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27. Juni 2023

Mit Infrarottechnik Brände verhindern

Wie die Emschergenossenschaft eine nachhaltige Klärschlammtrocknung dank Brandfrüherkennung realisiert.

Die intelligenten Pyrosmart-Systeme von Orglmeister Infrarot-Systeme sorgen für Sicherheit im Trocknungsprozess. Die Emschergenossenschaft ist mit der Lösung sehr zufrieden. Bisher ist noch kein Brand entstanden.
Die intelligenten Pyrosmart-Systeme von Orglmeister Infrarot-Systeme sorgen für Sicherheit im Trocknungsprozess. Die Emschergenossenschaft ist mit der Lösung sehr zufrieden. Bisher ist noch kein Brand entstanden.

Klärschlamm ist ein wichtiger Energieträger: Getrocknet können die Klärreste verbrannt werden, wodurch Energie gewonnen wird. Allerdings ist die Trocknung selbst sehr energieintensiv und getrockneter Klärschlamm sehr brandanfällig. Die Emschergenossenschaft aus Nordrhein-Westfalen hat in ihrem neuen Hybridkraftwerk deshalb Infrarot-Wärmebildkameras verbaut, die potenzielle Brandherde erkennen und Brände bereits vor dem Ausbruch verhindern.

Die Potenziale, die in der Nutzung von Klärschlamm liegen, sind immens: Mehrere Tausend Tonnen an Kohlenstoffdioxid spart das Hybridkraftwerk Emscher ein. Es ist das Leuchtturmprojekt der gleichnamigen Emschergenossenschaft, die als sondergesetzlicher Wasserwirtschaftsverband für die Abwasserentsorgung, den Hochwasserschutz und die Gewässerunterhaltung zuständig ist. Aktiv ist die Genossenschaft im Einzugsbereich der Emscher zwischen Dortmund und Duisburg, in dem mehr als zwei Millionen Menschen leben. Im Hybridkraftwerk wird Klärschlamm aus der Abwasseraufbereitung getrocknet und anschließend verfeuert – die entstehende Energie leistet einen Beitrag zur nachhaltigen Energiegewinnung.

Das Kraftwerk ist das größte seiner Art auf der Welt: In 32 Trocknungshallen wird der Klärschlamm vor Ort getrocknet. Dabei darf nichts schiefgehen. Wo getrocknete Brennstoffe zum Einsatz kommen, ist die Brandgefahr hoch. Denn heiße Auspuffrohre, Bremsen oder defekte Motoren von Radladern können in den Hallen gefährliche Brände auslösen, die dann aufgrund der hohen Brandlast nur schwer wieder unter Kontrolle gebracht werden können. Die Emschergenossenschaft hat sich aus diesem Grund dazu entschlossen, Brände bereits vor ihrem Ausbruch zu verhindern und mit den Pyrosmart-Brandfrüherkennungssystemen der Orglmeister Infrarot-Systeme GmbH aus Walluf bei Wiesbaden eine zuverlässige Lösung gefunden.

Trocknungshallen mit riesigem Ausmaß

40.000 Quadratmeter groß ist die Fläche an der B224 zwischen Bottrop und Essen, auf der die Emschergenossenschaft den Klärschlamm trocknet. Von außen muten die Hallen wie riesige Gewächshäuser an – und das Prinzip ist ähnlich: Die Trocknung erfolgt durch die Nutzung von Sonnen- und Abwärmeenergie. Außerdem kommen mobile Wendemaschinen – sogenannte „elektrische Schweine“ – zum Einsatz, die den Schlamm regelmäßig wenden und so zur Trocknung beitragen. Abluftbehandlungsanlagen verhindern eine Beeinträchtigung des Umfeldes. Das System revolutioniert die Klärschlammverwertung. Denn bisher war es aufgrund des niedrigeren Brennwertes notwendig gewesen, dem Schlamm bei der Verbrennung Kohle zuzusetzen. Insgesamt hat die Emschergenossenschaft in der Vergangenheit 20.000 Tonnen Kohle pro Jahr verbraucht. Die Beimischung der Kohle entfällt durch die starke solarthermische Trocknung nun, wodurch die CO2-Bilanz nicht nur der Anlage, sondern der gesamten Wasserwirtschaft rund um die Emscher, verbessert wird. „Wasserwirtschaft ist mehr als nur Abwassereinigung: Sie kann eine entscheidende Rolle beim Gelingen der Energiewende spielen“, erklärt Prof. Dr. Uli Paetzel, der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft. Auch die installierte Brandfrüherkennung mit dem Pyrosmart-System unterstützt den Verband bei der Nachhaltigkeit, indem Brände verhindert und Ressourcen somit geschont werden. Daneben wird außerdem die Sicherheit von Gebäudebestand und Mitarbeitenden gewährleistet.

