderungen.
Mit VSaaS können Unternehmen je nach Bedarf problemlos Kameras und Speicher hinzufügen und entfernen. Dies ist besonders wichtig für Organisationen mit schwankenden oder wachsenden Sicherheitsanforderungen.

Die Rolle der KI wird in allen Bereichen der Videoanalyse stark zunehmen. Eine wichtige Entwicklung in diesem Bereich ist die multimodale KI, die sich aus mehreren Datenquellen speist. Diese KI geht über das Verstehen natürlicher Sprache hinaus, um Bewegungen und Verhaltensmuster zu analysieren und Inspektionen und Visualisierungen durchzuführen. Ein solches „Verstehen“ könnte für eine KI nützlich sein, die nahtlos mit Menschen interagiert, wie etwa bei Einkaufsassistenten im Einzelhandel. Höher entwickelte Bildverarbeitungsalgorithmen können nun Objekte anhand detaillierterer Merkmale klassifizieren. Anstatt nur ein Auto zu erkennen, lässt sich dann auch automatisch Marke und das Modell bestimmen.

Die Modelle, die notwendig sind, um KIs dahingehend zu trainieren werden dann wahrscheinlich von anderen KIs entwickelt. Neuronale Netze erschaffen dann andere Netze, zu Trainings- oder Anwenderzwecken. Vor allem dürfte KI zur Erfassung und Analyse großer Datenmengen (Big Data) herangezogen werden, um Datenbanken, die wiederum als Grundlage für maschinelles Lernen dienen, zu optimieren und zu strukturieren. Optimierte Datenbanken erlauben es, KIs immer schneller zu trainieren, was für den Nutzer von KI-Analysen den großen Vorteil hat, dass er seine Anwendungen schneller bei Bedarf auf neue Situationen adaptieren kann – etwa im Einzelhandel oder beim Objektschutz.

VSaaS – Video als Dienstleistung

Laut einem neuen Bericht von Grand View Research wird der weltweite Markt für Videoüberwachungslösungen „as-a-service“ (VSaaS) bis 2030 voraussichtlich 13,38 Milliarden US-Dollar erreichen. VSaaS ist mittlerweile wegen der zahlreichen Vorteile in vielen Branchen zunehmend verbreitet. Der Markt erfreut sich zunehmender Beliebtheit, da keine kostspieligen Anfangsinvestitionen in Hardware und Software erforderlich sind. Lokal sind nur Videoüberwachungskameras notwendig, alle anderen Funktionen und Leistungen wie Speicherplatz für Videoaufzeichnungen, Rechenleistung für Videoanalysen, Fernbetrachtungsanwendungen sowie Verwaltungs- und Sicherheitsfunktionen bietet der Dienst über eine Cloud an. Dies macht VSaaS zu einer kostengünstigen Lösung für Unternehmen, insbesondere für KMU, die Hilfe bei der Einrichtung und Verwaltung eines Videoüberwachungssystems vor Ort benötigen.

Mit VSaaS können Unternehmen je nach Bedarf problemlos Kameras und Speicher hinzufügen und entfernen. Dies ist besonders wichtig für Organisationen mit schwankenden oder wachsenden Sicherheitsanforderungen. Nutzer können per Web- oder Mobilanwendung aus der Ferne auf Videofeeds zugreifen und Tools verwalten. So können sie ihre Einrichtungen von jedem beliebigen Standort aus überwachen, ohne selbst in die IT-Infrastruktur investieren zu müssen. Software-Updates, Wartung und Fehlerbehebung verwaltet in der Regel der VSaaS-Dienstleister, was die Arbeitsbelastung des firmeneigenen IT-Personals reduziert und sicherstellt, dass das System immer auf dem neuesten Stand ist. Mehrere Anbieter integrieren VSaaS mit anderen Sicherheitslösungen, einschließlich Zutrittskontrolle, Alarmsystemen oder Brandschutz. Dies trägt zur Schaffung eines einheitlichen Ökosystems bei, welches die Sicherheit insgesamt verbessert. KI zur Analyse der Videodaten in Echtzeit sind auch bei VSaaS-Anbietern mittlerweile Standard.

Kameras: Multisensorik und multispektral

Der Trend in der Kameratechnik beinhaltet zum einen höhere Auflösungen (4K/UHD) für immer bessere Bilder und zum anderen Lösungen, die mehrere Anwenderszenarien in einem Gehäuse vereinen. Realisiert wird dies durch Kombination verschiedener Objektive zu einem Gesamtsystem, das auch eine Infrarot- oder Thermal-Ansicht beinhalten kann und in der Lage ist, sowohl Panoramaansichten wie auch Details zu einem Bildausschnitt zu liefern. Modulare System erlauben es, bestimmte Funktionen je nach Wunsch in der Kamera selbst nachzurüsten. All dies wird mit intelligenter Videoanalyse auf dem Gerät selbst verbunden (Edge AI) für effiziente Datennutzung und -Auswertung. Die Entwicklung in der Sensorik wird es künftig ermöglichen, noch mehr Objektdetails mittels neuer Detektorelemente zu erfassen.

