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Das Mehr gewinnt

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Gezielte Analyse

Die genannten Beispiele und die unterschiedlichen Ansätze zum Thema zeigen bereits sehr deutlich, dass es kein pauschales Urteil geben kann, was sich lohnt und was nicht. Die Fragen lauten vielmehr: Was lohnt sich für wen, und unter welchen Bedingungen lassen sich die prophezeiten Einsparungen realisieren? Die Beantwortung setzt projektbezogen eine genaue Analyse voraus, an der es aber häufig mangelt. Kester Brands von Tyco Security Products stellt klar: „Wir müssen bedenken, dass wir keine Systeme von der Stange haben und deshalb auch nicht pauschal sagen können: Lieber Kunde, das ist ein Besuchermanagementsystem, damit sparst du. Man muss auch hier individuell auf den jeweiligen Anwender eingehen, seine Prozesse analysieren und Probleme zu bedenken geben. Es ist nämlich nicht nur damit getan, dem Besucher ein Schildchen anzuheften, auch die Mitarbeiter müssen dann ihren Ausweis offen tragen. Ansonsten hat der Besucherausweis keine Funktion, denn wenn ein Besucher den Ausweis abnimmt, wäre er automatisch Mitarbeiter.“

Bei der Analyse der Potenziale heißt es also, gründlich vorzugehen, auch wenn der Aufwand enorm sein kann, wie Michael Wanka von HID Global anhand eines praktischen Beispiels beschreibt: „Ich finde in dem Zusammenhang das Thema der betriebswirtschaftlichen Analyse ziemlich spannend. Ich habe das selbst bei einem Projekt in einer großen Bank in Frankfurt gemacht und dafür auch alle Energiedaten der Vorgänge ermittelt. Der zweite Schritt war dann, dies auf die Profile von Mitarbeitern und von Fremdfirmen herunterzubrechen. Die Analyse in Bezug auf die Kosten hat dann gezeigt, dass es ganz gewaltige Einsparpotenziale gibt. Aber klar wurde auch: Es sind Eingriffe in andere Gewerke nötig.“

"Wir merken sicherlich, dass gewisse Zusatzfunktionen immer stärker im Trend liegen. Das sieht man etwa daran, dass man heute verstärkt Nachfragen nach integriertem Besuchermanagement bekommt. Die Anwender werden sich bewusst, dass man hier Sicherheit und Komfort zusammenbringen kann. Das ist ein fortschreitender Prozess, und diejenigen, die sich heute neue Anlagen planen lassen, sind bereits entsprechend sensibilisiert.“
Thomas Hanke, Area Time and Access Solutions Director, Dorma

„Wir müssen bedenken, dass wir keine Systeme von der Stange haben und deshalb auch nicht pauschal sagen können: Lieber Kunde, das ist ein Besuchermanagementsystem, damit sparst du. Man muss auch hier individuell auf den jeweiligen Anwender eingehen, seine Prozesse analysieren und Probleme zu bedenken geben.“
Kester Brands, Regional Sales Manager Western Europe, Tyco Security Products

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„Ein wichtiger Punkt sind auch die sich verändernden Unternehmens-strukturen – sei es durch Zukäufe und Umorganisation. Es gibt grundsätzlich immer Veränderungen bei der Zutrittskontrolle und angrenzenden Gewerken. Da treffen dann auch mal Zutrittskontrollsysteme verschiedener Hersteller aufeinander, und es wird eine Integration notwendig. Wenn diese dann möglichst leicht gelingt, spart es auch einiges an Zeit und Kosten.“
Michael Wanka, Regional Sales Manager DACH Region, HID Global

Knackpunkt Workflow

Robert Karolus von Interflex Datensysteme empfiehlt ebenso einen weitreichenden Blick bei der Planung solcher Systeme: „Für mich ist der Aspekt Workflow sehr interessant; wir merken das immer häufiger bei der Raumplanung. Räume sind gerade in größeren Unternehmen immer knapp. Wir können sie einfach in den Workflow einbinden, indem die Mitarbeiter an einzelnen Tagen und zu genau definierten Uhrzeiten einen bestimmten Raum buchen können. Im Nachhinein wird dann analysiert, wie viele Personen in dem Raum waren, und ob er eventuell zu groß oder zu klein war. Das ist die Basis für eine bessere Nutzung der Ressourcen.“