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Wärmebild und Video kombiniert

Für Pyrosmart kombiniert Orglmeister eine Infrarotwärmebild- und eine Videokamera zur dauerhaften Überwachung des großen Areals. Durch diese sogenannte Infrarotthermografie wird die natürliche Infrarotstrahlung von Körpern genutzt. Abhängig von seiner Temperatur sendet ein Körper Infrarot-Wellen aus, die einen Rückschluss auf die Temperatur erlauben. Die Pyrosmart-Kamera erfasst die Wellen, anschließend generiert die hauseigene Software Abirovision ein Panoramathermografiebild, das mögliche Brandquellen in Echtzeit anzeigt. Das System nutzt die Raumgeometrie der Trocknungshallen und kann dem Anwender dadurch zielgenau mitteilen, wo sich eine gefährdete Stelle befindet. Damit die Zahl an verbauten Infrarot-Systemen möglichst gering gehalten werden kann, setzt Pyrosmart auf ein integriertes Schwenk-/Neigetechnik-System, mit dem bereits mit einem Gerät ein sehr großer Teil der Halle überwacht werden kann. Eine integrierte Druckluftspülung hält die Sensoren auch dann frei, wenn Schmutz oder Staub rund um die Kamera aufgewirbelt wird. „Wir haben hier ein erhöhtes Staubaufkommen, bei dem herkömmliche Rauchansaugsysteme an ihre Grenzen stoßen“, erklärt Dr. Lars Günther, Betriebsleiter der Klärschlammtrocknungsanlage bei der Emschergenossenschaft.

Der getrocknete Klärschlamm ist brandanfällig und muss deshalb mit Brandfrüherkennungssystemen geschützt werden. Zur Trocknung kommen sogenannte „elektrische Schweine“ zum Einsatz.
Der getrocknete Klärschlamm ist brandanfällig und muss deshalb mit Brandfrüherkennungssystemen geschützt werden. Zur Trocknung kommen sogenannte „elektrische Schweine“ zum Einsatz.

Zehn Systeme sorgen für Sicherheit

Die Emschergenossenschaft muss in ihrem Hybridkraftwerk mehrere unterschiedliche Bereiche überwachen. Neben der Trocknungshalle ist auch die mehr als 4.000 Quadratmeter große Anlieferhalle ein wichtiger Teil des Brandfrüherkennungssystems. Die dort fahrenden Radlader erzeugen während der Fahrt Hitze, im schlimmsten Fall sorgt ein Funke für die Brandentstehung im Klärschlamm. Neben überhitzten Bremsen und defekten Motoren kann auch eine fehlerhaft arbeitende Batterie Brände auslösen. Insgesamt hat die Emschergenossenschaft deshalb in der Trocknungshalle vier und in der Anlieferhalle sechs Pyrosmart-Systeme installiert. Das Brandfrüherkennungssystem ist in verschiedenen Ausführungen erhältlich. Während die Pyrosmart NS-Serie vor allem zur Überwachung von kleinen Flächen und schnellen Vorgängen wie Bandanlagen oder Schreddern eingesetzt wird, sorgen die VdS-zertifizierten Pyrosmart FS pro-Systeme für den Brandschutz sehr großer Flächen.

Die Pro-Serie ist speziell angepasst auf die individuellen Bedürfnisse der Abwasser- und Recyclingindustrie. Dort scannt Pyrosmart Hallen mit variierendem Füllgrad. Steigt oder sinkt also die Menge an Klärschlamm in der Trocknungshalle, ist das für den Autofokus der Infrarotkamera kein Problem, denn die Funktion sorgt für eine entfernungsabhängige genaue radiometrische Messung. Ergänzt wird das System durch eine zoomfähige Videokamera mit Nachtsichtfunktion. Die Schwenk-Neigegeräte sind mit einem 90-Grad-Halter an die Fachwerkkonstruktion über der Gangmitte des Areals angebracht.

Die Emschergenossenschaft hat mehrere Schwellenwerte für den Brandschutz definiert: Ab einer Temperatur von 80 Grad Celsius wird an den Anwender ein Voralarm übermittelt, bei 95 Grad Celsius wird schließlich ein Alarm an die Brandmeldezentrale ausgelöst. Das erlaubt es den Mitarbeitenden der Emschergenossenschaft, bereits frühzeitig auf die mögliche Entstehung eines Brandherdes zu reagieren. Um den Überblick zu gewährleisten, ist Pyrosmart an die hausinterne Leitstelle angeschlossen. Detektiert das System einen Brandherd, ist es von dort aus möglich, automatisiert per Sprühwasserlöschanlage den Brandherd zu löschen. Orglmeister bietet mit Pyrosmart zudem eine Schnittstelle zur intelligenten und automatischen Ansteuerung von Löschmonitoren und -turbinen, die entstehende Brände direkt im Keim ersticken. Beim Verband ist man mit der gefundenen Lösung sehr zufrieden. „Bislang konnte dadurch kein Brand entstehen und wir fühlen uns rundum sicher“, so Betriebsleiter Günther.

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Ein Beitrag zur nachhaltigen Klärschlammnutzung

Durch die Brandfrüherkennung und die damit einhergehende Absicherung des Trocknungsprozesses leistet Pyrosmart einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen und klimaschonenden Verwertung von Klärschlamm. Das Hybridkraftwerk Emscher ist nur ein Baustein der nachhaltigen Energieerzeugung und -versorgung der Region. Ergänzt wird das Kraftwerk durch eine Windenergieanalage, vier Blockheizkraftwerk-Module, eine Photovoltaikanlage und eine Dampfturbine. Damit möchte die Emschergenossenschaft künftig 70.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Der Stromverbrauch der Kläranlage Bottrop – der allein bereits so groß wie der Verbrauch einer 30.000-Einwohner-Stadt ist – wird komplett über nachhaltige Energieträger gedeckt. Die Emschergenossenschaft hat es durch die Installation intelligenter technischer Lösungen rund um die nachhaltige Energieerzeugung geschafft, zu einem Leuchtturm für ganz Deutschland zu werden.

Dr. Jörg Lantzsch, freier Fachautor, für die Orglmeister Infrarot-Systeme GmbH .

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