Die Kombination aus Video- und Radartechnologien bietet etwa für viele Einsatzgebiete neue Möglichkeiten, präzise Umgebungsdaten zu erhalten. Solche Kameras sind ideal für den Einsatz im Perimeterschutz geeignet, denn sie verfügen über eine integrierte Radarfunktion, mit der sie Objekte unabhängig von ihrem Sichtfeld erkennen können. Geschwindigkeit und Bewegungsmuster dieser Objekte können direkt in der Anzeige visualisiert werden, was einen umfassenden Überblick auch in großen Anwendungsszenarien ermöglicht. Die Radar-Funktion kann separat genutzt werden, beispielsweise zur eigenständigen Steuerung einer PTZ-Kamera. Zusätzlich ermöglicht das Radar die bedarfsgerechte Aktivierung von Flutlichtern, Infrarot- oder Fassadenbeleuchtung, wodurch sich Kosten und Energie einsparen lassen.

Vor allem die Videodatenmengen im Zusammenspiel mit KI -Anwendungen werden in Zukunft noch größeren Speicherbedarf generieren als bislang. Dabei geht es nicht um den physischen Speicher, sondern auch um die Verfügbarkeit in Netzwerken und der Cloud.
Vor allem die Videodatenmengen im Zusammenspiel mit KI -Anwendungen werden in Zukunft noch größeren Speicherbedarf generieren als bislang. Dabei geht es nicht um den physischen Speicher, sondern auch um die Verfügbarkeit in Netzwerken und der Cloud.

Speicher und Übertragungswege

Vor allem die Videodatenmengen im Zusammenspiel mit KI -Anwendungen werden in Zukunft noch größeren Speicherbedarf generieren als bislang. Dabei geht es nicht um den physischen Speicher, sondern auch um die Verfügbarkeit in Netzwerken und der Cloud und die zugrundeliegende Performanz, denn die Verarbeitung riesiger, unstrukturierten Datensätze erfordert extrem niedrige Latenzzeiten. Eine zu beobachtende Entwicklung ist das Ersetzen von HDD-Speichern zugunsten von Flash-Speichern, die deutlich schneller sind. Eine andere ist der Einsatz von NVMe over RDMA (Non-Volatile Memory Express over Remote Direct Memory Access). Hier wird der Massenspeicher nicht über die PCIe Schnittstelle, sondern über entsprechende Anschlussmöglichkeiten auf Netzwerke und verschiedene Netzwerkprotokolle ausgedehnt. Diese Technik bietet eine vergleichsweise hohe Performance bei niedrigen Latenzzeiten.

Da sich große Datenmengen immer seltener auf unternehmenseigenen Servern und immer mehr auf Cloud-Servern an verschiedenen Standorten befinden, kommt der Übertragungsgeschwindigkeit und der Verwaltung sowie Aufbewahrung von Daten, etwa zu Trainingszwecken, eine hohe Bedeutung zu. 5G und das Internet der Dinge (IoT) sind bereits großflächig im Einsatz, aber sie werden den Markt für Sicherheitskameras in der Zukunft noch stärker prägen. Höhere Übertragungsgeschwindigkeiten per Funk ermöglichen den mobilen Zugriff auf Videodaten und deren Verarbeitung von überall aus. IoT-Geräte und Anwendungen verschmelzen immer schneller mit klassischen Gewerken wie Videoüberwachungslösungen, die IT-Verantwortliche und Hersteller gleichermaßen vor zusätzliche Herausforderungen in Sachen Cybersicherheit stellen.

Im Einklang mit Regeln und Gesetzen

Die Zukunft der Videoüberwachung wird insgesamt stark von KI und fortschrittlichen Analysetools für alle Arten von objektbasierten Verhalten geprägt sein. Auch die bislang technisch eher fragwürdige Performanz der Gesichtserkennung wird sicherlich neuen Auftrieb erhalten, da bessere Kamerasystem mit optimierter KI-Anbindung in naher Zukunft exaktere Ergebnisse liefern werden. Bei all diesen Entwicklungen ist allerdings darauf zu achten, dass der Datenschutz Schritt hält und der Gesetzgeber ein waches Auge auf den Stand der Technik hat, da er sonst Gefahr läuft, neuen Technologien nur „hinterherzurennen“.

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