Hier sieht auch Sven Däberitz von Intrakey Technologies großes Potenzial: „Ein wichtiges Modul der Zutrittskontrolle ist die Planung und Vergabe von Räumen, um diese knappe Ressource möglichst effizient zu verwalten. Es geht aber schon einen Schritt weiter: Beispielsweise möchte man aus Gründen der Energieeinsparung, dass vorrangig zuerst die Räume genutzt werden, die bereits beheizt sind, ehe man weitere in die Heizung und Raumvergabe einbezieht.“ Auch in diesem Fall muss natürlich eine Analyse vorausgehen, die Daten für die entsprechenden Entscheidungen liefert.

Wilfried Joswig vom Verband für Sicherheitstechnik (VfS) skizziert ein anderes Musterbeispiel in Sachen Workflow: „Wenn ich mich in die Lage des Besuchers versetze, dann sieht es im Normalfall so aus: Sobald ich jemanden besuchen möchte, geht dem zunächst ein Telefongespräch oder ein Mailverkehr mit meinem Ansprechpartner voraus. Man vereinbart, wann man sich genau trifft. Damit weiß das Unternehmen, es kommt ein Besucher, und es weiß auch, zu wem er möchte. Idealerweise sollte dann bei Ankunft der Ausweis vorbereitet sein, der den Weg zum Ansprechpartner freischaltet. Man kann hier natürlich auch Lösungen zur Web-Anmeldung oder zum Selbstempfang nutzen. Aber die Voraussetzung wären Schnittstellen zwischen Outlook, Terminplaner, Zutrittskontrolle und Besuchsmanagement.“

Ein Schrank voller Hemmschuhe

Dennoch findet man solche Musterbeispiele in der Praxis noch zu selten konsequent umgesetzt. Dafür gibt es zahlreiche Gründe: Es müssen vorgelagerte Analysen stattfinden, und es müssen Schnittstellen vorhanden sein oder geschaffen werden. Thomas Hanke von Dorma sieht es aber auch als grundsätzlich menschlichen Vorgang: „Es scheitert nicht an fehlenden Funktionalitäten, die wären vorhanden, es scheitert vielmehr am Bewusstsein und auch an der Bereitschaft zu investieren. Es ist genauso wie beim Einbruchschutz: Viele Eigenheimbesitzer interessieren sich kaum für Einbruchschutz – aber eben nur solange noch nicht eingebrochen wurde. Gleiches gilt für die Zutrittskontrolle und etwaige Zusatzfunktionen.“

Für Kester Brands ist dies auch eine Frage der Unternehmensgröße: „Bei einer Firma mit 100 Mitarbeitern und 20 Türen müssen wir auch realistisch bleiben, sowohl was die Sinnhaftigkeit von Zusatzfunktionen angeht, als auch was die Ressourcen betrifft. Da wird sich kaum ein Mitarbeiter die zusätzliche Last der Marktanalyse solcher Systeme und ihrer Vorteile freiwillig aufbürden. Hier sind wir gefordert und müssten aktiv werden und am besten Informationsarbeit direkt beim Entscheider auf ihn zugeschnitten leisten.“

Es wird deutlich, dass neben der rein finanziellen Investition in Zusatzfunktionen auch andere Hindernisse auftreten können. Es steht also noch das eine oder andere Paar Hemmschuhe im Schrank der Anwender. Eines kann der Betriebsrat sein, denn nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch wünschenswert oder gegenüber den Mitarbeitern zu vertreten. Ein Beispiel betrifft das Erstellen von Bewegungsprofilen von einzelnen Mitarbeitern. Für Wilfried Joswig ist das ein zweischneidiges Schwert: „Natürlich ließen sich Bewegungsabläufe in Gebäuden auf diese Weise optimieren, aber man muss aufpassen, dass man hier nicht zu stark in die Rechte der Mitarbeiter eingreift und am besten auch den Betriebsrat einbeziehen.“ Kester Brands stimmt zu: „Die Systeme könnten hier sicherlich einiges an Potenzial ausschöpfen, allerdings ist das Thema oft sehr schnell erledigt, wenn man den Betriebsrat nicht von Anfang an mit einbezieht.“

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