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Editorial 3. September 2013

Bedenklich

„Ein Whistleblower (...) ist eine Person, die für die Allgemeinheit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang an die Öffentlichkeit bringt“, schreibt Wikipedia.
Hagen Zumpe.
Hagen Zumpe.

Whistleblower sind unentbehrlich, wenn es um die Aufklärung von wirtschaftskriminellen Handlungen geht. Beispiele sind Korruption oder Steuerhinterziehung, bei denen typischerweise keine der beteiligten Seiten ein Interesse an einer Aufdeckung hat, weil beide von der Geheimhaltung profitieren. Hier können und müssen Insider Hinweise und Beweise liefern. Sie tun das üblicherweise über externe Ombudsleute. Denn mit dem Herausgeben von vertraulichen Informationen begeben sie sich in eine rechtlich unsichere Situation. Häufig müssen sie im Nachgang mit Schikanen seitens ihrer Arbeitgeber rechnen. Im US-amerikanischen Sarbanes-Oxley-Act, der diverse Regeln für börsennotierte Unternehmen vorgibt, ist deswegen ein Absatz enthalten, der Whistleblower genau davor schützen soll.

Wenn der Staat profitiert, ist ihm Geheimnisverrat offenbar gerade recht. Wenn der Staat selbst davon betroffen ist, findet er das dann aber nicht mehr so gut – und geht mit größter Härte dagegen vor. So oder so ähnlich muss man die Vorgänge um die beiden spektakulärsten Fälle des Whistleblowings in jüngerer Vergangenheit wohl deuten: die von Bradley Manning und Edward Snowden. Beide haben Missstände in die Öffentlichkeit gebracht, die man in aufgeklärten, zivilisierten Gesellschaften so nicht erwartet hätte, zumindest nicht in dieser Ausprägung und diesem Ausmaß. Wem die aufgedeckten Sachverhalte noch nicht bedenklich genug sind, dem sollte das Verständnis von Pressefreiheit der britischen Regierung ein echter Warnschuss sein.

Bleibt zu hoffen, dass die hiesige Regierung und ihre Geheimdienste darin nicht tiefer verwickelt sind, als bislang bekannt. Wären sie es doch, würden sie sich über die moralischen und gesetzlichen Grundsätze stellen, die der Staat aus gutem Grund seinen Bürgern und Unternehmen vorgibt. Es ist fraglich, ob sich eine demokratische Gesellschaft so etwas leisten darf.

Hagen Zumpe

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